Klage gegen Crypto.com & Co: Wie Opfer von Krypto-Betrug, Bitcoin- und Love-Scam-Fällen vor Gericht Erfolg haben

Verfasst von
Max Hortmann
30 Oct 2025
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Klage gegen Crypto.com & Co – Was passiert, wenn Sie eine Krypto-Plattform wirklich verklagen?

Wer Crypto.com, Binance oder eine andere Krypto-Plattform verklagt, tut etwas, das viele Mandanten anfangs für „unmöglich“ halten – und was sich in der Praxis immer wieder als wirksam erweist. Eine Klage zwingt Plattformen, erstmals intern zu prüfen, was passiert ist, welche Wallets betroffen waren und ob die eigene Haftung vermieden werden kann. Wo vorher auf E-Mails geschwiegen wurde, antwortet nun eine Rechtsabteilung. Das Verfahren bringt Daten ans Licht – und oft mehr Bewegung als alle Anzeigen davor.

Wie RA Max N. M. Hortmann in seinem Aufsatz Plattformverantwortlichkeit und Datenzugang“ betont:

Die Zunahme von Betrugsfällen über internationale Kryptoplattformen wie crypto.com oder Binance stellt die anwaltliche Praxis vor neue Herausforderungen. Geschädigte Anleger verlieren erhebliche Vermögenswerte, während die Täter im Regelfall anonym bleiben […]. Für die Durchsetzung von Ersatzansprüchen rücken damit die Plattformbetreiber selbst in den Fokus.“

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Genau darum geht es in diesem Beitrag: Wie Sie als geschädigte Partei nicht nur Ihre Geschichte aufbereiten – sondern auch gerichtsfest vortragen, Beweise sichern und die Plattform zu einer echten Reaktion zwingen.

Juristische Grundlage: Wann kann man eine Krypto-Plattform verklagen?

Der Betrug beginnt meist nicht bei der Plattform, sondern bei Dritten: Romance-Scammer, vermeintliche Broker, Social-Media-Fakes. Doch das Geld landet – direkt oder indirekt – auf Wallets, die bei Plattformen wie Crypto.com geführt werden. Dort setzt die zivilrechtliche Verantwortung an.

Die Anspruchsgrundlagen:

  • § 826 BGB (sittenwidrige Schädigung)
  • § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB (Betrug)
  • §§ 812, 830 BGB (Bereicherung, Mittäter)

Ob die Plattform haftet, hängt davon ab, ob sie den Geldfluss ermöglicht, verschleiert oder nicht gestoppt hat, obwohl sie den Verdacht hätte erkennen können. Auch ohne eigenes Täuschen kann sie als faktische Verwalterin betrugsrelevanter Wallets haften – wenn technische oder organisatorische Mängel nachweisbar sind.

Klage gegen Crypto.com & Co: Wie man Krypto-Plattformen vor Gericht bringt – Beweise, Zuständigkeit, Taktik, Erfolgschancen.
Echte Personen in emotionalen, digitalen Kontexten – Symbolbilder für rechtliche Auseinandersetzungen bei Krypto-Betrug, Love Scam und Plattformhaftung.

Zuständigkeit und internationale Klagehürden

Viele Plattformen sitzen im Ausland (Singapur, Malta, Irland), haben aber deutschsprachige Websites und richten sich aktiv an deutsche Nutzer. Das eröffnet regelmäßig Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO: Schadenseintritt in Deutschland = Gerichtsstand. Die Plattform wird dann per Auslandszustellung erreicht (Haager Zustellungsübereinkommen, EuZustVO). Bei Erfolg wird das Urteil EU-weit vollstreckbar – ein nicht zu unterschätzendes Druckmittel.

Wie Plattformen auf Klagen reagieren – aus Sicht der Praxis

Phase 1 – Abwarten: Nach Klagezustellung folgt fast immer ein Antrag auf Fristverlängerung. Plattformen möchten Zeit gewinnen, um die Lage intern zu bewerten.
Phase 2 – Substanzprüfung: Sie prüfen, ob Beweise tragfähig sind, ob KYC-Daten oder Logs den Fall gefährlich machen.
Phase 3 – Taktische Verteidigung: Falls Klage nicht solide geführt ist, wird sie angegriffen: auf Unzuständigkeit, Form, unzureichende Substantiierung.
Phase 4 – Vergleich oder Blockade: Bei guter Beweislage werden Vergleiche sondiert – oft still, oft spät.

Wichtig: Je besser Ihre anwaltlich koordinierte Forensik ist, desto eher reagiert die Plattform. Wer sauber vorträgt, setzt sich durch.

Forensische Vorbereitung: Was Sie vor Klageeinreichung brauchen

Die Beweislast liegt beim Kläger. Sie müssen zeigen, dass:

  • Geld auf ein Wallet bei der Plattform geflossen ist.
  • dies durch Täuschung veranlasst war.
  • die Plattform organisatorisch hätte erkennen können/müssen, dass es sich um einen Betrug handelt.

Das bedeutet konkret:

  • Screenshots und Export der Wallet-Transaktionen (Hash, Betrag, Zeitstempel)
  • Chats, Mails, falsche „Broker“-Dokumente, Voice-Messages
  • Blockchain-Analyse mit Zielwallet (Chainalysis, TRM Labs etc.)
  • Auskunft aus Ermittlungsakten (nach Strafanzeige)

Außerdem müssen Sie mit Ihrem Anwalt klären:

  • Wurden zuvor ähnliche Fälle auf der Plattform gemeldet?
  • Wurde das Empfänger-Wallet mit KYC-Daten hinterlegt?
  • Wurden interne Warnsysteme ignoriert?

Beweisanträge vor Gericht: Wie man Plattformen zur Herausgabe zwingt

Kern der Strategie: Plattformdaten sichern. Gerichte können auf Antrag die Herausgabe folgender Daten anordnen:

  • KYC-Daten (Ident-Nachweise des Empfänger-Wallet-Inhabers)
  • IP-Logs, Zugriffshistorien, Authentifizierungsprotokolle
  • Transaktionsverläufe innerhalb der Plattform
  • Sicherheitsvermerke (verdächtiges Verhalten, gemeldete Fälle)

Was Plattformen tun:

  • Datenschutz einwenden
  • Serverstandort vorschieben
  • „Unkenntnis“ behaupten

Was Gerichte erwarten:

  • technisch präzise Anträge (nicht: „alle Daten bitte“, sondern: „Herausgabe von KYC und IP-Logs für Wallet XYZ123, Zeitraum …“)
  • darlegbare Erforderlichkeit für jeden einzelnen Beleg

Best Practice: Kombination aus Blockchain-Report, Chatbelegen und strukturiertem Zahlungsablauf. So lässt sich zeigen: „Ohne Plattformintervention war der Schaden nicht vermeidbar.“

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Mündliche Verhandlung: Wo Technik auf Recht trifft

In der mündlichen Verhandlung wird das Verfahren greifbar. Technische Details werden reduziert auf Kausalfragen:

  • Wusste die Plattform (durch Logs, frühere Meldungen, Auffälligkeiten), dass der Wallet-Nutzer betrügt?
  • Hätte sie (nach KYC, Transaktionsmustern) handeln müssen?
  • Hat sie es dennoch unterlassen?

Viele Richter:innen lassen Sachverständige erklären, wie Blockchain-Nachverfolgung funktioniert. Plattformanwälte weichen auf Standardantworten aus – es sei technisch unmöglich, Wallets intern zu prüfen. Faktisch ist das falsch. Ihre Forensik zeigt, wie es geht.

Oft folgt dann ein Beweisbeschluss – oder der Druck steigt, um Vergleich zu schließen. Plattformen scheuen öffentliche Urteile.

Bankpflichtverletzung mitdenken – und ggf. parallel klagen

Fast alle Betrugsopfer zahlen zuerst von ihrem Bankkonto – per SEPA, Kreditkarte oder Sofortüberweisung. Banken haben Warnpflichten (§ 675u BGB), wenn auffällige Zahlungen erfolgen (z. B. 50.000 € nach Malta mit Betreff „Bitcoin Investment“).
Wird ohne Rückfrage ausgeführt, liegt unter Umständen eine Organisationspflichtverletzung vor.

Parallelstrategie:
– Klage gegen Plattform: wegen Untätigkeit / KYC-Mängel
– Klage gegen Bank: wegen Sorgfaltspflichtverletzung
Zwei parallele Verfahren – jeweils mit eigenem Ziel.
Gerichte erkennen die Verbindung und berücksichtigen, ob beide Akteure den Schaden mitverursacht haben.

Wie lange dauert das – und wie realistisch ist ein Erfolg?

Erfahrungsgemäß:

  • 3–6 Monate bis zur ersten Reaktion der Plattform
  • 6–12 Monate bis zur Beweisaufnahme
  • 12–18 Monate bis zum Urteil oder Vergleich

Was Banken oft machen:
– hart bleiben bis zur Beweisaufnahme
– dann still anbieten, einen Teil des Schadens zu übernehmen (z. B. 50–70 %)
– gleichzeitig verlangen, dass das Urteil nicht veröffentlicht wird

Was Plattformen oft machen:
– blockieren so lange wie möglich
– aber bei guter Beweislage (v. a. öffentlichem Interesse, strukturiertem Betrugsnetz) kommt Bewegung
– häufig werden Rückzahlungen angeboten „ohne Schuldanerkenntnis“, um das Verfahren zu beenden

Klage gegen Crypto.com & Co: Wie man Krypto-Plattformen vor Gericht bringt – Beweise, Zuständigkeit, Taktik, Erfolgschancen.
Echte Personen in emotionalen, digitalen Kontexten – Symbolbilder für rechtliche Auseinandersetzungen bei Krypto-Betrug, Love Scam und Plattformhaftung.

Fazit: Klage ist kein Symbolakt – sondern die einzige Sprache, die Plattformen verstehen

Wer Crypto.com, Binance oder ähnliche Plattformen zivilrechtlich angreift, braucht Geduld, Struktur und Strategie. Doch der Effekt ist real: Plattformen, die vorher nicht reagierten, öffnen interne Datensysteme, wenn ein Gericht es verlangt.
Beweise lassen sich sichern, Wallets identifizieren, Täter verfolgen.
Und: Gerichte akzeptieren mittlerweile, dass Plattformen nicht völlig haftungsfrei sind – wer prüft, wann gehandelt werden muss, wird belohnt.

Kurz gesagt:
Wer die Beweiskette „Täuschung – Zahlung – Plattform“ sauber dokumentiert und juristisch konsequent verfolgt, hat reale Erfolgsaussichten – sei es durch Urteil oder stillen Vergleich. Entscheidend ist, dass Sie klagen – nicht warten. Denn erst dann beginnt sich der Fall zu drehen.

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