Rechnungshof- und Innenrevision – Vergabeprüfung in der Praxis

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01 Nov 2025
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Rechnungshof- und Innenrevision – Vergabeprüfung in der Praxis

Einleitung

Kaum ein Bereich steht so oft im Fokus öffentlicher Prüfungen wie die Vergabe öffentlicher Aufträge.
Bundes- und Landesrechnungshöfe prüfen regelmäßig, ob öffentliche Mittel wirtschaftlich, transparent und ordnungsgemäß verwendet wurden.
Fehler in der Dokumentation oder unklare Entscheidungen gelten dabei nicht als „Kleinigkeiten“, sondern als schwerwiegende Mängel – mit Folgen von Beanstandungen bis hin zu Rückforderungen und Disziplinarmaßnahmen.

Dieser Beitrag zeigt, was Rechnungshöfe bei Vergaben konkret prüfen, welche Fehler besonders häufig auftreten und wie Auftraggeber sich professionell auf Prüfungen vorbereiten können.

1. Prüfungsauftrag der Rechnungshöfe

a) Rechtsgrundlage

Die Prüfkompetenz der Rechnungshöfe ergibt sich aus:

  • §§ 88 ff. BHO (Bundesrechnungshof) und den entsprechenden Vorschriften der Landeshaushaltsordnungen (LHO),
  • § 91 BHO – Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit,
  • sowie aus Art. 114 GG, der dem Rechnungshof die Kontrolle der gesamten Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes zuweist.

b) Ziel der Prüfungen

Der Rechnungshof prüft:

  • ob Vergabeverfahren rechtskonform durchgeführt wurden,
  • ob Mittel wirtschaftlich und sparsam eingesetzt wurden,
  • und ob die Dokumentation vollständig und nachvollziehbar ist.

Es geht also nicht nur um formale Fehler, sondern auch um die sachgerechte Verwendung öffentlicher Mittel.

2. Dokumentationspflicht – das zentrale Prüfkriterium

Die Vergabedokumentation ist das wichtigste Element jeder Prüfung.
Nach § 8 VgV und § 20 UVgO müssen alle wesentlichen Schritte des Verfahrens zeitnah, fortlaufend und vollständig dokumentiert werden.

a) Anforderungen

Die Dokumentation muss enthalten:

  • Bedarfsfeststellung und Wertgrenzenprüfung,
  • Wahl und Begründung der Vergabeart,
  • Eignungs- und Zuschlagskriterien,
  • Wertung der Angebote und Zuschlagsentscheidung,
  • Begründung von Ausnahmen (z. B. Direktvergabe, Dringlichkeit),
  • Vergabevermerk mit abschließender Bewertung.

b) Prüfungsfokus

Rechnungshöfe achten besonders darauf, ob:

  • die Dokumentation fortlaufend geführt wurde,
  • alle Entscheidungen nachvollziehbar begründet sind,
  • und die Verfahrensunterlagen (z. B. Bieterkommunikation, Bewertungsmatrizen) abrufbar sind.

Fehlt auch nur ein Schritt, wird dies regelmäßig als Verstoß gegen das Transparenzgebot (§ 97 Abs. 1 GWB) gewertet.

3. Transparenz und Nachvollziehbarkeit

Das Transparenzgebot ist der Prüfungsmaßstab schlechthin.
Es verlangt, dass sämtliche Verfahrensentscheidungen nachvollziehbar dokumentiert werden – sowohl für Bieter als auch für Prüfstellen.

a) Konsequenzen bei Verstößen

  • Fehlende oder unklare Begründungen für den Zuschlag führen zur Beanstandung und können zur Aufhebung des Verfahrens führen.
  • Unzureichende Transparenz wird als struktureller Mangel gewertet, selbst wenn kein Schaden entstanden ist.

b) Beispiel aus der Praxis

In mehreren Prüfberichten wurde beanstandet, dass Vergabeentscheidungen nur intern per E-Mail dokumentiert wurden.
Der Rechnungshof bewertete dies als unzureichende Dokumentation – die Verfahren mussten nachträglich offengelegt oder wiederholt werden.

4. Wirtschaftlichkeitsprüfung

Rechnungshöfe prüfen nicht nur die formale Rechtmäßigkeit, sondern auch die materielle Wirtschaftlichkeit der Vergabeentscheidung.

a) Prüfkriterien

  • Wurde der Bedarf korrekt ermittelt?
  • Wurden alternative Beschaffungswege geprüft (z. B. Rahmenverträge, Kooperationen)?
  • Entsprach der Zuschlag dem wirtschaftlichsten Angebot (§ 127 GWB)?
  • Wurden Lebenszykluskosten berücksichtigt?

b) Begründungspflicht

Wenn ein teureres Angebot gewählt wurde, muss dies ausführlich und nachvollziehbar begründet sein – etwa durch bessere Qualität, kürzere Lieferzeiten oder niedrigere Folgekosten.

5. Häufige Beanstandungen

  1. Unvollständige Vergabevermerke
    – Entscheidungen fehlen oder sind nur mündlich getroffen worden.
  2. Fehlerhafte Wertungskriterien
    – Zuschlagsentscheidungen basieren auf nicht dokumentierten Bewertungsmaßstäben.
  3. Unzulässige Direktvergaben
    – Eilentscheidungen ohne ausreichende Begründung oder ohne Bekanntmachung.
  4. Fehlende Wirtschaftlichkeitsnachweise
    – Keine Kosten-Nutzen-Vergleiche oder nicht nachvollziehbare Zuschlagsbegründungen.
  5. Unzureichende Archivierung
    – Unterlagen werden gelöscht oder sind im digitalen System nicht mehr auffindbar.

Ergebnis:
Solche Mängel führen zu Beanstandungen, Nachprüfungen durch Fördermittelgeber oder interner Disziplinarprüfung.

6. Vorbereitung auf Prüfungen

Rechnungsprüfungen kommen oft unangekündigt oder im Rahmen von Routinekontrollen.
Eine gute Vorbereitung minimiert Risiken und schafft Vertrauen bei Prüfern.

a) Lückenlose Dokumentation

  • Jede Entscheidung zeitnah schriftlich festhalten,
  • Änderungen oder Nachträge eindeutig kennzeichnen,
  • digitale und analoge Unterlagen konsistent führen.

b) Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen

  • Alle Begründungen müssen in sich schlüssig und objektiv sein.
  • Zuschlagsentscheidungen sollten mit Bewertungsmatrix und Punktesystem belegt werden.

c) Checkliste für Prüfungen

  • Ist der Vergabevermerk vollständig?
  • Sind alle Angebote und Wertungen nachvollziehbar archiviert?
  • Gibt es eine Begründung für die Wahl der Vergabeart?
  • Wurden Haushaltsgrundsätze (§ 7 BHO/LHO) eingehalten?

7. Innenrevision als Prävention

Eine funktionierende Innenrevision ist der beste Schutz vor Beanstandungen durch Rechnungshöfe.
Sie prüft intern:

  • die Einhaltung von Vergabevorschriften,
  • die Dokumentationsqualität,
  • und die Ordnungsmäßigkeit der Mittelverwendung.

Viele Behörden führen interne Vergabeaudits durch, um frühzeitig Schwachstellen zu erkennen.
Diese Selbstkontrolle stärkt die Compliance und kann im Prüfungsfall als mildernder Faktor gewertet werden.

8. Konsequenzen bei Mängeln

  • Beanstandung durch den Rechnungshof mit öffentlicher Wirkung,
  • Nachforderung oder Sperrung von Haushaltsmitteln,
  • Rückforderungen von Fördermitteln,
  • Disziplinarverfahren gegen Verantwortliche,
  • in seltenen Fällen: politische und mediale Folgen.

Eine nachträgliche Korrektur ist oft schwierig – deshalb ist präventive Compliance der sicherste Weg.

9. Fazit & Call-to-Action

Rechnungshofprüfungen sind kein formaler Akt, sondern der zentralste Kontrollmechanismus der öffentlichen Verwaltung.
Wer seine Vergabeprozesse sauber dokumentiert, transparent gestaltet und wirtschaftlich begründet, hat nichts zu befürchten.

Schwache Dokumentation gilt dagegen als schwerer Verstoß gegen Haushalts- und Vergaberecht.
Mit professioneller Vorbereitung lassen sich Risiken minimieren und Prüfungen souverän bestehen.

Wenn Sie Ihre Vergabeprozesse revisionssicher gestalten oder eine bevorstehende Prüfung vorbereiten möchten, beraten wir Sie strukturiert und praxiserprobt – von der Dokumentation bis zum Auditkonzept.

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