§ 55 BHO – Vergabegrundsatz und Kontrolle der Mittelverwendung

Verfasst von
Max Hortmann
01 Nov 2025
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§ 55 BHO – Vergabegrundsatz und Kontrolle der Mittelverwendung

Einleitung

Die Vergabe öffentlicher Aufträge ist ein zentraler Bestandteil einer transparenten und sparsamen Haushaltsführung. § 55 BHO verpflichtet Bund und Bundesbehörden, Mittel nur dann zu verwenden, wenn sie wirtschaftlich eingesetzt werden – und zwar im Rahmen eines fairen, überprüfbaren Wettbewerbs.
Damit soll verhindert werden, dass öffentliche Gelder ineffizient, rechtswidrig oder gar parteiisch vergeben werden.

Dieser Beitrag erklärt, welche Anforderungen § 55 BHO an Transparenz, Wettbewerb und Dokumentation stellt, wie der Bundesrechnungshof die Vergabe kontrolliert und wie öffentliche Auftraggeber Prüfungsrisiken vermeiden können.

1. Grundsätze der Vergabe nach § 55 BHO

§ 55 BHO ist die haushaltsrechtliche Basisnorm für alle Vergabeverfahren des Bundes. Sie verlangt, dass Verträge über Lieferungen und Leistungen grundsätzlich im Wettbewerb vergeben werden.

a) Öffentliche Ausschreibung als Regelfall

Die öffentliche Ausschreibung ist der Standardfall, weil sie:

  • den Wettbewerb sicherstellt,
  • Transparenz für alle potenziellen Anbieter schafft,
  • und das Prinzip der Gleichbehandlung wahrt.

Nur in begründeten Ausnahmefällen darf die Vergabestelle von diesem Regelfall abweichen, etwa bei:

  • dringlichen Beschaffungen (z. B. Katastrophenschutz, IT-Sicherheitsnotfälle),
  • sehr speziellen Leistungen mit nur wenigen Anbietern,
  • oder geringem Auftragswert (Direktauftrag im Sinne der UVgO).

b) Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit

Der Gesetzgeber verlangt nicht die billigste, sondern die wirtschaftlichste Lösung.
Das bedeutet:

  • Die Vergabestelle muss den gesamten Lebenszyklus der Leistung (Betrieb, Wartung, Entsorgung) berücksichtigen.
  • Auch soziale und ökologische Kriterien dürfen einfließen, solange sie haushaltsrechtlich vertretbar sind.

c) Transparenz und Nichtdiskriminierung

Vergabeverfahren müssen objektiv, nachvollziehbar und diskriminierungsfrei durchgeführt werden.
Alle Entscheidungen – von der Markterkundung bis zur Zuschlagserteilung – müssen dokumentiert und auf Anfrage überprüfbar sein.

2. Dokumentation und Kontrolle

Die BHO und ihre Ausführungsvorschriften (insbesondere die UVgO und VgV) verpflichten alle Bundesstellen zur lückenlosen Vergabedokumentation.

a) Dokumentationspflicht

Jedes Verfahren muss so dokumentiert sein, dass Dritte (z. B. Prüfer, Gerichte, Rechnungshöfe) die Entscheidung nachvollziehen können.
Das umfasst:

  • die Wahl der Vergabeart,
  • die Begründung von Ausnahmen,
  • die Bewertung der Angebote,
  • sowie die Zuschlagsentscheidung.

Fehlt diese Dokumentation, drohen Beanstandungen durch Aufsichtsbehörden oder den Bundesrechnungshof.

b) Kontrolle durch den Bundesrechnungshof

Der Bundesrechnungshof überwacht gemäß §§ 88 ff. BHO die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushaltsführung.
Er prüft:

  • ob die Vergabevorschriften beachtet wurden,
  • ob die Entscheidung sachlich nachvollziehbar ist,
  • und ob Wettbewerbsbeschränkungen gerechtfertigt waren.

Verstöße können zu:

  • Beanstandungen,
  • Nachforderungen,
  • oder in schweren Fällen zu haushaltsrechtlichen Konsequenzen führen (z. B. Sperrung von Haushaltsmitteln oder Disziplinarmaßnahmen).

3. Ausnahmen und Ermessensspielraum

Die BHO erlaubt Ausnahmen von der öffentlichen Ausschreibung nur unter strengen Bedingungen.

a) Besondere Umstände

Eine beschränkte Ausschreibung oder ein freihändiges Verfahren ist nur zulässig, wenn:

  • die Leistung dringlich ist (z. B. sicherheitsrelevant oder zeitkritisch),
  • die Leistung nur von einem bestimmten Anbieter erbracht werden kann,
  • oder die Kosten und der Verwaltungsaufwand einer öffentlichen Ausschreibung unverhältnismäßig hoch wären.

Jede Ausnahme muss begründet und dokumentiert werden.

b) Ermessensspielraum

Die Vergabestellen haben einen Ermessensspielraum bei der Wahl des Vergabeverfahrens, aber dieser ist:

  • rechtlich begrenzt durch § 55 BHO, die UVgO und das GWB,
  • und prüfbar durch die Aufsichtsbehörden.

Fehlerhafte Ermessensausübung – z. B. unklare Abgrenzung zwischen Dringlichkeit und Bequemlichkeit – führt häufig zu Rügen oder Beanstandungen.

Fehler bei Dokumentation oder Wettbewerbsdurchführung führen oft zu Beanstandungen – so vermeiden Sie Prüfungsrisiken.
Wann Bundesstellen vergaberechtlich richtig handeln – und wann der Rechnungshof einschreitet.

4. Bedeutung für die Praxis

a) Fehlervermeidung

Die häufigsten Beanstandungen des Bundesrechnungshofs betreffen:

  • fehlende Dokumentation,
  • nicht nachvollziehbare Auswahlentscheidungen,
  • oder unzulässige Direktvergaben.

b) Konsequenzen bei Verstößen

Ein Verstoß gegen § 55 BHO macht den Vertrag nicht automatisch unwirksam, kann aber:

  • dienstrechtliche oder disziplinarische Maßnahmen,
  • politische Konsequenzen,
  • und negative Prüfergebnisse nach sich ziehen.

c) Compliance und interne Kontrolle

Viele Behörden implementieren interne Vergabeprüfstellen oder Compliance-Beauftragte, um Verstöße frühzeitig zu vermeiden.
Ein konsequentes Vier-Augen-Prinzip und ein digital dokumentiertes Vergabeverfahren (z. B. eVergabe-Systeme) erhöhen die Rechtssicherheit erheblich.

5. Verbindung zu UVgO und GWB

§ 55 BHO bildet das haushaltsrechtliche Fundament, während die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) und das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) die verfahrensrechtlichen Details regeln.

UVgO (Unterschwellenbereich):

  • Gilt für Liefer- und Dienstleistungen unterhalb der EU-Schwellenwerte,
  • konkretisiert die Vergabegrundsätze, insbesondere Dokumentation und Transparenz.

GWB (Oberschwellenbereich):

  • Regelt EU-weite Vergaben,
  • verpflichtet zur Veröffentlichung und europaweitem Wettbewerb,
  • schützt Bieterrechte und ermöglicht Nachprüfungsverfahren (§§ 155 ff. GWB).
Fehler bei Dokumentation oder Wettbewerbsdurchführung führen oft zu Beanstandungen – so vermeiden Sie Prüfungsrisiken.
Wann Bundesstellen vergaberechtlich richtig handeln – und wann der Rechnungshof einschreitet.

6. Fazit & Call-to-Action

§ 55 BHO ist mehr als eine haushaltsrechtliche Pflichtnorm – sie ist der Kern des öffentlichen Beschaffungswesens.
Sie verpflichtet zu Wettbewerb, Transparenz und Wirtschaftlichkeit – Grundprinzipien, die Vertrauen in staatliches Handeln schaffen.

Fehler in der Dokumentation oder bei der Auswahl des Vergabeverfahrens können teuer werden: Sie führen zu Beanstandungen, Imageschäden und im Extremfall zu finanziellen Rückforderungen.

Wer Vergabeverfahren rechtssicher gestalten will, braucht klare Strukturen, digitale Prozesse und geschultes Personal.

Wenn Sie Ihre Vergabeverfahren auf Rechtssicherheit und Prüffestigkeit überprüfen möchten, beraten wir Sie umfassend – von der Verfahrenswahl bis zur Dokumentationsstrategie.

Weiterführende Beiträge zum Vergaberecht und zur Haushaltskontrolle

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Max Hortmann
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