Rückabwicklung wegen fehlender Baugenehmigung – Wann anfechtbar?

Verfasst von
Max Hortmann
01 Nov 2025
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Rückabwicklung wegen fehlender Baugenehmigung – Wann ist der Grundstückskaufvertrag anfechtbar?

Einleitung

Der Kauf eines Grundstücks ist oft der wichtigste finanzielle Schritt im Leben eines Käufers. Doch was, wenn sich nach dem Notartermin herausstellt, dass für das Gebäude gar keine gültige Baugenehmigung existiert oder die bestehende Nutzung baurechtlich unzulässig ist? In solchen Fällen drohen schwerwiegende Folgen: Bauaufsichtsbehörden können den Betrieb untersagen, die Nutzung verbieten oder den Rückbau verlangen. Käufer stehen dann nicht nur vor einem finanziellen Desaster, sondern häufig auch vor langwierigen juristischen Auseinandersetzungen.

Dieser Beitrag erklärt, wann eine fehlende Baugenehmigung einen Sachmangel darstellt, wann ein Vertrag wegen Täuschung angefochten und rückabgewickelt werden kann und wie Käufer sich durch vertragliche Vorsicht und rechtliche Prüfung schützen.

Rechtlicher Rahmen

Fehlt bei einem Grundstück die erforderliche Baugenehmigung, liegt ein Sachmangel im Sinne von § 434 BGB vor. Denn der Käufer erhält ein Objekt, das rechtlich nicht wie vereinbart genutzt werden darf. Maßgeblich ist, ob die Genehmigung für den vertraglich vorausgesetzten Zweck – etwa Wohnnutzung oder Gewerbebetrieb – erforderlich ist.

Der Mangel besteht unabhängig davon, ob die Genehmigung später nachträglich erteilt werden könnte. Schon die Unsicherheit über die Nutzbarkeit reicht aus, um den Wert der Immobilie erheblich zu mindern. Ein solcher Verstoß kann deshalb Gewährleistungsrechte, Rücktritt oder Schadensersatz begründen.

Wird die fehlende Genehmigung vom Verkäufer bewusst verschwiegen, kommt zusätzlich eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) in Betracht. Nach § 142 BGB führt eine erfolgreiche Anfechtung zur Nichtigkeit des gesamten Vertrags, der rückabgewickelt werden muss.

Kernaussagen der Rechtsprechung

Die Gerichte stufen das Fehlen einer erforderlichen Baugenehmigung regelmäßig als erheblichen Mangel ein. Käufer dürfen darauf vertrauen, dass die angebotene Immobilie für den beworbenen Zweck rechtlich nutzbar ist. Der Verkäufer muss über fehlende oder unvollständige Genehmigungen aktiv aufklären – Schweigen genügt nicht.

Mehrere Oberlandesgerichte haben entschieden, dass schon der Verdacht einer nicht vorliegenden Genehmigung offenbart werden muss. Eine unzutreffende Behauptung, alles sei genehmigt, kann als arglistig gelten, selbst wenn der Verkäufer die Aktenlage nicht geprüft hat. Ebenso wird ein Haftungsausschluss nach § 444 BGB wirkungslos, wenn der Verkäufer bewusst falsche Angaben macht.

Der Bundesgerichtshof betont, dass eine notarielle Erklärung über den ordnungsgemäßen Zustand nur dann schützt, wenn sie zutreffend ist. Stellt sich später heraus, dass wesentliche Genehmigungen fehlen, haftet der Verkäufer vollumfänglich – unabhängig davon, ob die Nutzung tatsächlich beanstandet wird.

Fehlt die zugesicherte Baugenehmigung, kann der Vertrag wegen Täuschung oder Irrtum rückabgewickelt werden.
Fehlende Baugenehmigung entdeckt? So können Käufer den Kaufvertrag rückabwickeln und Verluste vermeiden.

Juristische Bewertung

Die fehlende Baugenehmigung ist nicht nur ein formaler Mangel, sondern betrifft die Substanz des Vertrages. Käufer erwerben ein Risiko, das sie nicht kalkuliert haben, und verlieren unter Umständen die Möglichkeit, die Immobilie überhaupt zu nutzen.

Verkäufer, die Genehmigungen verschweigen oder ungeprüft behaupten, sie seien vorhanden, handeln rechtlich hochriskant. Eine arglistige Täuschung liegt bereits dann vor, wenn der Verkäufer ins Blaue hinein erklärt, alles sei genehmigt, ohne die Bauakten einzusehen. In diesem Fall sind sowohl Rückabwicklung als auch Schadensersatz möglich.

Käufer müssen jedoch darlegen, dass die fehlende Genehmigung für ihren Kaufentschluss relevant war. Das gelingt in der Regel leicht, wenn die Nutzung – etwa als Wohnung, Büro oder Hotel – ausdrücklich Vertragsinhalt war.

Die Rückabwicklung führt dazu, dass sämtliche Leistungen rückgewährt werden müssen. Der Käufer erhält den Kaufpreis zurück, gibt das Grundstück heraus und kann zusätzlich Nebenkosten wie Notar- oder Finanzierungsausgaben als Schaden geltend machen.

Praktische Streitfelder & Angriffspunkte

In der Praxis ergeben sich bei fehlender Baugenehmigung regelmäßig dieselben Konflikte:

  • Dachgeschossausbau ohne Genehmigung: Käufer erwerben ein scheinbar ausgebautes Wohnobjekt, das offiziell gar nicht als Wohnraum zugelassen ist.
  • Umnutzung ohne Genehmigung: Ein Büro wird als Wohnung verkauft, ohne dass eine Nutzungsänderung beantragt wurde.
  • Fehlende Betriebsgenehmigung: Bei gewerblichen Immobilien oder Hotels kann das Fehlen der Genehmigung den gesamten Geschäftsbetrieb gefährden.
  • Veraltete Genehmigungen: Alte Bauakten decken aktuelle Bauteile oder Erweiterungen nicht ab.

Hinzu kommen Streitpunkte über den Gewährleistungsausschluss. Verkäufer versuchen oft, ihre Haftung über Formulierungen wie „gekauft wie gesehen“ zu begrenzen. Diese greifen jedoch nicht, wenn ein arglistiges Verschweigen vorliegt. Gerichte nehmen Arglist schon dann an, wenn der Verkäufer positive Anhaltspunkte hatte und den Käufer nicht informierte.

Handlungsempfehlungen & Strategien

1. Vorvertragliche Prüfung: Käufer sollten sich vor dem Notartermin beim Bauamt über die Genehmigungslage informieren. Eine schriftliche Auskunft bietet Rechtssicherheit.

2. Notarielle Zusicherung: Der Vertrag sollte eine ausdrückliche Erklärung enthalten, dass alle für die Nutzung erforderlichen Genehmigungen vorliegen.

3. Fachgutachten: Bei älteren oder umgebauten Objekten empfiehlt sich eine sachverständige Bewertung, um unerkannte Genehmigungslücken aufzudecken.

4. Rücktrittsklausel: Käufer können sich im Kaufvertrag ein vertragliches Rücktrittsrecht vorbehalten, falls sich herausstellt, dass wesentliche Genehmigungen fehlen.

5. Beweissicherung: Alle Unterlagen, Fotos und E-Mail-Korrespondenzen zur Genehmigung sollten archiviert werden, um später die Täuschung nachweisen zu können.

6. Rechtliche Beratung: Eine anwaltliche Prüfung vor Abschluss schützt vor Formfehlern und bewahrt Käufer vor langfristigen Risiken.

Fehlt die zugesicherte Baugenehmigung, kann der Vertrag wegen Täuschung oder Irrtum rückabgewickelt werden.
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Fazit & Call-to-Action

Eine fehlende Baugenehmigung kann den gesamten Grundstückskauf zu Fall bringen. Sie stellt einen erheblichen Mangel dar, der Rücktritt, Schadensersatz oder Anfechtung rechtfertigt. Käufer sollten niemals auf bloße Zusagen vertrauen, sondern die Genehmigungslage eigenständig prüfen oder rechtlich absichern lassen.

Verkäufer wiederum sind verpflichtet, über bekannte Genehmigungslücken oder laufende Verfahren vollständig aufzuklären. Ein Verschweigen kann nicht nur zur Rückabwicklung führen, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Wenn Sie den Verdacht haben, dass bei Ihrem Grundstückskauf Genehmigungen fehlen oder falsche Angaben gemacht wurden, lassen Sie Ihren Vertrag prüfen – bevor Fristen ablaufen und Rechtsfolgen eintreten.


👉 www.hortmannlaw.com/contact oder ☎ 0160 9955 5525.

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Max Hortmann
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