GmbH oder UG? Rechtsformwahl, Nachschusspflichten und Abfindungsklauseln
Meta-Beschreibung: GmbH gründen oder doch eine UG (haftungsbeschränkt) wählen? Dieser Beitrag vergleicht die Rechtsformen GmbH und UG, erläutert Nachschusspflichten sowie Abfindungsklauseln und gibt Gründern wertvolle Hinweise zur optimalen Rechtsformwahl.
Beim Start eines Unternehmens stellt sich oft die Frage: GmbH oder UG gründen? Beide Gesellschaftsformen bieten die Haftungsbeschränkung, unterscheiden sich jedoch in wichtigen Punkten. Die Unternehmergesellschaft (UG) – umgangssprachlich „Mini-GmbH“ – kann mit deutlich geringerem Kapital gegründet werden als die klassische GmbH.
Das Mindeststammkapital einer GmbH beträgt 25.000 €, während eine UG bereits ab 1 € Stammkapital möglich ist. Der niedrige Kapitalbedarf erleichtert zwar die Gründung, birgt aber Risiken: Ein zu geringes Stammkapital kann die Zahlungsfähigkeit beeinträchtigen und schnell zur Insolvenzantragspflicht führen. Zudem leidet die UG bisweilen unter einem geringeren Ansehen bei Geschäftspartnern, die aufgrund der geringen Kapitalbasis häufig zusätzliche Sicherheiten verlangen.
Eine GmbH vermittelt dagegen mehr Seriosität, erfordert jedoch eine höhere Kapitaleinlage. Wer eine GmbH gründen möchte, muss nicht das gesamte Stammkapital sofort in bar einzahlen – es reicht eine Mindesteinzahlung von 50 % (12.500 €) –, doch das Kapital muss letztlich vollständig aufgebracht werden.
Bei der UG (haftungsbeschränkt) sind Sacheinlagen bei Gründung ausgeschlossen, es dürfen ausschließlich Bareinlagen geleistet werden. Die UG ist also strikt auf Geldeinlagen begrenzt, was z. B. die Einbringung einer Immobilie als Startkapital verhindert. Außerdem schreibt das Gesetz für die UG eine besondere Gewinnthesaurierung vor: 25 % des Jahresüberschusses müssen als Rücklage einbehalten werden, bis das Stammkapital auf 25.000 € angewachsen ist. Erst dann kann die UG auf Wunsch in eine GmbH umgewandelt werden.
Rechtsformwahl: GmbH vs. UG im Vergleich
Rechtsform und Kapital
Der wichtigste Unterschied liegt im Stammkapital:
- GmbH: mindestens 25.000 €,
- UG (haftungsbeschränkt): bereits ab 1 € möglich.
Das geringe Kapital der UG ermöglicht einen schnellen, günstigen Start. Gründer sollten jedoch den realen Kapitalbedarf nicht unterschätzen – ein zu knapp bemessenes Kapital kann rasch zu Liquiditätsproblemen führen. Die Kapitalschwelle der GmbH dient dagegen dem Gläubigerschutz und einer soliden Finanzausstattung.
👉 Abwägung: schnelle Gründung mit Minimal-Kapital (UG) oder Vertrauen der Geschäftspartner und stabile Finanzierung (GmbH)?
Sacheinlagen:
- Bei der UG zu Beginn nicht zulässig.
- Bei der GmbH sind Sacheinlagen (z. B. Maschinen, Immobilien) erlaubt, wenn der Wert den Nennbetrag deckt. Dies muss durch Verträge und ggf. Gutachten nachgewiesen werden.
Kosten und Formalitäten
- UG: günstiger in der Gründung (v. a. mit Musterprotokoll), geringere Notar- und Gerichtskosten.
- GmbH: höhere Gründungskosten, da Stammkapital nachgewiesen werden muss.
Beide Rechtsformen erfordern:
- notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrags,
- Eintragung im Handelsregister.
Haftung: In beiden Fällen haftet die Gesellschaft mit ihrem Vermögen, die Gesellschafter nur mit ihrer Einlage.
Firmierung und Außenwirkung:
- Eine „GmbH“ wirkt bei Kunden, Banken und Investoren seriöser.
- Eine „UG (haftungsbeschränkt)“ signalisiert dagegen oft ein kleines Budget. Viele Gründer steigen deshalb später auf GmbH um – das ist durch Kapitalerhöhung und Rechtsformwechsel möglich, verursacht aber erneut Notar- und Registerkosten.
👉 Empfehlung: Die Entscheidung sollte sich nach den langfristigen Zielen richten. Wer Wachstum und Investoren anstrebt, wählt besser direkt die GmbH.
Pflichten und laufende Belastungen
- Buchführung, Bilanzierung und Publizitätspflichten gelten für beide gleich.
- Steuerlich werden GmbH und UG identisch behandelt (Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer).
Besonderheit UG:
- Verpflichtung zur Gewinnthesaurierung: Ein Teil des Jahresüberschusses muss in Rücklagen eingestellt werden, bis das Stammkapital der GmbH erreicht ist.
- Gesellschafter können sich daher nicht den gesamten Gewinn ausschütten.
GmbH:
- Keine gesetzliche Pflicht zur Gewinnrücklage (nur wenn im Vertrag geregelt).
👉 Im Falle von Verlusten treffen beide ähnliche Pflichten – z. B. mögliche Nachschusspflichten der Gesellschafter.
Nachschusspflichten in Gesellschaftsvertrag und Gesetz
Was bedeutet Nachschusspflicht?
Unter einer Nachschusspflicht versteht man die Verpflichtung von Gesellschaftern, zusätzliche Zahlungen über ihre Stammeinlage hinaus zu leisten. Zweck ist meist die Deckung von Verlusten oder die Sicherung der Liquidität.
- Weder GmbHG noch UG-Recht sehen automatisch eine Nachschusspflicht vor.
- Sie entsteht nur, wenn sie im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vereinbart wird.
- § 26 GmbHG erlaubt Nachschüsse per Gesellschafterbeschluss – sofern die Satzung dies vorsieht.
👉 Wichtig: Nachschüsse sind anteilig zu leisten. Hält ein Gesellschafter 20 % der Anteile, trägt er 20 % des Nachschussbetrags.
Beschränkte und unbeschränkte Nachschusspflicht
- Beschränkt: Nachschüsse sind der Höhe nach limitiert (z. B. maximal in Höhe der Stammeinlage oder ein festgelegter Betrag).
- Unbeschränkt: Theoretisch können unbegrenzt Nachzahlungen gefordert werden. Allerdings sieht das Gesetz hier ein Preisgaberecht vor: Überforderte Gesellschafter dürfen ihre Anteile aufgeben, um der Zahlungspflicht zu entgehen.
👉 In der Praxis werden fast immer beschränkte Nachschusspflichten vereinbart, um Planungssicherheit zu gewährleisten.
Nachschusspflicht in der UG
Die UG kennt zusätzlich eine gesetzliche Sonderform:
- Jährlich ist ¼ des Jahresüberschusses in eine Kapitalrücklage einzustellen, bis das Mindeststammkapital einer GmbH (25.000 €) erreicht ist.
- Dies ist keine private Nachzahlung, aber eine Zwangs-Thesaurierung, die Ausschüttungen reduziert.
- Darüber hinaus können auch UG-Verträge Nachschusspflichten vorsehen – wird aber selten genutzt, da die UG auf kapitalschwache Gründer zugeschnitten ist.
Folgen und Risiken einer Nachschusspflicht
- Beschränkte Nachschusspflicht: Bleibt ein Gesellschafter im Verzug, kann der Gesellschaftsvertrag eine Kaduzierung vorsehen. Der säumige Gesellschafter verliert dann seine Anteile und bleibt trotzdem zur Zahlung des offenen Betrags verpflichtet.
- Unbeschränkte Nachschusspflicht: Statt Kaduzierung greift das Preisgaberecht. Der Gesellschafter darf seine Anteile aufgeben, scheidet aus der GmbH aus, und sein Anteil wird verwertet, um den Nachschuss zu decken.
👉 Fazit: Für Gründer ist es oft sinnvoll, keine Nachschusspflicht vorzusehen, um das Risiko planbar zu halten. Frisches Kapital lässt sich im Krisenfall auch über freiwillige Einlagen oder Kapitalerhöhungen beschaffen.
Abfindungsklauseln bei Gesellschafterwechsel
Abfindungsanspruch im Gesetz
Scheidet ein Gesellschafter aus der GmbH aus (z. B. durch Kündigung, Ausschluss oder Tod), hat er grundsätzlich Anspruch auf eine Abfindung in Geld. Gesetzlich vorgesehen ist die Auszahlung des wahren Werts seines Anteils, also inklusive stiller Reserven und Firmenwert.
Problem: Liquiditätsbelastung für die Gesellschaft
Ohne vertragliche Regelung müsste die GmbH den vollen Verkehrswert auszahlen – was zu erheblichen finanziellen Belastungen führen kann. Deshalb enthalten viele Gesellschaftsverträge Abfindungsklauseln, die die Höhe begrenzen, z. B.:
- Abfindung nach Buchwert,
- Abfindung nach einem Vielfachen des Jahresergebnisses,
- Abfindung mit Ratenzahlung oder Stundung.
Grenzen durch Rechtsprechung
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat klargestellt:
- Abfindungsklauseln dürfen den ausscheidenden Gesellschafter nicht krass benachteiligen.
- Eine komplette Abfindungsausschlussklausel ist unzulässig, außer in engen Ausnahmefällen (z. B. ideelle Vereine).
- Auch im Todesfall ist ein Ausschluss von Abfindungen für Erben nur in seltenen Fällen zulässig.
- Abfindungen dürfen nicht so weit unter dem Verkehrswert liegen, dass Gesellschaftern faktisch die Möglichkeit genommen wird, auszuscheiden.
Kapitalerhaltungsgrundsatz
Abfindungen dürfen nur aus freien Vermögensmitteln gezahlt werden, niemals aus dem Stammkapital. Ist die Liquidität nicht ausreichend, muss die Auszahlung gestundet werden.
Praxistipp
- Bereits bei der Gründung über faire Abfindungsklauseln nachdenken.
- Buchwertklauseln sind beliebt, sollten aber durch Zuschläge (z. B. für stille Reserven) ergänzt werden, um vor Gericht Bestand zu haben.
- Ratenzahlungen oder Stundungen sichern die Gesellschaft finanziell ab.
- Bei komplexeren Fällen frühzeitig juristischen Rat einholen.
Vor- und Nachteile von GmbH und UG im Überblick
Vorteile der UG (haftungsbeschränkt)
- Geringes Startkapital ab 1 € möglich.
- Schnelle und kostengünstige Gründung, besonders für Kleinstgründungen oder Testprojekte geeignet.
- Volle Haftungsbeschränkung auch bei niedrigem Kapital.
- Geringere Gründungskosten und oftmals auch niedrigere Auflösungskosten.
- Thesaurierungspflicht sorgt für schrittweisen Eigenkapitalaufbau – anfangs können Gewinne teilweise steuerfrei reinvestiert werden.
- Für Einzelgründer oder kleine Teams bietet sich das gesetzliche Musterprotokoll an, wodurch Notarkosten gespart werden können.
Nachteile der UG
- Eingeschränkte Kapitalbasis führt zu höherem Insolvenzrisiko bei schlechtem Geschäftsverlauf.
- Geringere Kreditwürdigkeit und Vertrauensprobleme bei Geschäftspartnern; häufig werden private Bürgschaften verlangt.
- Zwang zur Gewinnthesaurierung: 25 % des Jahresüberschusses müssen einbehalten werden, bis 25.000 € Stammkapital erreicht sind.
- Keine Sacheinlagen bei Gründung erlaubt.
- Langfristig oft Umwandlung in GmbH erforderlich, was zusätzliche Kosten verursacht.
- Musterprotokoll: maximal drei Gesellschafter und ein Geschäftsführer – für größere Gründerteams unpraktisch.
Vorteile der GmbH
- Höheres Stammkapital (25.000 €) signalisiert Stabilität und schafft Vertrauen bei Kunden, Banken und Investoren.
- Einfacherer Zugang zu Krediten und Fördermitteln, da höhere Kapitalausstattung Seriosität vermittelt.
- Sacheinlagen möglich bereits bei Gründung (z. B. Maschinen, Fahrzeuge, Immobilien).
- Keine Beschränkung bei der Zahl der Gesellschafter.
- Individuell gestaltbarer Gesellschaftsvertrag ohne die Einschränkungen des Musterprotokolls.
- Keine Thesaurierungspflicht: Gewinne können vollständig ausgeschüttet oder flexibel einbehalten werden.
Nachteile der GmbH
- Höhere Gründungshürde durch Mindestkapital 25.000 € (mindestens 12.500 € sofort einzuzahlen).
- Gründungskosten höher, da sich Notarkosten u. a. nach Stammkapital richten.
- Für Kleinstunternehmen mit geringem Kapitalbedarf kann die GmbH überdimensioniert sein.
- Mehr Aufwand bei der Vertragsgestaltung erforderlich (z. B. bei Stimmrechten oder Geschäftsführung), was anfänglich Beratungskosten verursacht.
- Gleich hohe laufende Pflichten wie bei der UG, allerdings mit stärkerer Kapitalbindung von Anfang an.
Fazit und Handlungsempfehlung
UG oder GmbH – welche Rechtsform passt?
Die Entscheidung zwischen GmbH und UG (haftungsbeschränkt) hängt stark von den individuellen Umständen ab.
- Gründer mit knappem Startkapital und überschaubarem Risiko finden in der UG einen einfachen und günstigen Einstieg.
- Für etabliertere Vorhaben oder Projekte mit hohem Kapitalbedarf ist die GmbH meist die bessere Wahl, da sie Stabilität und Professionalität signalisiert.
👉 Wichtig ist die langfristige Planung: Wenn Investoren einsteigen sollen oder größere Verträge geplant sind, ist die GmbH von Beginn an sinnvoll. Wer hingegen klein starten möchte, kann zunächst die UG wählen und später zur GmbH „aufrüsten“.
Gesellschaftsvertrag maßgeschneidert gestalten
Unabhängig von der Rechtsform sollten Gründer einen individuellen Gesellschaftsvertrag entwerfen. Besonders bei mehreren Gesellschaftern sind folgende Punkte zentral:
- Nachschusspflichten: Nur mit Bedacht vereinbaren – in Krisenzeiten sind freiwillige Einlagen oder externe Finanzierung oft die bessere Wahl.
- Abfindungsklauseln: Unverzichtbar für finanzielle Planbarkeit beim Ausscheiden eines Gesellschafters. Dabei gilt: keine übermäßige Benachteiligung, sondern eine faire, ggf. gedeckelte Abfindung, die sowohl Liquidität der Gesellschaft als auch eine angemessene Entschädigung sicherstellt.
- Exit-Regelungen: Klar definieren, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.
Expertenrat einholen
Bei der Gründung – ob GmbH oder UG – sollten auch steuerliche Aspekte beachtet werden (Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Verlustverrechnung, Thesaurierungspflicht).
- Ein Steuerberater hilft, die Entscheidung fundiert abzusichern.
- Ein Rechtsanwalt sorgt für ausgewogene und rechtssichere Vertragsklauseln.
- Zusätzlich können IHK und Gründungsberater wertvolle Unterstützung leisten.
Zusammenfassung
Mit der richtigen Vorbereitung und einem durchdachten Vertrag kann sowohl die UG als auch die GmbH eine solide Basis für unternehmerischen Erfolg bieten. Entscheidend ist, dass die Rechtsform zum Geschäftskonzept passt und die Spielregeln der gewählten Gesellschaftsform – von Nachschusspflicht bis Abfindung – bekannt und eingehalten werden.
👉 Wer diese Punkte beachtet, schafft eine stabile Grundlage für einen erfolgreichen Start – unabhängig davon, ob es eine UG oder eine GmbH wird.