Finanzierungsrisiko beim Grundstückskauf – Rücktritt wegen Darlehensablehnung

Verfasst von
Max Hortmann
01 Nov 2025
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Finanzierungsrisiko beim Grundstückskauf – Rücktritt wegen Darlehensablehnung

Einleitung

Die zentrale Frage: Was tun, wenn die Bank nicht mitspielt?

„Was tun, wenn die Bank das Darlehen nicht bewilligt?“ – diese Frage beschäftigt viele Käufer. Der Grundstückskauf ist regelmäßig auf eine Fremdfinanzierung angewiesen. Wird das Darlehen verweigert, steht der Käufer vor einem Dilemma: Er ist rechtlich gebunden, aber faktisch zahlungsunfähig.

Das Risiko der Finanzierungslücke

Die Finanzierung stellt keine bloße Formalität dar, sondern ist Kernvoraussetzung für die Abwicklung. Wird die Kreditzusage nachträglich verweigert, drohen erhebliche finanzielle Folgen: Der Kaufpreis ist dennoch fällig, Verzugszinsen laufen an, und Rücktrittsrechte bestehen nur, wenn sie ausdrücklich vertraglich vereinbart wurden.

Ziel dieses Beitrags

Der folgende Beitrag zeigt, wann ein Rücktritt vom Grundstückskaufvertrag wegen Darlehensablehnung möglich ist, welche Anforderungen an Rücktrittsklauseln gestellt werden und welche Pflichten Notare und Verkäufer dabei treffen. Zugleich werden die wichtigsten Fallgruppen aus der Rechtsprechung vorgestellt, die Käufer und Verkäufer gleichermaßen kennen sollten.

Rechtlicher Rahmen

1. Rücktrittsklauseln als Voraussetzung

Ein Rücktritt wegen fehlender Finanzierung ist nur möglich, wenn der Kaufvertrag dies ausdrücklich vorsieht. Ohne eine sogenannte Finanzierungsvorbehaltsklausel bleibt der Käufer auch dann an den Vertrag gebunden, wenn die Bank den Kredit endgültig ablehnt.
Das Brandenburgische OLG (1) stellte klar, dass Rücktrittsklauseln eindeutig formuliert sein müssen – insbesondere hinsichtlich Frist, Bedingung und Nachweispflicht. Unklare oder pauschale Formulierungen sind rechtlich unwirksam.

2. Pflicht des Notars zur Aufklärung

Der Notar ist verpflichtet, beide Parteien über die Bedeutung und Notwendigkeit eines Finanzierungsvorbehalts zu belehren (§ 17 BeurkG). Unterlässt er diesen Hinweis, obwohl die Finanzierung offensichtlich unsicher ist, kann eine Amtspflichtverletzung vorliegen (3)(4).
Das OLG Celle (3) betonte, dass Notare bei unsicheren Finanzierungen ausdrücklich auf die Möglichkeit einer Rücktrittsregelung oder Vorwegbeleihungsklausel hinweisen müssen. Eine fehlende Belehrung kann Schadensersatzansprüche begründen.

3. Treu und Glauben im Vertragsverhältnis

Auch Verkäufer können Pflichten treffen: Erkennt der Verkäufer, dass der Käufer die Finanzierung nicht aufbringen kann, darf er nicht stur auf Vertragserfüllung bestehen. Das OLG Celle (5) entschied, dass der Verkäufer nach Treu und Glauben verpflichtet sein kann, vom Vertrag zurückzutreten oder Anpassungsverhandlungen zu führen, um größeren Schaden zu vermeiden.

Kernaussagen der Rechtsprechung

1. Rücktrittsklauseln müssen präzise sein

Rücktrittsrechte wegen Finanzierungsproblemen sind nur wirksam, wenn sie klar, schriftlich und bedingungsfrei formuliert sind. Wird etwa vereinbart, dass der Käufer „zurücktreten darf, wenn die Finanzierung scheitert“, ohne Frist oder Nachweispflicht, ist die Klausel auslegungsbedürftig und häufig unwirksam (1)(2).
Gerichte verlangen eine eindeutige Regelung, wann die Finanzierung als gescheitert gilt – etwa bei Vorlage einer ablehnenden Kreditentscheidung innerhalb einer bestimmten Frist.

2. Maklerprovision trotz Darlehensablehnung

Ein häufig übersehener Punkt: Auch bei Rücktritt wegen fehlender Finanzierung bleibt der Anspruch des Maklers grundsätzlich bestehen. Das LG Bremen (2) und das LG Frankfurt (6) stellten klar, dass der Provisionsanspruch entsteht, sobald der notarielle Kaufvertrag geschlossen wurde – unabhängig davon, ob der Kauf später wegen Finanzierungsproblemen rückabgewickelt wird.

3. Verkäuferpflichten bei erkennbarem Scheitern

Erkennt der Verkäufer, dass der Käufer keine realistische Finanzierungsgrundlage hat, muss er auf Treu und Glauben (§ 242 BGB) achten. Nach der Rechtsprechung (5) kann das Festhalten am Vertrag bei evidentem Finanzierungsausfall rechtsmissbräuchlich sein. Dies gilt insbesondere, wenn bereits nachweislich keine Kreditzusage mehr besteht.

Käufer unterzeichnet Grundstückskaufvertrag, während Bankdarlehen abgelehnt wird – Finanzierungsrisiko.
Finanzierungsrisiko beim Grundstückskauf – Rücktritt möglich, wenn Darlehen abgelehnt? Rechte und Folgen.

Juristische Bewertung

1. Das Finanzierungsrisiko liegt grundsätzlich beim Käufer

Rechtlich trägt der Käufer das Risiko der Finanzierung. Ohne eine wirksame Rücktrittsklausel bleibt er zur Zahlung verpflichtet, auch wenn die Bank das Darlehen verweigert. Das kann existenzbedrohend werden – insbesondere, wenn bereits Grunderwerbsteuer und Notarkosten fällig sind (1)(2).

2. Notarielle Pflichten und mögliche Haftung

Der Notar hat eine zentrale Schutzfunktion. Er muss sicherstellen, dass die Parteien die Tragweite ihrer Verpflichtungen verstehen. Wird keine Rücktrittsklausel vereinbart, obwohl der Käufer erkennbar auf Fremdfinanzierung angewiesen ist, kann eine Amtspflichtverletzung vorliegen (3)(4). In gravierenden Fällen haften Notare für die entstandenen Vermögensschäden.

3. Gestaltungspflicht und Vertragsklarheit

Aus anwaltlicher Sicht sollte jede Partei den Vertragstext präzise prüfen lassen. Eine wirksame Klausel muss drei Punkte regeln:

  1. Zeitpunkt der Finanzierungszusage,
  2. Frist zur Vorlage des Nachweises und
  3. Rechtsfolge bei Ablehnung.
    Fehlt nur eines dieser Elemente, ist das Rücktrittsrecht meist nicht durchsetzbar.

Praktische Streitfelder & Angriffspunkte

1. Fehlende oder unklare Rücktrittsklauseln

Das größte Risiko liegt in unvollständigen Klauseln. Wird die Finanzierung abgelehnt und enthält der Vertrag keine Rücktrittsregelung, bleibt der Käufer an den Vertrag gebunden – inklusive Kaufpreisforderung und Nebenkosten (1)(2). Eine einseitige Auflösung ist dann ausgeschlossen.

2. Streit über Maklerprovisionen

Selbst wenn der Kauf nicht vollzogen wird, entsteht häufig Streit über bereits verdiente Provisionen. Da die Maklerleistung mit Abschluss des notariellen Kaufvertrags erfüllt ist, bleibt der Provisionsanspruch bestehen, sofern keine abweichende Vereinbarung getroffen wurde (2)(6). Käufer müssen hier besonders vorsichtig agieren, da viele Maklerverträge diese Haftungsklauseln ausdrücklich enthalten.

3. Verhalten des Verkäufers bei Scheitern der Finanzierung

Wenn der Verkäufer trotz nachgewiesener Kreditabsage weiterhin auf Vertragserfüllung besteht, kann dies treuwidrig sein. In der Rechtsprechung (5) wird verlangt, dass der Verkäufer in solchen Fällen konstruktiv an einer Rückabwicklung mitwirkt, insbesondere wenn ihm durch den Rücktritt kein erheblicher Schaden entsteht.

Handlungsempfehlungen & Strategien

Für Käufer

  • Finanzierungszusage vor Vertragsschluss einholen: Eine schriftliche Vorabzusage der Bank verhindert spätere Risiken.
  • Rücktrittsklausel vereinbaren: Der Vertrag sollte eine klare Bedingung enthalten, z. B. „Der Käufer kann zurücktreten, wenn innerhalb von 30 Tagen keine schriftliche Finanzierungszusage einer deutschen Bank vorliegt.“ (1)(2)
  • Notarberatung nutzen: Käufer sollten sich vom Notar oder einem spezialisierten Anwalt über die rechtlichen Folgen aufklären lassen (3)(4).
  • Beweissicherung: Ablehnungsschreiben der Bank dokumentieren, um die Voraussetzungen des Rücktritts nachweisen zu können.

Für Verkäufer

  • Bonitätsprüfung vor Vertragsschluss: Verkäufer sollten sich eine Finanzierungsbestätigung vorlegen lassen, bevor sie unterschreiben.
  • Klar geregelte Rücktrittsrechte: Auch Verkäufer können Rücktrittsrechte für den Fall vereinbaren, dass der Käufer die Finanzierung nicht nachweist (1)(2).
  • Treu und Glauben wahren: Bei erkennbar fehlender Finanzierungsgrundlage sollte der Verkäufer nicht auf Vertragserfüllung beharren, um spätere Schadensersatzforderungen zu vermeiden (5).

Für Notare

  • Umfassende Belehrungspflicht: Notare müssen Käufer über die Risiken eines Vertrags ohne Finanzierungsvorbehalt informieren (3)(4).
  • Individuelle Vertragsgestaltung: Bei erkennbar unsicherer Finanzierung ist eine maßgeschneiderte Rücktrittsklausel zwingend. Standardtexte genügen nicht.
  • Dokumentation: Belehrung und Hinweise sollten aktenkundig gemacht werden, um spätere Haftungsfragen zu vermeiden.
Käufer unterzeichnet Grundstückskaufvertrag, während Bankdarlehen abgelehnt wird – Finanzierungsrisiko.
Finanzierungsrisiko beim Grundstückskauf – Rücktritt möglich, wenn Darlehen abgelehnt? Rechte und Folgen.

Fazit

Ein Rücktritt vom Grundstückskaufvertrag wegen Darlehensablehnung ist nur dann möglich, wenn dies im Vertrag ausdrücklich geregelt ist. Käufer tragen grundsätzlich das Finanzierungsrisiko und sollten vor der Unterzeichnung eine klare Rücktrittsklausel einbauen. Verkäufer wiederum sollten prüfen, ob der Käufer tatsächlich finanzierungsfähig ist, um spätere Rückabwicklungen zu vermeiden.
Notare schließlich haben die Pflicht, beide Seiten über diese Risiken aufzuklären – ein Versäumnis kann haftungsrelevant sein.

Empfehlung:
Vor jedem Grundstückskauf sollte eine anwaltliche Vertragsprüfung erfolgen. Nur so lassen sich hohe Verluste bei scheiternder Finanzierung verhindern.

(Fundstellen: (1) OLG Brandenburg 20.09.1995 – 3 U 190/94 · (2) LG Bremen 16.09.2015 – 9 O 755/14 · (3) OLG Celle 27.04.2004 – 8 W 145/04 · (4) OLG Düsseldorf 19.04.1979 – 18 U 164/77 · (5) OLG Celle 10.10.1997 – 4 U 110/96 · (6) LG Frankfurt 31.01.1992 – 2 O 230/91)


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