Krypto Betrug, Anlagebetrug & Love Scam – Dogmatik Verhaltensmuster, Haftung Bank und Wege zum Geld zurück (Teil 2 der Muster-Serie)
Verfasst von
Max Hortmann
24 Nov 2025
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Max Hortmann – Rechtsanwalt, Vertragsautor bei jurisPR-ITR / AZO, bekannt aus BR24 und WirtschaftsWoche – erklärt in diesem Artikel, warum Verhaltensmuster der zweite dogmatische Schlüssel im Krypto Betrug sind. Viele Opfer handeln nicht freiwillig, sondern unter Täuschung, psychologischem Druck oder technischer Fernsteuerung. Dieser Artikel zeigt, warum Verhaltensmuster rechtlich entscheidend sind, wie Banken sie erkennen müssen und warum sie für Haftungsansprüche und „Geld zurück“ unverzichtbar sind.
Auch im Krypto Betrug, Anlagebetrug und Love Scam haftet eine Bank nur in eng begrenzten Ausnahmefällen. Eine Haftung kommt erst dann in Betracht, wenn ein gesetzlich relevanter Risikoparameter vorliegt. Der zweite dieser Parameter sind die Verhaltensmuster: Situationen, in denen das Verhalten eines Kunden erkennbar nicht mehr autonom ist, sondern von Tätern psychologisch oder technisch gesteuert wird. Dieser Aufsatz ist Teil 2 der Muster-Serie und erläutert die dogmatische Grundlage, warum Banken verpflichtet sind, auffälliges, untypisches oder manipulationsverdächtiges Kundenverhalten zu erkennen und darauf zu reagieren. Erst wenn dieses Muster erkennbar war und unbeachtet blieb, kann eine Haftung der Bank überhaupt entstehen.
Dogmatische Einordnung des Parameters: Verhaltensmuster
Verhaltensmuster sind die zweite dogmatische Prüfungsstufe, wenn es darum geht, ob eine Bank bei Krypto Betrug, Anlagebetrug oder Love Scam haften kann. Im Gegensatz zu den objektiven Transaktionsmustern handelt es sich hierbei nicht um Auffälligkeiten im Zahlungsfluss, sondern um Auffälligkeiten im Verhalten des Kunden, die erkennen lassen, dass die Entscheidung zur Überweisung möglicherweise nicht autonom, nicht freiwillig oder nicht unbeeinflussterfolgte.
Dogmatisch sind Verhaltensmuster ein Ausfluss der Schutz- und Rücksichtnahmepflichten der Bank. Das bedeutet: Eine Bank muss erkennen, wenn ein Kunde sich in einer psychologischen Drucksituation, emotionalen Manipulation, Täuschungslage oder technischen Fremdsteuerung befindet. Sobald erkennbar ist, dass der Kunde nicht mehr frei handelt – etwa weil er unter Zeitdruck steht, verwirrte oder unlogische Erklärungen abgibt, sichtbar überfordert ist oder erkennbar Anweisungen Dritter befolgt – entsteht eine Nachfrage- und Warnpflicht der Bank.
Der Kern der Dogmatik lautet: Verhaltensmuster begründen eine Hinweispflicht, unabhängig davon, ob die Transaktion formal korrekt ausgelöst wurde. Juristisch zählt nicht, dass der Kunde technisch eine TAN eingegeben hat, sondern ob sein Verhalten erkennen ließ, dass er die Tragweite der Handlung nicht mehr überblickte. Wird ein solches Muster erkennbar, muss die Bank reagieren – und unterlässt sie dies, entsteht eine mögliche Haftung.
Grafische Darstellung eines Smartphones oder Laptops, dessen Mausbewegungen/Touchpunkte sichtbar von einer zweiten, schattenhaften Hand gesteuert werden.
Warum Verhaltensmuster bei Krypto Betrug, Anlagebetrug & Love Scam zentral sind
Verhaltensmuster spielen bei digitalen Betrugsfällen eine zentrale Rolle, weil Täter nicht nur Zahlungsströme steuern, sondern vor allem Menschen manipulieren. Opfer werden emotional, psychologisch oder technisch unter Druck gesetzt – und dieses manipulierte Verhalten unterscheidet sich klar vom üblichen Interaktionsmuster eines selbstbestimmten Bankkunden.
In Love-Scam-Fällen treten diese Muster am deutlichsten auf: hektische Zahlungen, irrationale Erklärungen, Geheimhaltungsdruck, fremdformulierte Nachrichten oder sichtbare Überforderung. Aber auch bei Anlagebetrug oder Krypto Betrug zeigen Opfer typischerweise Zeichen der Fremdsteuerung, etwa wenn Täter per Fernzugriff oder gefälschtem Support direkten Einfluss auf Entscheidungen nehmen.
Der entscheidende Punkt: Anders als Opfer kann die Bank diese Verhaltenssignale objektiv erkennen. Wenn ein Kunde erkennbar nicht autonom handelt, muss die Bank das erkennen und reagieren. Dieses Muster ist daher die zweite notwendige Hürde für eine mögliche Haftung.
Welche Pflichten der Bank sich aus Verhaltensmustern ergeben
Verhaltensmuster begründen eine Hinweis- und Schutzpflicht der Bank. Sobald erkennbar ist, dass ein Kunde unter offenkundiger Manipulation, emotionalem Druck oder technischer Einflussnahme handelt, muss die Bank nachfragen, aufklären oder gegebenenfalls die Transaktion unterbrechen.
Diese Pflicht ergibt sich aus der bankrechtlichen Nebenpflicht, die Interessen des Kunden zu wahren, wenn dessen Verhalten deutlich von der üblichen Entscheidungsfreiheit abweicht. Dazu zählt die Pflicht, bei erkennbarer Überforderung, widersprüchlichen Erklärungen oder atypischem Kommunikationsverhalten nicht einfach mechanisch auszuführen.
Banken dürfen nicht stillschweigend Zahlungen ausführen, wenn es deutliche Anzeichen dafür gibt, dass der Kunde nicht autonom handelt. Das Schweigen oder Abwarten trotz solcher Anzeichen kann eine Verletzung der Schutzpflicht darstellen und die Möglichkeit einer Haftung eröffnen.
Symbolisches Bild: Herz/Chatblase, im Hintergrund betrügerischer Profil-Schatten, der emotionale Überredung nutzt. Zeigt psychologische Muster im Love Scam.
Was Mandanten häufig fragen (Verhaltensmuster)
„Ich war nervös – zählt das schon?“ Ja, wenn es erkennbar war. „Täter hat mir gesagt, was ich schreiben soll – ist das relevant?“ Ja, das ist Fremdsteuerung. „Was ist, wenn die Bank gar nicht gefragt hat?“ Das begründet eine Hinweispflichtverletzung. „Kann ich trotzdem Geld zurückbekommen?“ Ja, wenn die Bank das Verhalten hätte erkennen müssen.
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Wann die Bank haftet, wenn Verhaltensmuster verletzt wurden
Eine Bank kann haften, wenn sie erkennbar manipulationsverdächtiges oder untypisches Kundenverhalten ignoriert hat und dadurch eine Zahlung ermöglicht wurde, die der Kunde in autonomer Lage nicht vorgenommen hätte. Maßgeblich ist, dass das Verhalten erkennbar auf eine täuschungsbedingte oder psychologisch gesteuerte Ausnahmesituation hindeutete.
Haftung setzt daher voraus:
ein sichtbares Abweichen vom normalen Kundenverhalten,
eine erkennbare Fremdsteuerung oder Überforderung,
eine unterlassene Schutz- oder Hinweispflicht,
und eine schädigende Zahlung, die unmittelbar darauf beruht.
Ignoriert die Bank ein derartiges Verhaltenssignal und führt dennoch aus, kann sie für den resultierenden Schaden einstehen müssen.
Verhaltensmuster als zweite Haftungsschwelle
Verhaltensmuster zeigen, ob ein Kunde erkennbar unter Druck, Täuschung oder Fremdsteuerung gehandelt hat. Banken dürfen nicht mechanisch ausführen, wenn das Verhalten sichtbar untypisch ist. Wird diese Stufe verletzt, kann die Bank haften – nicht wegen des Betrugs selbst, sondern wegen der unterlassenen Schutz- und Hinweispflichten. Wer Verhaltensmuster dokumentiert, hat einen entscheidenden Vorteil in der Anspruchsführung.
🔗 Weiterführende Analysen zum Love Scam (Teil 2 – Verhaltensmuster)
Diese Artikel zeigen, wie Täter Vertrauen aufbauen, psychologisch steuern und Opfer in digitale Zahlungsfallen drängen — und wie Banken, Plattformen und Zahlungsdienste ihre Pflichten verletzen.
Viele Opfer handeln unter Druck, Täuschung oder technischer Manipulation. Die FAQs erklären, warum Verhaltensmuster bankrechtlich relevant sind und wie sie Ihre Rechte bei Krypto Betrug, Anlagebetrug oder Love Scam stärken.
FAQ – Verhaltensmuster bei Love Scam, Krypto Betrug & Anlagebetrug
1. Was sind Verhaltensmuster im Betrugsfall?
Es geht um die Art und Weise, wie Sie gehandelt haben: hektisch, unter Zeitdruck, unter Täteranweisungen oder ohne freie Willensbildung.
2. Warum müssen Banken Verhaltensmuster erkennen?
Wenn klar erkennbar ist, dass ein Kunde manipuliert, verunsichert oder fremdgesteuert ist, darf die Bank Überweisungen nicht bedenkenlos ausführen.
3. Welche Verhaltensmuster sind typisch beim Love Scam?
– panische Zahlungseinleitung – Täter diktieren Nachrichten – „Ich darf niemandem davon erzählen“ – Überweisungen unter emotionalem Druck
4. Spielen technische Manipulationen (2FA, Fernzugriff) ebenfalls eine Rolle?
Ja. Wenn Täter die App oder Ihr Gerät steuern, liegt keine Willenserklärung vor. Banken dürfen solche Zahlungen nicht automatisch ausführen.
5. Können Verhaltensmuster helfen, meine Unschuld zu beweisen?
Ja. Sie zeigen, dass Sie nicht autonom gehandelt haben – entscheidend bei Geldwäscheverdacht oder Rückforderungen.
6. Führt das Übersehen solcher Muster zur Haftung der Bank?
In vielen Fällen ja. Man nennt das „Verhaltenswarnpflicht“.
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1. Alles dokumentieren: Täteranweisungen, Chats, Screenshots. 2. Keine weiteren Zahlungen unter Druck. 3. Gerät prüfen lassen (2FA, Fernzugriff). 4. Polizei nicht ohne strukturierte Anzeige aufsuchen. 5. Juristische Bewertung einholen, bevor Rückforderungen kommen.
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