Trade Markets Anlagebetrug – Anwalt erklärt Bankhaftung und Überweisungs-Rückruf

Verfasst von
Max Hortmann
12 Nov 2025
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Trade Markets Anlagebetrug – Anwalt erklärt Bankhaftung und Überweisungs-Rückruf

Einleitung – Wenn die eigene Bank zur letzten Hoffnung wird

Viele Opfer des Trade Markets Anlagebetrugs stellen sich dieselbe Frage:
Kann meine Bank helfen, das Geld zurückzuholen?
Denn fast alle Transaktionen im Zusammenhang mit betrügerischen Plattformen laufen über europäische Konten oder Kreditkartenanbieter.

Dieser Beitrag erklärt, welche rechtlichen Möglichkeiten nach einem Anlagebetrug bestehen, wann Banken haften und wie Überweisungsrückrufe, Chargebacks und interne Verdachtsmeldungen funktionieren.
Ziel ist, geschädigten Anlegern einen praxisnahen Leitfaden zu geben – rechtlich fundiert, aber verständlich.

Bankhaftung im Anlagebetrug – die rechtliche Grundlage

§ 675u BGB: autorisierte und nicht autorisierte Zahlungen

Der zentrale Paragraf im Zahlungsverkehr lautet § 675u BGB.
Er besagt:
Wenn ein Zahlungsauftrag vom Kunden autorisiert wurde – also bewusst ausgelöst – trägt der Kunde grundsätzlich das Risiko.
Nur bei nicht autorisierten Zahlungen (z. B. gestohlenen Zugangsdaten oder Phishing) muss die Bank unverzüglich erstatten.

Bei Trade Markets-Fällen haben Anleger die Überweisung meist selbst bestätigt.
Trotzdem prüfen Gerichte, ob Ausnahmefälle vorliegen:

  • Wurde der Kunde arglistig getäuscht, sodass keine echte Willenserklärung vorlag?
  • Gab es Pflichtverletzungen der Bank, weil Warnsignale ignoriert wurden?

Je nach Sachverhalt kann daraus eine Mitverantwortung oder sogar volle Haftung der Bank entstehen.

§ 25h KWG und § 4 GwG: interne Sicherungs- und Meldepflichten

Banken sind nach § 25h KWG verpflichtet, interne Sicherungssysteme gegen Geldwäsche und Betrug vorzuhalten.
Dazu gehört ein Risikomanagement, das auffällige Transaktionen erkennt.
Das Geldwäschegesetz (§ 4 GwG) verpflichtet sie,

  • Kunden zu identifizieren (KYC-Prüfung),
  • verdächtige Zahlungen zu melden (Suspicious Activity Reports, SAR)
  • und ungewöhnliche Kontobewegungen zu überprüfen.

Wenn ein Konto erkennbar zum Einsammeln von Betrugsgeldern genutzt wird – wie häufig bei Trade Markets –, hätte die Empfängerbank einschreiten müssen.
Unterlässt sie das, kann eine zivilrechtliche Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 25h KWG oder § 4 GwGbestehen.

Prüfpflichten der Banken – wann aus Routine Verantwortung wird

1. Die Empfängerbank

Die Bank, auf deren Konto die Gelder eingehen, ist verpflichtet zu prüfen, ob das Konto rechtmäßig genutzt wird.
Typische Warnsignale:

  • Viele Kleinüberweisungen von Privatkunden innerhalb kurzer Zeit.
  • Überweisungen mit Verwendungszwecken wie „Investition“, „Trading“, „Capital Gain“.
  • Neugründungen mit Sitz in Zypern, Estland oder Litauen, die keine Geschäftstätigkeit nachweisen.

Erkennt eine Bank solche Muster und reagiert nicht, handelt sie fahrlässig.
Das kann zu Schadensersatz führen.
Der BGH hat mehrfach bestätigt, dass Banken nicht blind auf Kundenerklärungen vertrauen dürfen, wenn objektive Anzeichen für strafbare Geschäfte vorliegen.

Beispiel:
Ein Konto wird von einer Firma eröffnet, die angeblich Finanzdienstleistungen anbietet, aber keine BaFin-Lizenz nachweist.
Fließen binnen Tagen hohe Beträge von deutschen Anlegern ein, muss die Bank nachfragen oder melden.
Tut sie nichts, verletzt sie das Gebot ordnungsgemäßer Geschäftsorganisation (§ 25a KWG).

2. Die Hausbank des Anlegers

Auch die Bank des geschädigten Kunden trägt Pflichten:
Wenn ein Kunde plötzlich hohe Summen ins Ausland überweist – insbesondere an unbekannte Broker –, muss die Bank prüfen, ob Geldwäscheverdacht oder ungewöhnliches Verhalten vorliegt.

Nach der Rechtsprechung kann eine Warnpflicht entstehen, wenn:

  • der Betrag erheblich ist,
  • der Empfänger in einem Hochrisikoland sitzt,
  • und der Kunde sonst nie internationale Überweisungen tätigt.

Unterlässt die Bank Rückfragen oder ignoriert Rückrufwünsche nach erkannten Betrugsfällen, kann dies eine Verletzung der Schutzpflicht aus § 241 Abs. 2 BGB darstellen.

Beispiel:
Ein Anleger erkennt wenige Stunden nach Ausführung den Betrug und bittet die Bank, die Zahlung zu stoppen.
Weigert sich die Bank ohne erkennbaren Grund, liegt Treuwidrigkeit nach § 242 BGB vor.

Überweisungs-Rückruf – eine Frage der Zeit

Wann Rückrufe möglich sind

Ein Rückruf ist nur dann erfolgreich, wenn die Zahlung noch nicht endgültig gebucht ist.
Bei SEPA-Überweisungen erfolgt die Gutschrift meist innerhalb eines Werktages, teilweise in Sekunden (Instant Payments).
Sobald der Betrag auf dem Empfängerkonto verbucht ist, darf die Bank ihn nur mit Zustimmung des Empfängers zurückholen.

Dennoch gilt:
Je früher der Kunde reagiert, desto größer die Erfolgschancen.
Viele Banken können innerhalb weniger Stunden eine SWIFT-Recall-Nachricht oder SEPA Recall Request senden.

Was Betroffene tun sollten

  1. Sofort Kontakt aufnehmen – telefonisch UND schriftlich.
  2. „Dringender Betrugsverdacht“ erwähnen, damit die Transaktion priorisiert wird.
  3. Referenznummer der Überweisung angeben.
  4. Rückrufprotokoll anfordern, um später die Reaktionszeit der Bank zu dokumentieren.

Kommt der Rückruf zu spät, sollte ein Anwalt prüfen, ob organisatorisches Verschulden der Bank vorliegt (z. B. unbesetzte Hotline, verspätete Weiterleitung).

Chargeback – Chancen bei Kreditkarten und Zahlungsdiensten

Kreditkarte

Zahlungen über Visa oder Mastercard können unter bestimmten Voraussetzungen rückgebucht werden.
Begründung: Nicht autorisierte oder betrügerische Transaktion.
Die Frist beträgt je nach Anbieter 60–120 Tage.
Wichtig ist eine gute Begründung:

  • Es gab keine echte Gegenleistung.
  • Die Plattform war betrügerisch.
  • Der Anbieter ist nicht erreichbar.

Ein Anwalt für Zahlungsrecht kann den Antrag rechtlich untermauern.
Je sauberer die Argumentation, desto höher die Erfolgschance.

E-Payment-Dienstleister (z. B. Skrill, Revolut, Wise)

Viele Betrugsplattformen nutzen FinTech-Konten, um Gelder zu verschieben.
Auch hier kann man Rückforderungen stellen, wenn klar ist, dass der Empfänger betrügerisch agierte.
Nach Art. 88 PSD2 (Payment Services Directive) haften Zahlungsinstitute bei mangelnder Transaktionsüberwachung.

Wann Banken tatsächlich haften

Die Bankhaftung hängt von drei Kriterien ab:

  1. Kenntnis oder grobe Fahrlässigkeit: War der Betrug aufgrund der Transaktionsmuster erkennbar?
  2. Organisationsverschulden: Hat die Bank interne Sicherheitsmechanismen missachtet?
  3. Reaktionspflicht: Wurde nach einem Kundenhinweis unverzüglich gehandelt?

Gerichte verneinen zwar eine allgemeine Aufklärungspflicht, aber bei massiven Verdachtsmomenten müssen Banken einschreiten.
Urteile zeigen, dass Institute bei Untätigkeit selbst in die Haftung genommen werden können, wenn sie nachweislich Wegsehen organisiert haben.

Praxisbeispiele aus der Rechtsprechung

BGH XI ZR 131/07

Der Bundesgerichtshof stellte klar: Eine Bank muss den Kunden warnen, wenn sie über besondere Kenntnisse verfügt, die auf eine Gefährdung seines Vermögens schließen lassen.

OLG Karlsruhe 15 W 43/06

Haftung einer Bank bei Wissensvorsprung – insbesondere bei Beteiligung an riskanten Modellen.

OLG München 8 U 5467/19

Pflichtverletzung eines Zahlungsdienstleisters, der trotz erkennbarer Auffälligkeiten keine internen Prüfungen veranlasst hat.

Diese Urteile belegen: Banken sind keine neutralen Durchleiter, sondern Teil eines Sicherungssystems.
Versagen sie, kann das eine zivilrechtliche Haftung begründen.

Interne Verdachtsmeldungen und FIU-Kooperation

Banken müssen bei Betrugsverdacht eine Verdachtsmeldung an die Financial Intelligence Unit (FIU) abgeben.
Unterbleibt das, drohen nicht nur Bußgelder, sondern auch Schadensersatzforderungen.

Im Kontext Trade Markets sollten Anwälte prüfen, ob die Empfängerbank bereits mehrfach in solchen Fällen auffiel.
Wenn ja, kann eine Serienhaftung argumentiert werden – insbesondere, wenn die Bank systematisch Zahlungen von betrügerischen Brokern abwickelte.

Praktische Handlungsempfehlungen

  1. Sofortige Reaktion:
    Nach Erkenntnis des Betrugs unverzüglich die Bank telefonisch informieren und schriftlich bestätigen.
  2. Nachweis sichern:
    Gesprächsnotizen und Rückrufbestätigungen aufbewahren.
  3. Anwalt einschalten:
    Für Fristenwahrung und Anspruchssicherung.
  4. Bankaufsicht informieren:
    BaFin über mögliche Pflichtverletzungen der Bank in Kenntnis setzen (§ 25h KWG).
  5. Parallele Strafanzeige:
    Anzeige bei Polizei oder Staatsanwaltschaft (§ 263 StGB).
  6. Steuerliche Beratung:
    Prüfen, ob der Verlust steuerlich zu melden ist (§ 20 EStG).

Juristische Bewertung – Grenzen und Chancen der Bankhaftung

Die Durchsetzung von Ansprüchen gegen Banken ist anspruchsvoll, aber nicht aussichtslos.
Gerichte verlangen klare Beweise für Pflichtverletzungen, doch die Entwicklung geht in Richtung erweiterter Prüfpflichten bei Online-Betrug.
Zudem steigt der Druck auf Banken, Geldwäscheprävention ernsthaft umzusetzen.
Wer konsequent dokumentiert und anwaltlich begleitet wird, hat reale Chancen, Rückzahlungen zu erreichen oder zumindest eine Kulanzleistung zu erhalten.

Fazit – Banken sind Teil des Schutzsystems, nicht Zuschauer

Der Trade Markets Anlagebetrug zeigt, dass Banken eine Schlüsselrolle bei der Geldrückführung spielen.
Auch wenn der Kunde die Überweisung selbst ausgelöst hat, dürfen Banken nicht wegsehen, wenn sich Verdachtsmomente häufen.
Opfer sollten sich nicht mit pauschalen Ablehnungen zufriedengeben, sondern prüfen lassen, ob Verstöße gegen § 25h KWG oder § 675u BGB vorliegen.

Unsere Kanzlei setzt genau dort an: Wir fordern von Banken Stellungnahmen, leiten Rückrufe ein und prüfen Haftungsgrundlagen.
📞 Kostenlose Erstberatung unter 0160 9955 5525
💼 Rechtsanwalt Max Nikolas Mischa Hortmann – Spezialist für Bankhaftung, Anlagebetrug & Kapitalmarktrecht

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