MiCA 2025: Anwalt für Krypto-Token und die rechtliche Architektur moderner Modelle

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24 Nov 2025
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MiCA 2025 erklärt die rechtliche Architektur moderner Tokenmodelle – von Tokenklassen über Whitepaper-Pflichten bis zu Haftungsrisiken für Emittenten.

Von Rechtsanwalt Max Nikolas Mischa Hortmann, Vertragsautor jurisPR-ITR & jurisAZO, bekannt aus WirtschaftsWoche+ und BR24.

MiCA 2025 schafft den ersten vollharmonisierten EU-Rechtsrahmen für Tokenmodelle. Der Beitrag zeigt die juristische Systematik von Tokenklassen, Emittentenpflichten, Whitepaper-Vorgaben und Marktverhaltensregeln. Auf Basis führender Fachliteratur wird erläutert, warum MiCA nicht nur Innovation steuert, sondern auch Fehlkonstruktionen und Haftungsfallen adressiert. Der Aufsatz zeigt zudem, warum unklare Tokenmodelle ähnliche Risiken bergen wie typische Krypto-Betrugsschemata.

Einleitung: Regulatorische Herausforderungen des Tokenmarkts

Die Regulierung digitaler Vermögenswerte verändert sich 2025 grundlegend. Mit der MiCA-Verordnung liegt erstmals ein europaweit kohärenter Rechtsrahmen vor, der Tokenmodelle, Emittenten und Dienstleister auf eine gemeinsame Grundlage stellt. Die bisherigen Parallelwelten aus Finanzmarkt-, Zahlungsdienste- und Geldwäscherecht werden in einem einheitlichen System zusammengeführt. Fachautoren wie Lorenz, Brauneck und Möslein betonen in ihren Auswertungen, dass MiCA damit eine Lücke schließt, die bislang für Emittenten, Anleger und Aufsichtsbehörden gleichermaßen problematisch war.

Eine kurze Anekdote aus der Beratungspraxis verdeutlicht den Regulierungsbedarf:
Ein Gründer wollte einen „Utility-Token“ emittieren, der angeblich reinen Nutzungscharakter hatte. Tatsächlich versprach er in seinen Unterlagen steigende Renditen, handelte den Token auf Drittbörsen und nutzte Wallet-Strukturen, die für die Käufer vollständig intransparent waren. Das Muster ähnelte gefährlich mehreren Konstellationen aus dem Krypto-Betrugsbereich – nicht, weil der Gründer betrügen wollte, sondern weil er die regulatorischen Kategorien falsch verstand. Genau diese Grauzonen adressiert MiCA: klare Definitionen, klare Pflichten, klare Grenzen.

Damit schafft MiCA nicht nur Anlegerschutz und Funktionsschutz, sondern auch Rechtssicherheit für seriöse Projekte. Und sie zwingt alle Marktteilnehmer, Tokenmodelle erstmals strukturiert, prüfbar und nachvollziehbar aufzubauen.

MiCA, Tokenangaben, Krypto & Betrug

MiCA 2025 – Anwalt erklärt transparente Tokenangaben im Krypto-Bereich und warum Klarheit das Risiko von Betrug reduziert
Wie präzise Informationen, klare Strukturen und nachvollziehbare Tokenmodelle Vertrauen schaffen und Fehlentscheidungen verhindern.
www.hortmannlaw.com/articles/mica-2025-tokenangaben-krypto-betrug-anwalt

Rechtsgrundlagen: MiCA, FinmadiG, KMAG, MiFID II, MAR

Die rechtlichen Grundlagen moderner Tokenmodelle ergeben sich 2025 aus einer Kombination europäischer und nationaler Normen. Die MiCA-Verordnung definiert den unionsweiten Rahmen für Kryptowerte, Tokenklassen, Whitepaper-Pflichten, Erlaubnistatbestände und Marktverhaltenspflichten. Nach der systematischen Darstellung bei Lorenz wird MiCA als umfassende Marktordnung verstanden, die erstmals Emission und Dienstleistung einheitlich erfasst.

Brauneck hebt hervor, dass MiCA insbesondere die Rolle des Emittenten klärt: wertreferenzierte Token benötigen eine Zulassung, andere Token eine Erlaubnis und Notifizierung. Die Verordnung lässt bewusst offen, wie mit dezentralen Modellen umzugehen ist – ein Punkt, der in der Literatur kritisch diskutiert wird.

Das FinmadiG überführt nationale Strukturen in den neuen EU-Rahmen und harmonisiert die deutschen Definitionen von Kryptowerten mit MiCA, wie Kaetzler in der Kommentierung zum GwG erläutert.

Im Verhältnis zu traditionellen Regimen grenzt Linardatos die Anwendungsbereiche von MiCA und MiFID II voneinander ab: Finanzinstrumente bleiben dem Kapitalmarktrecht vorbehalten; Token ohne Marktstruktur und ohne wertpapierähnliche Funktion fallen in MiCA.

Auch das Marktverhaltensrecht der MAR spielt eine Rolle: Möslein betont, dass MiCA die Marktmissbrauchsregeln für Kryptowerte parallelisiert, aber keine Safe-Harbour-Ausnahmen kennt.

Damit entsteht ein kohärentes Zusammenspiel aus EU-Finanzmarkt-, Geldwäsche-, Aufsichts- und Marktverhaltensrecht.

Technik & Ökonomie: Tokenkategorien, On-/Off-Chain-Modelle

Die technische und ökonomische Struktur eines Tokenmodells entscheidet darüber, ob MiCA überhaupt zutrifft, welche Pflichten gelten und ob ein Projekt regulatorisch tragfähig ist. Die Analyse beginnt bei der grundlegenden Token-Systematik. Aus der steuer- und aufsichtsrechtlichen Darstellung bei Lohaus ergibt sich, dass digitale Einheiten als Zahlungs-Token, Utility-Token oder Security-Token klassifiziert werden müssen; hybride Modelle sind häufig und erfordern besondere Sorgfalt. Die MiCA-Verordnung übernimmt diese Differenzierung, ordnet sie jedoch in ein unionsweites Pflichtenregime ein.

Auch die geldwäscherechtliche Kommentierung von Kaetzler zeigt, dass Token definitionsabhängig in unterschiedliche Regelungsräume fallen: Ein Kryptowert kann Zahlungs- oder Nutzungsfunktion haben, aber zugleich als Wertträger dienen und damit in die geldwäscherechtliche oder bankaufsichtsrechtliche Ebene hineinreichen. Dieser funktionale Ansatz bestimmt, welche Dienstleister als Verpflichtete agieren müssen.

Ökonomisch relevant ist zudem, ob ein Token on-chain oder off-chain gesteuert wird. On-Chain-Modelle (z. B. Smart Contracts) erzeugen nachvollziehbare, automatisierte Ausführungen, eröffnen aber – wie aus den Funktionsschutzanalysen bei Möslein hervorgeht – besondere Risiken im Bereich Marktmissbrauch und Verhaltenspflichten, weil es etablierte Safe-Harbour-Ausnahmen im Kryptobereich nicht gibt.

Off-Chain-Modelle hingegen sind stärker intermediär geprägt. Sie erfordern Governance, Kontrolle und eine klare Rollenabgrenzung des Emittenten. Die Diskussion bei Brauneck über den „zentralen Emittenten“ zeigt, dass genau hier das Konfliktfeld zwischen Dezentralität und rechtlicher Verantwortlichkeit entsteht.

Schließlich bleibt die Frage, wie der Token im Markt funktioniert: Linardatos betont, dass Werte, die keine Marktstruktur besitzen oder keinen informationsbasierten Schwankungen unterliegen, regelmäßig nicht als Finanzinstrumente gelten. Für MiCA-Projekte heißt das: Die Wertbildung muss technisch und ökonomisch stimmig modelliert und dokumentiert werden, sonst entsteht eine Grauzone, die schnell in die Nähe unzulässiger Finanzprodukte oder – wie im praktischen Umfeld des Krypto-Betrugs – in intransparente Wertversprechen rutscht.

Risiken: Kategorisierung, Whitepaper, CASP, Marktmissbrauch, Haftung

Das zentrale Risiko moderner Tokenmodelle liegt in der falschen oder lückenhaften Kategorisierung. Schon die Einordnung, ob ein Wertpapier-, E-Geld- oder „sonstiger“ Kryptowert vorliegt, entscheidet darüber, ob MiCA oder MiFID II Anwendung findet. Linardatos, WM 2024, 1633–1640, zeigt, dass zahlreiche Fehlbewertungen bereits an der Schnittstelle zwischen Finanzinstrument und „Kryptowert anderer Art“ entstehen und Projekte dadurch in das falsche Regulierungsregime geraten.

Für die MiCA-spezifische Kategorisierung zeigt Lorenz, ZIP 2024, 58–67, dass jede der drei Tokenklassen eigene Pflichten auslöst: wertreferenzierte Token unterliegen Zulassungspflichten, E-Geld-Token sind streng reguliert und „sonstige Kryptowerte“ erfordern ein Whitepaper und klare Offenlegung. Wer hier aus Unkenntnis oder Marketinginteresse eine Kategorie wählt, die faktisch nicht zum Modell passt, riskiert Untersagungen, Bußgelder und individuelle Haftung.

Die Whitepaper-Risiken sind besonders relevant. Möslein, WM 2024, 1729–1739, ordnet die MiCA-Publizität zwischen Prospektrecht und Marktmissbrauchsrecht ein. MiCA verlangt kein vorgelagertes Billigungsverfahren, allerdings eine vollständige, richtige und klar strukturierte Darstellung. Fehlerhafte oder bewusst verkürzte Whitepaper begründen erhebliche Haftungsrisiken, insbesondere wenn technische Funktionsweisen, wirtschaftliche Modelle oder Risiken geschönt oder ausgelassen werden.

Auch die Ebene der CASP-Dienstleister birgt substanzielle Risiken. Kaetzler in: Zentes/Glaab, Frankfurter Kommentar zum Geldwäschegesetz, 4. Auflage 2025, § 1 Abs. 29 GwG, macht deutlich, dass Kryptowerte parallel als geldwäscherechtlich relevante Vermögenswerte und als Finanzinstrumente behandelt werden. Anbieter, die MiCA-Pflichten mit GwG- und Geldtransferverordnungspflichten verwechseln oder vermischen, geraten schnell in regulatorische Mehrfachverstöße.

Im Bereich Marktmissbrauch schärft MiCA die Anforderungen erheblich. Möslein weist darauf hin, dass MiCA zwar die Logik der Marktmissbrauchsverordnung übernimmt, aber keine differenzierten Safe-Harbour-Regeln kennt. Dadurch können im Kryptobereich Verhaltensweisen erfasst werden, die im klassischen Kapitalmarkt nicht als Insiderhandel oder Marktmanipulation gelten würden. Projekte ohne klare Governance oder ohne Funktionstrennung sind hier besonders anfällig.

Schließlich bildet die Emittentenrolle einen besonders vulnerablen Bereich. Brauneck, WM 2022, 1258–1267, beschreibt die MiCA-Struktur als Balance zwischen Innovationsschutz und Gefahrenabwehr. MiCA erlaubt den Behörden, Emissionen auszusetzen oder zu untersagen, wenn Whitepaper-Pflichten, Verhaltensnormen oder Transparenzanforderungen verletzt werden. Gleichzeitig bleibt offen, wie weit diese Mechanik gegenüber dezentralen Modellen reicht – eine Unsicherheit, die Projekte in eine erhebliche Organisationshaftung bringt.

Ein thematisch passender Praxisbezug:
In meinem Beitrag zur Illusion der Kontrolle bei Crypto-Plattformen zeige ich anhand realtypischer Muster, wie fehlende Transparenz, unklare Verantwortlichkeiten und intransparente Wallet-Architekturen nicht nur bei betrügerischen Plattformen auftreten, sondern ebenso bei schlecht konstruierten Tokenmodellen. Dieses Zusammenspiel verdeutlicht, warum MiCA technische, wirtschaftliche und organisatorische Risiken erstmals in einer einheitlichen Architektur adressiert..

Futuristische Szene mit Personen, die digitale Token und holografische MiCA-Regulierungen analysieren; moderne Darstellung der rechtlichen Architektur von Tokenmodellen im Jahr 2025.
Die Bilder zeigen eine futuristische Darstellung der europäischen MiCA-Regulierung und moderner Tokenmodelle im Jahr 2025. In urbanen, neonbeleuchteten Finanzwelten analysieren Gruppen junger Fachleute digitale Token, Hologramme und regulatorische Strukturen. Die Bildsprache vermittelt die Verbindung aus Technologie, Recht und moderner Finanzarchitektur.

Für eine vertiefte Einordnung der MiCA-Regulierung und ihrer Bedeutung für Transparenz, Tokenmodelle und Täuschungsschutz finden Sie hier weitere Artikel aus meinem MiCA- und Krypto-Schwerpunkt.

Interne Linkbox – MiCA, Tokeninformationen & Publizität

MiCA 2025: Klare Tokeninformationen im Krypto-Bereich
Wie transparente Angaben Betrug, Love-Scam und Fehlinformationen erschweren.
www.hortmannlaw.com/articles/mica-2025-tokeninformationen-krypto-betrug-love-scam-anwalt

MiCA: Whitepaper, Anlegerinformationen & Publizität
Wie klare Publizität, Risikoangaben und Verantwortlichkeiten den Schutz der Anleger stärken.
www.hortmannlaw.com/articles/anwalt-mica-2025-whitepaper-anlegerinformationen-token-publizitaet

Vergleich: MiCA vs. MiFID II vs. ProspektVO

Der unionsrechtliche Rahmen für Tokenmodelle entsteht 2025 aus dem Zusammenspiel dreier Regime: MiCA, MiFID II und der Prospektverordnung. Die Herausforderung liegt weniger in der Abgrenzung selbst, sondern in der praktischen Anwendung auf hybride oder technologisch neuartige Modelle.

MiCA erfasst alle Kryptowerte, die nicht bereits als Finanzinstrumente qualifizieren. Lorenz, ZIP 2024, 58–67, ordnet MiCA als eigenständiges Marktregime ein: Es wirkt parallel zum Kapitalmarktrecht und umfasst Emission, Handel, Dienstleistungen und Marktverhalten. Entscheidend ist, dass MiCA ein vollständiges Informationsregime für Whitepaper schafft und gleichzeitig organisatorische, technische und verhaltensbezogene Anforderungen vorgibt.

MiFID II greift hingegen nur dann ein, wenn ein Token die Merkmale eines Finanzinstruments erfüllt. Linardatos, WM 2024, 1633–1640, zeigt, dass viele Token trotz ökonomischer Wertkomponente keine Finanzinstrumente sind, weil sie weder in standardisierten Märkten gehandelt werden noch die Informationsstrukturen klassischer Kapitalmarktprodukte erfüllen. Für solche Token ist MiCA die lex specialis.

Die Prospektverordnung bleibt relevant für solche Token, die faktisch kapitalmarktnah gestaltet sind und Wertpapiercharakter tragen. Möslein, WM 2024, 1729–1739, beschreibt die Nähe zwischen Prospekt- und MiCA-Whitepaper-Pflichten, betont aber die fehlende vorgelagerte Billigung unter MiCA. Das bedeutet: Der Emittent trägt erheblich mehr Eigenverantwortung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben.

Ein passender Praxis-Hinweis zur internen Verlinkung:
In meinem Beitrag über die Illusion regulatorischer Kontrolle bei Crypto-Plattformen wird ausführlich dargestellt, wie Anleger häufig die vermeintliche Sicherheit aus AGB oder Plattformmarketing überschätzen. Dieser Beitrag ergänzt an dieser Stelle die MiCA-Dogmatik, weil er zeigt, warum nur ein echtes regulatorisches Schutzregime — und nicht die Selbstdarstellung einer Plattform — Anlegerschutz gewährleisten kann.

Vergleich: MiCA vs. MiFID II vs. ProspektVO

MiCA, MiFID II und die Prospektverordnung bilden zusammen ein dreistufiges Regulierungsmodell für digitale und klassische Wertstrukturen. MiCA adressiert Kryptowerte, die nicht in den engen Finanzinstrumentebegriff fallen, und schafft ein eigenständiges, unionsweites Informations- und Verhaltenssystem. MiFID II gilt nur für Token, die tatsächlich als Finanzinstrumente qualifizieren. Die Prospektverordnung bleibt relevant für kapitalmarktorientierte Tokenmodelle mit Wertpapiercharakter.

Die Abgrenzung ist in der Praxis oft anspruchsvoll. Fachautoren wie Lorenz, Linardatos und Möslein betonen, dass hybride Tokenmodelle technisch modern, aber rechtlich schwer einzuordnen sind. Genau in diesen Grenzbereichen sorgt MiCA für Klarheit: klare Kategorien, klare Pflichten, klare Verantwortlichkeit.

Gelegentlich zeigt sich, dass Projekte im Vorfeld mit Plattformversprechen arbeiten, die bei genauer Betrachtung nicht mit einem echten Regulierungsrahmen vergleichbar sind. Eine entsprechende Analyse findet sich in meinem Beitrag „Krypto-Betrug bei Crypto.com – Die Illusion der Kontrolle in den AGB“ (www.hortmannlaw.com/articles/krypto-betrug-crypto-com-illusion-kontrolle). Dort wird erläutert, warum rechtliche Inhalte und technische Vertrauenssignale nicht verwechselt werden sollten.

Da viele Tokenmodelle technische Komponenten enthalten, die später auch für Nachweise oder Dokumentationen relevant werden können, ist eine weitere kurze Einordnung hilfreich. Der Beitrag „Krypto-Betrug & Wallet-Beweise – Anwalt erklärt Opfern, wie Bitcoin- und SEPA-Spuren wirken“ (www.hortmannlaw.com/articles/krypto-betrug-wallet-beweise-opfer-anwalt) zeigt beispielhaft, wie wichtig transparente Strukturen sind, ohne dass dies den Fokus des MiCA-Rahmens verschiebt.

Eine vertiefte Auswertung zu Plattformdarstellungen findet sich außerdem in „Krypto-Betrug bei Crypto.com – Die Illusion der Kontrolle in den AGB“ (www.hortmannlaw.com/articles/krypto-betrug-crypto-com-illusion-kontrolle). Der Bezug ist kurz und dienlich: Er zeigt lediglich, warum MiCA echte Regulierung schafft und nicht auf Selbstdarstellungen angewiesen ist.

Der Kern bleibt: MiCA klärt, MiFID II grenzt ab, die Prospektverordnung schützt Kapitalmärkte.
Die Vergleiche zum Krypto-Betrug dienen lediglich der fachlichen Verdeutlichung von Fehlvorstellungen, nicht der inhaltlichen Schwerpunktsetzung.

Use Case: „Tech-Startup mit Utility-Token vor EU-Passporting“

Ein europäisches Tech-Startup plant die Einführung eines Utility-Tokens, der Zugang zu einer Plattformfunktion ermöglicht. Das Projekt steht kurz vor der Markteinführung und möchte den Token EU-weit vertreiben. Genau an dieser Stelle entfaltet MiCA seine praktische Bedeutung: Bevor überhaupt an Passporting gedacht werden kann, müssen Klassifizierung, Whitepaper, technische Struktur und interne Organisation präzise festgelegt werden.

Zunächst ist zu bestimmen, ob der Token tatsächlich ein Utility-Token im Sinne der MiCA ist. Die Anforderungen sind restriktiver, als viele Gründer erwarten. Entscheidend ist, dass der Token einen klar definierten Nutzungszweck innerhalb eines bestehenden Systems erfüllt und nicht als Zahlungsmittel oder wertreferenzierter Token fungiert. Hier greift die Differenzierung, wie sie in der Literatur bei Lorenz und Linardatos analysiert wird: Nur wenn weder Zahlungs- noch Wertpapiermerkmale vorliegen, bleibt die Einordnung im Utility-Segment tragfähig.

Auf dieser Grundlage muss das Whitepaper den vollen MiCA-Standard erfüllen. Dazu gehören technische Beschreibung, Funktionsumfang, Risiken, Tokenomics, Governance und klare Offenlegung der Emittentenrolle. Möslein weist in seinen Ausführungen zur MiCA-Publizität darauf hin, dass MiCA kein Billigungsverfahren vorsieht, die inhaltliche Verantwortung aber vollständig beim Emittenten liegt. Für das Startup bedeutet das: Konsistenz der Angaben, überprüfbare Modelle und strenge interne Qualitätssicherung sind unerlässlich.

Für das anschließende EU-Passporting gelten besondere Anforderungen. Nur ein ordnungsgemäß übermitteltes Whitepaper und die Einhaltung der organisatorischen Pflichten erlauben es dem Startup, den Token in anderen EU-Mitgliedstaaten anzubieten. Brauneck zeigt, dass die MiCA-Struktur den Emittenten stärker in die Verantwortung nimmt als frühere nationale Modelle. Damit wird die europaweite Distribution erstmals an klare, überprüfbare Standards geknüpft.

Der Use Case macht deutlich: MiCA erleichtert nicht nur den Marktzugang, sondern zwingt gleichzeitig zu technischer Klarheit, rechtlicher Genauigkeit und tragfähigen Geschäftsmodellen. Gerade für Startups schafft dieser Rahmen erstmals die Möglichkeit, Tokenmodelle skalierbar und rechtssicher europaweit anzubieten.

Futuristische Szene mit Personen, die digitale Token und holografische MiCA-Regulierungen analysieren; moderne Darstellung der rechtlichen Architektur von Tokenmodellen im Jahr 2025.
Die Bilder zeigen eine futuristische Darstellung der europäischen MiCA-Regulierung und moderner Tokenmodelle im Jahr 2025. In urbanen, neonbeleuchteten Finanzwelten analysieren Gruppen junger Fachleute digitale Token, Hologramme und regulatorische Strukturen. Die Bildsprache vermittelt die Verbindung aus Technologie, Recht und moderner Finanzarchitektur.

Compliance-Architektur: Modul 0–9

MiCA zwingt Emittenten und Projekte in eine strukturierte Compliance-Architektur, die weit über technische Implementierung oder Whitepaper-Formalien hinausgeht. Die folgenden neun Module bilden den Kern der organisatorischen und regulatorischen Anforderungen, die ein Tokenprojekt erfüllen muss, bevor ein öffentliches Angebot oder EU-Passporting möglich ist.

Modul 0: Klassifizierung & Grundstruktur

Vor jedem weiteren Schritt steht die korrekte Einordnung des Tokens. Basierend auf den Kriterien, wie sie Lorenz und Linardatos analysieren, müssen Emittenten klären, ob ein Token ein Utility-Token, ein Wertreferenz-Token, ein E-Geld-Token oder ein „sonstiger Kryptowert“ ist. Die gesamte Compliance-Architektur baut auf dieser Entscheidung auf.

Modul 1: Emittentenstatus & Verantwortlichkeiten

Die MiCA ordnet klare Verantwortlichkeiten zu. Brauneck zeigt, dass Emittenten – selbst bei technisch dezentralen Ansätzen – rechtlich klar zuordenbar sein müssen. Dazu gehören interne Rollen, Zuständigkeiten, Kontrollmechanismen und die Benennung verantwortlicher Personen.

Modul 2: Whitepaper-Publizität

Whitepaper müssen vollständig, zutreffend und konsistent sein. Die Darstellung bei Möslein verdeutlicht, dass MiCA zwar kein Billigungsverfahren kennt, jedoch strenge materielle Anforderungen stellt. Fehlinformationen, Auslassungen oder technische Ungenauigkeiten begründen Haftungsrisiken. Bei Utility-Tokens ist die technische und ökonomische Beschreibung besonders prüfungsrelevant.

Modul 3: Risikomanagement

MiCA verlangt, dass Emittenten die wesentlichen Risiken identifizieren und offenlegen: technologische Risiken (z. B. Protokollabhängigkeiten), wirtschaftliche Risiken (Nachfrage, Liquidität), organisatorische Risiken (Fehler in Governance oder Entscheidungsmechanik) und Marktverhaltensrisiken. Diese Darstellung muss im Whitepaper reflektiert und intern dokumentiert sein.

Modul 4: Technische Stabilität & Systemfunktionen

Die technische Infrastruktur des Tokens – Smart Contracts, Konsensmechanismus, On-/Off-Chain-Verschränkung – muss nachvollziehbar, auditierbar und stabil sein. Lorenz und Möslein betonen, dass MiCA Transparenz der Systemlogik fordert, unabhängig davon, ob der Emittent selbst Entwickler ist oder externe Dienstleister beauftragt.

Modul 5: Governance & Organisationspflichten

Tokenmodelle benötigen eine funktionierende interne Governance-Struktur. Dazu gehören Entscheidungsprozesse, Dokumentation, Kommunikationswege und die klare Abgrenzung zwischen technischer Entwicklung, wirtschaftlichen Entscheidungen und regulatorischen Aufgaben. Fehlende Governance ist ein wiederkehrender Fehlerpunkt, den MiCA adressiert.

Modul 6: Interessenkonflikte & Marktverhalten

Emittenten müssen Strukturen schaffen, um Interessenkonflikte frühzeitig zu erkennen und zu verhindern. Dazu zählen Regeln zur Tokenzuteilung, Handelssperrfristen, internen Informationsnutzung und Marktkommunikation. Möslein zeigt, dass MiCA hier eng am Marktmissbrauchsrecht orientiert ist – ohne die klassischen Safe-Harbour-Ausnahmen.

Modul 7: Datenschutz & Datenstrukturen

Wo Tokenmodelle personenbezogene Daten verarbeiten oder Nutzerinteraktionen beinhalten, müssen MiCA-Pflichten mit Datenschutzrecht (insb. DSGVO) abgestimmt sein. Die Datenstrukturen müssen offen gelegt und technische sowie organisatorische Maßnahmen dokumentiert werden.

Modul 8: Interne Kontrollen & Überwachungsprozesse

MiCA verlangt ein internes Kontrollsystem, das technische, organisatorische und regulatorische Anforderungen überwacht. Dazu gehören Protokollierung, Monitoring, Incident-Response-Prozesse und klare Weisungswege bei technischen Änderungen oder sicherheitsrelevanten Ereignissen.

Modul 9: Dokumentation & EU-Passporting-Fähigkeit

Sobald alle vorherigen Module umgesetzt wurden, kann der Emittent die erforderlichen Unterlagen übermitteln. Die Behörde prüft weder die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit noch die technische Qualität; jedoch müssen alle Dokumente konsistent, vollständig und standardisiert vorliegen. Das EU-Passporting erlaubt anschließend die paneuropäische Distribution – allerdings nur bei fortlaufender Compliance.

Handlungsempfehlungen

Für Projekte, die Tokenmodelle unter MiCA strukturieren wollen, empfiehlt sich ein klarer, dokumentierter Ablauf. Im ersten Schritt sollte die Klassifizierung des Tokens mit technischer und wirtschaftlicher Begründung festgelegt werden. Anschließend ist ein vollständiges, konsistentes Whitepaper zu erstellen, das technische Logik, Tokenomics, Risiken und Governance in allen Details nachvollziehbar abbildet. Parallel sollten Emittenten interne Rollen und Zuständigkeiten definieren, um regulatorische Anforderungen eindeutig abbilden zu können.

Vor der Übermittlung des Whitepapers an die zuständige Behörde ist ein interner „MiCA-Check“ sinnvoll, der Konsistenz, Risikodarstellung, technische Funktionsprüfung und organisatorische Dokumentation bündelt. Für Startups empfiehlt sich zusätzlich ein externes Review, um typische Fehler – etwa unklare Rollenzuordnung oder Lücken bei der Systembeschreibung – zu vermeiden.

Im Anschluss ist sicherzustellen, dass die Organisation dauerhaft MiCA-kompatibel bleibt: Änderungen an Smart Contracts, Tokenomics oder der Plattformfunktion müssen dokumentiert, geprüft und gegebenenfalls nachgeregelt werden. Nur auf dieser Grundlage gelingt ein rechtskonformer EU-weiten Tokenvertrieb.

Fazit

MiCA schafft erstmals ein europaweit einheitliches, transparentes und durchsetzbares Regelwerk für Tokenmodelle. Die Verordnung schützt nicht nur Anleger, sondern ermöglicht es Projekten, ihre Strukturen sauber, nachvollziehbar und langfristig tragfähig aufzubauen. Für Emittenten bedeutet dies vor allem: strukturierte Vorbereitung, vollständige Dokumentation und klare Verantwortlichkeiten. Tokenmodelle, die diesen Anforderungen entsprechen, können künftig europaweit skalieren — sicher, rechtskonform und mit verlässlicher Grundlage für Investitionen und Teilnahme.

MiCA ist damit weniger Hürde als Chance: Wer frühzeitig die regulatorische Architektur berücksichtigt, schafft einen klaren Wettbewerbsvorteil.

Kontakt

Wenn Sie ein Tokenmodell planen, ein Whitepaper überprüfen möchten oder Unterstützung beim MiCA-Passporting benötigen, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

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ine MiCA-Regulierung wirft bei Projekten häufig dieselben Fragen auf: Welche Pflichten gelten, welche Risiken müssen dokumentiert werden und wie läuft die EU-weite Zulassung tatsächlich ab? Die folgenden Fragen beantworten die wichtigsten Punkte kompakt und verständlich — und helfen dabei, typische Fehler frühzeitig zu vermeiden.

FAQ – Häufig gestellte Fragen zu MiCA

1. Wann gilt MiCA und für welche Tokenmodelle?

MiCA gilt für alle Kryptowerte, die nicht bereits unter MiFID II als Finanzinstrumente fallen. Dazu gehören Utility-Tokens, wertreferenzierte Token und E-Geld-Token. Die Einstufung entscheidet über Pflichten und Verantwortlichkeiten.

2. Benötigt jedes Projekt ein MiCA-Whitepaper?

Ja, sofern ein öffentliches Angebot oder eine Zulassung zum Handel erfolgt. Das Whitepaper muss vollständig, richtig und konsistent sein — ohne Billigungsverfahren, aber mit voller Emittentenverantwortung.

3. Können Utility-Tokens unter MiCA europaweit vertrieben werden?

Ja, aber nur nach vollständiger Übermittlung des Whitepapers und Einhaltung aller organisatorischen Pflichten. Erst dann wird ein EU-Passporting möglich.

4. Welche Rolle spielt die interne Governance?

MiCA verlangt klare Zuständigkeiten, Entscheidungsstrukturen und interne Kontrollen. Fehlende Governance ist einer der häufigsten Fehler bei Tokenprojekten und führt schnell zu Untersagungen.

5. Was müssen Startups bei technischen Änderungen beachten?

Jede wesentliche Änderung — etwa an Smart Contracts, Tokenomics oder Plattformfunktionen — muss dokumentiert, geprüft und gegebenenfalls regulatorisch aktualisiert werden. MiCA sieht eine fortlaufende Compliance vor.

Mini-FAQ

1. Ersetzt MiCA nationale Regeln?

Ja, MiCA harmonisiert den EU-Markt. Nationale Vorschriften greifen nur ergänzend.

2. Ist ein Token automatisch reguliert, wenn er „Utility“ heißt?

Nein. Die Funktion entscheidet, nicht die Bezeichnung. Eine fehlerhafte Einordnung ist ein regulatorisches Risiko.

3. Muss ein Projekt auch nach dem Launch Compliance erfüllen?

Ja — MiCA verlangt laufende organisatorische, technische und dokumentarische Aktualisierung.

Warum Mandanten mich beauftragen

Strategische Orientierung: Projekte erhalten eine klare, juristisch belastbare Struktur für ihr Tokenmodell – von der Einstufung bis zum Passporting.
Regulatorische Sicherheit: MiCA-Whitepaper, Governance, Tokenomics und technische Beschreibung werden konsistent aufgebaut und geprüft.
Marktzugang: Durch präzise Dokumentation und klare Verantwortlichkeiten wird der EU-weite Vertrieb rechtssicher möglich.
Effizienz: Komplexe MiCA-Anforderungen werden in ein strukturiertes, nachvollziehbares Verfahren überführt, das Startups und etablierte Unternehmen gleichermaßen entlastet.

Für Beratung oder konkrete Projektbegleitung:
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Für eine vertiefte Einordnung der MiCA-Regulierung und angrenzender Themen finden Sie weitere Analysen in meinen Aufsätzen zu:

– MiCA Utility Token rechtssicher gestalten
www.hortmannlaw.com/articles/mica-utility-token-rechtssicher-gestalten

– Tokenomics rechtlich modellieren
www.hortmannlaw.com/articles/tokenomics-rechtlich-modellieren-risiken

– MiCA-Whitepaper und Notifizierung
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– AML/KYC für Token-Plattformen
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– DSGVO & Wallet-Daten
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– Steuerliche Risiken von Token-Modellen
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– Token-AGB und Launch-Compliance
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