🖋️ Von Rechtsanwalt Max Nikolas Mischa Hortmann, Frankfurt am Main – Vertragsautor jurisPR‑ITR / AnwZertOnline
Einleitung – Klimaschutz als neue Haftungszone
Die Energiewende brachte eine beispiellose Explosion an Förderprogrammen: BAFA‑Zuschüsse, KfW‑Kredite und die BEG (Einzelmaßnahmen/Einzelgebäude). „Grünes Geld“ ist jedoch kein geschenktes Geld – es folgt strengen Zweckbindungen, Nachweispflichten und Kumulierungsgrenzen. Wer hier falsche Angaben macht, Doppelförderungen übersieht, Nachtragsarbeiten ohne Genehmigung abrechnet oder Projektänderungen nicht meldet, landet schnell im Fokus von § 264 StGB (Subventionsbetrug) und gegenüber der Behörde in der Rückforderung (§§ 48/49 VwVfG).
Auswertungen zeigen: Prüfungen treffen nicht nur Antragsteller, sondern auch Installateure, Energieberater und Architekten – Stichwort Organisationsverschulden und Mitverantwortung in Kettenprojekten. Die Ermittlungs‑ und Datenlage wird schärfer: Steuer‑ und Verwaltungsdaten werden abgeglichen, Verwendungsnachweise konsequent nachkontrolliert. Wie zielgerichtet Behörden bei digitalen Geschäftsmodellen vorgehen, habe ich u. a. im BR24‑Interview eingeordnet („Steuerhinterziehung in Millionenhöhe – Influencer im Visier“): 👉 https://www.br.de/nachrichten/netzwelt/steuerhinterziehung-in-millionenhoehe-influencer-im-visier,Ura2yGL
Worum es in diesem Teil geht: Wir klären den Subventionscharakter der Energie‑ und Gebäudeförderung, zeigen typische Tathandlungen (falsche förderfähige Kosten/Eigenanteil, Scheinrechnungen, unterlassene Mitteilung bei Projektänderung, Doppelförderung) und erläutern Rücknahme/Widerruf sowie Verteidigungswege – von taktischer Rückzahlung bis zur Einstellung nach § 153a StPO. Ziel: Fehler vermeiden, Risiken begrenzen und Verfahren strategisch steuern.
🔗 Mehr aus der Reihe „Subventionsbetrug in der Praxis“
Subventionscharakter und Zweckbindung der Förderprogramme
Was ist eine „Subvention“? Nach § 264 Abs. 7 StGB umfasst der Begriff Leistungen aus öffentlichen Mitteln an Unternehmen, ohne marktübliche Gegenleistung, zur Förderung der Wirtschaft – einschließlich EU‑Zuschüssen. Für die Praxis ist maßgeblich, wie die Leistung ausgestaltet ist, nicht, wie sie heißt. Die BAFA‑ und KfW‑Zuschüsse (BEG EM/EG) erfüllen diese Kriterien typischerweise: staatliche Finanzhilfen an Unternehmen/Selbständige zur Erreichung politischer Ziele (Klimaschutz, energetische Sanierung). Die Zuwendungslogik mit Bewilligung, Auflagen und Nachweispflichten skizziere ich kompakt in„Zuwendungsrecht und Vergabe – Fördermittel rechtssicher verwenden“.
Subventionserhebliche Tatsachen Subventionserheblich sind alle Umstände, von denen Bewilligung, Höhe oder Belassung der Förderung abhängen – etwa technische Kennzahlen (Effizienzhaus‑Standard), förderfähige Kosten, Eigenanteil oder die Erklärung, keine Doppelförderung zu beanspruchen. Diese Tatsachen prägen zugleich die Kontroll‑ und Wirtschaftlichkeitslogik der Verwaltung; zur haushaltsrechtlichen Leitplanke siehe „Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit – Pflicht im Vergaberecht“.
Zweckbindung und Verwendungsnachweis Die Mittel sind zweckgebunden – z. B. ausschließlich zur Steigerung der Energieeffizienz des konkret bewilligten Gebäudes. Genau diese Zwecke und Auflagen finden sich im Zuwendungsbescheid (Maßnahmenkatalog, technische Standards, Fristen). Wer davon abweicht, riskiert Widerruf oder Rücknahme mit Erstattungspflicht; die Mechanik des Verwaltungsakts (Aufhebung/Widerruf) habe ich praxisnah aufbereitet in „Widerruf der Baugenehmigung – was ist wann möglich?“ – die Rechtsfiguren sind auf Förderbescheide übertragbar.
Doppelförderung als Tatbestandsfalle Regelmäßig sind Kumulierungen untersagt: Eine Maßnahme – ein Topf. Wer dieselbe Heizungsanlage zugleich über BAFA und KfW‑Bonus finanziert, verstößt gegen Förderbedingungen. Das ist verwaltungsrechtlich rückforderungsrelevant und strafrechtlich brisant, weil Doppelförderungs‑Angaben subventionserheblich sind. Zur Prüf‑ und Revisionsperspektive im Fördervollzug vgl. „Rechnungshof‑ und Innenrevision – Vergabeprüfungen richtig bestehen“.
Tatbestandsvoraussetzungen: Abgrenzung zum „normalen“ Betrug
Der Subventionsbetrug (§ 264 StGB) ist kein Vermögensdelikt wie § 263 StGB, sondern ein abstraktes Gefährdungsdelikt: Schon falsche Angaben oder zweckwidrige Verwendung können genügen – ohne nachweisbaren Irrtum einer Behörde oder konkreten Vermögensschaden. Die Tat ist mit Einreichen des fehlerhaften Antrags vollendet; selbst zurückgezogene oder abgelehnte Anträge bleiben strafbar, wenn zuvor Unrichtiges erklärt wurde. In der Förderkulisse wirkt § 264 StGB als lex specialis; § 263 StGB tritt zurück. Sobald aber steuerliche Angaben berührt sind (z. B. Behandlung der Zuschüsse in der Steuererklärung, Stundungsanträge), greift § 370 AO – zum Übergang zwischen Prüfung und Strafverfahren siehe„Betriebsprüfung droht Steuerverfahren?“und zum Ablauf im Steuerstrafrecht„Strafverfahren Steuerhinterziehung § 370“. Dass Steuerfahndung/Strafsachenstellen im Subventionsbereich ermitteln, folgt aus § 264 Abs. 6 StGB – das ist in der Praxis der Normalfall bei Förderdelikten.
Reihe kompakt: Prüffeste Anträge, saubere Doku, § 153a StPO/Rückzahlung als Exit‑Option.
Haftung von Energieberatern, Planern und Handwerkern
In der Beantragung/Umsetzung sind häufig Dritte eingebunden (Energieberater, Architekten/Planer, ausführende Unternehmen). § 264 StGB erfasst auch denjenigen, der für einen anderen eine Subvention beantragt. Wer als Dienstleister technische Angaben wissentlich falsch einträgt (z. B. bessere Dämmwerte als tatsächlich erreicht), kann Täter/Mittäter sein; unterschreibt der Bauherr lediglich formal, kommt mittelbare Täterschaft in Betracht.
Beihilfe ist ebenfalls strafbar (Scheinrechnungen, Verschleierung). Zwar gibt es keine fahrlässige Beihilfe – doch wer als Auftretender gegenüber der Behörde leichtfertig handelt (Augen‑zu‑Mentalität), riskiert leichtfertigen Subventionsbetrug als eigene Tatvariante. Technische/baurechtliche Abweichungen können zudem verwaltungsrechtliche Folgen haben (z. B. Auflagen, Aufhebung von Genehmigungen) – dazu Rücknahme oder Widerruf der Baugenehmigung – Was ist wann möglich?.
Strafrechtliche Verteidigungsansätze und Prävention
Kühlen Kopf bewahren & strukturiert vorgehen. Am Anfang jeder Verteidigung steht Schweigen, Akteneinsicht und eine Strategie: Was ist objektiv passiert, was lässt sich belegen, was ist Auslegung? Den verfahrenspraktischen Werkzeugkasten (Kontaktaufnahme, Timing, Gesprächsangebote, § 153a StPO) erläutere ich kompakt in „Strafverfahren Steuerhinterziehung § 370“ – die dort beschriebenen Schritte gelten übertragbar auch in Subventionsfällen (Ablauf, Einlassung, Absprachen).
Vorsatz entkräften: Irrtum & Verbotsirrtum. § 264 StGB verlangt mindestens bedingten Vorsatz. Bei dynamischen Förderbedingungen, widersprüchlichen FAQs und unklaren Formularen lässt sich häufig eine gutgläubige Fehlvorstellung darlegen (Tatbestands-/Verbotsirrtum). Das trägt aber nur, wenn die Dokumentation stimmt: E‑Mails mit der Bewilligungsstelle, Beratungsnotizen, interne Freigaben. Was und wie man dokumentiert, zeige ich praxisnah in „Compliance‑Verstöße dokumentieren – Haftung des Datenschutzbeauftragten“ – 1:1 auf Förderprojekte übertragbar (Quellen, Prüfpfade, Vier‑Augen‑Prinzip).
Wiedergutmachung & § 153a StPO. Steht eine Überzahlung/Zweckverfehlung im Raum, kann eine freiwillige, vollständige Rückzahlung – sauber juristisch gerahmt – die Einstellung gegen Auflagen (§ 153a StPO) ebnen. Das Vorgehen sollte koordiniert sein (kein Präjudiz, gesicherte Zahlen, Belege). Welche Stellschrauben Staatsanwaltschaften in der Praxis honorieren, fasse ich in „Betriebsprüfung droht Steuerverfahren?“ zusammen (Übertrag: Kooperation, Nachbelegung, Zahlungsmodalitäten).
Tätige Reue (subventionsspezifisch). Spezifisch für § 264 StGB: Strafaufhebung durch tätige Reue, wenn vor Auszahlung die Effektuierung der Täuschung freiwillig verhindert wird (z. B. Antrag zurückziehen, unrichtige Angaben berichtigen). Nach Auszahlung wirkt nur noch strafmildernd, was man kompensiert. Für Fälle mit steuerlichem Einschlag bleibt steuerlich die Option der Selbstanzeige (anderes Rechtsinstitut) – Details in „Projekt 370 – Selbstanzeige“.
Kommunikation & Reputationsschutz. Parallel zum Verfahren drohen reputative Schäden (Presse, Social Media, Auftraggeber). Kommunikationsketten, Q&A und Presselinien sollten vorab stehen. Wie Unternehmen Leaks und Shitstorms rechtlich & taktisch steuern, zeige ich in „Wenn Unternehmen zur Zielscheibe werden – Diffamierung, Leaks, Shitstorms“.
Krisenplan für Rückforderung/Ermittlungen (Akteneinsicht, Einlassungsstrategie, Zahlpfade, Kommunikation).
Teil 2: BAFA/KfW/BEG – Doppelförderung, Zweckbindung, Nachweise; Risiken früh erkennen und steuern.
Fazit: Compliance jetzt – Ärger vermeiden später
Die Nachhaltigkeitswende eröffnet enorme Chancen – aber Fördermittel sind zweckgebunden, prüfintensiv und kumulieren schnell zu Risiken. Wer subventionserhebliche Angaben (Kosten, technische Kennzahlen, Doppelförderung, Eigenanteil) sauber dokumentiert, Projektänderungen sofort meldet und die Verwendungsnachweise prüffest führt, minimiert Straf‑ und Rückforderungsgefahren. Die Strafjustiz zieht die Zügel erkennbar an; hohe Sanktionen sind realistisch, insbesondere bei planmäßigem Vorgehen oder Serienfällen. Best practice: Vier‑Augen‑Prüfung vor Antrag/Schlussabrechnung, klare Zuständigkeiten, schriftliche Bestätigungen aller Beteiligten (kein Doppelantrag, korrekte Daten) – und früh anwaltlich steuern, bevor das Verwaltungsverfahren in ein Strafverfahren kippt.
CTA – Vertraulich sprechen: Sie planen ein BEG‑/BAFA‑Projekt, stehen vor einer Schlussabrechnung, haben Rückforderungs‑/Anhörungs‑Post erhalten oder befürchten Ermittlungen? Lassen Sie uns jetzt strukturiert vorgehen – von der Risikoanalyse bis zur Verteidigung. 👉 Kontakt:https://hortmannlaw.com/contact
1) Was ist subventionserheblich bei BAFA/KfW/BEG? Technische Kennwerte (Effizienz‑Standards), förderfähige Kosten, Eigenanteil, Doppelförderungs‑Erklärungen, Fristen/Nachweise.
2) Darf ich Nachtragsarbeiten ohne Genehmigung abrechnen? Hohe Gefahr. Projektänderungen/Nachträge vorher genehmigen lassen; sonst Rückforderung/Strafrisiko.
3) Doppelförderung – was ist tabu? Eine Maßnahme nicht aus mehreren Töpfen doppelt bezuschussen. Kumulationsregeln prüfen und schriftlich dokumentieren.
4) Haften Energieberater/Planer/Handwerk? Ja, bei wissentlich falschen Angaben als Täter/Mittäter; bei Beihilfe mit Doppelvorsatz. Leichtfertigkeit kann eigene Tat begründen.
5) Rücknahme/Widerruf: Was droht verwaltungsrechtlich? Aufhebung des Bescheids und Erstattung (ggf. Zinsen). Rechtsschutz via Widerspruch/Klage – Strafverfahren läuft unabhängig.
6) Wie sieht ein prüffester Verwendungsnachweis aus? Lückenloser Audit‑Trail: Belege, Stundenlisten, Mess‑/Abnahmeprotokolle, Änderungsanzeigen – versioniert und auffindbar.
7) Organisationsverschulden & Unternehmensgeldbußen? Bei Aufsichtspflichtverletzung drohen Bußgelder nach §§ 30, 130 OWiG. Ein wirksames CMS reduziert das Risiko.
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