Rechtsfähige vs. treuhänderische Stiftung

Verfasst von
Max Hortmann
09 Jul 2025
Lesezeit:
6
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Rechtsfähige vs. treuhänderische Stiftung – zwei Wege zum Stiftungsziel

Stiftungsziel
Stiftungsziel

Rechtsfähige vs. treuhänderische Stiftung – zwei Wege zum Stiftungsziel

Wer eine Stiftung gründen möchte, steht vor einer grundlegenden Entscheidung: Soll die Stiftung rechtsfähig sein oder als treuhänderische (nichtrechtsfähige) Stiftung organisiert werden? Beide Modelle haben sich in der Praxis bewährt – unterscheiden sich aber erheblich in Bezug auf Rechtspersönlichkeit, Verwaltung, Aufsicht und Flexibilität.

In diesem Beitrag vergleichen wir die rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts mit der treuhänderischen Stiftung, zeigen ihre jeweiligen Vor- und Nachteile auf und helfen dabei, die richtige Struktur für Ihre Ziele zu wählen.

1. Die rechtsfähige Stiftung – klassisch, dauerhaft, eigenständig

Die rechtsfähige Stiftung entsteht durch ein Stiftungsgeschäft und bedarf der Anerkennung durch die zuständige Stiftungsbehörde. Sie ist eine eigene juristische Person und trägt ihre Rechte und Pflichten selbst.

Kernmerkmale:

  • Eigene Rechtspersönlichkeit (§ 80 BGB)
  • Staatliche Anerkennung erforderlich
  • Umfassende Stiftungsaufsicht durch das jeweilige Bundesland
  • Vermögen gehört der Stiftung selbst
  • Eintrag in das Stiftungsverzeichnis in vielen Bundesländern

Vorteile:

  • Hoher rechtlicher Status und Außenwirkung
  • Selbstständige Trägerin von Rechten und Pflichten
  • Dauerhafte Struktur mit hoher institutioneller Stabilität
  • Gilt oft als besonders glaubwürdig und professionell

Nachteile:

  • Gründungsprozess ist aufwändiger (Behördenkontakt, Anerkennungsverfahren)
  • Weniger flexibel bei Änderungen (z. B. Satzung oder Zweck)
  • Laufende Berichtspflichten und Aufsicht

2. Die treuhänderische Stiftung – flexibel und schnell gegründet

Die treuhänderische oder nichtrechtsfähige Stiftung entsteht durch einen Vertrag zwischen dem Stifter und einem Treuhänder (z. B. Privatperson, Verein oder eine bereits bestehende Stiftung). Diese Stiftung besitzt keine eigene Rechtspersönlichkeit – sie „hängt“ rechtlich am Treuhänder.

Kernmerkmale:

  • Keine eigene Rechtspersönlichkeit
  • Keine behördliche Anerkennung erforderlich
  • Keine Stiftungsaufsicht, sondern vertragliche Kontrolle
  • Vermögen bleibt im Eigentum des Treuhänders (Sondervermögen)

Vorteile:

  • Sehr schnelle und unbürokratische Gründung möglich
  • Geringere Gründungs- und Verwaltungskosten
  • Flexibel in Satzungsgestaltung und Auflösung
  • Ideal für Pilotprojekte oder kleinere Förderziele

Nachteile:

  • Kein eigenes Rechtssubjekt (kein Eigentum, keine Klagebefugnis)
  • Weniger öffentliche Wirkung
  • Abhängig von Zuverlässigkeit und Dauer des Treuhänders
  • Weniger dauerhaft angelegt

3. Steuerliche Gleichbehandlung beider Modelle

Sowohl die rechtsfähige als auch die treuhänderische Stiftung können steuerlich als gemeinnützig anerkannt werden, sofern sie die Voraussetzungen der §§ 51 ff. AO erfüllen. Die Wahl der Rechtsform hat auf die steuerlichen Begünstigungen grundsätzlich keinen Einfluss.

Wichtig:

Ein wesentlicher Unterschied besteht bei der Ersatzerbschaftsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG): Diese greift nur bei rechtsfähigen Familienstiftungen, nicht bei treuhänderischen Stiftungen. Dies kann bei familiärer Zweckausrichtung relevant werden.

4. Wann eignet sich welche Stiftungsform?

KriteriumRechtsfähige StiftungTreuhänderische StiftungRechtspersönlichkeitJa (juristische Person)Nein (Sondervermögen beim Treuhänder)GründungsdauerWochen bis Monate (mit Anerkennung)Tage bis wenige Wochen (Vertrag)KostenHöher (Notar, Behörde, Aufsicht)Geringer (Vertragsgestaltung)FlexibilitätEingeschränktHochÖffentliche WirkungStarkBegrenztStiftungsaufsichtJa (Landesbehörde)Nein (nur zivilrechtlich)Steuerlich gemeinnützigJaJaErsatzerbschaftsteuerJa (bei Familienstiftung)Nein

5. Praxisempfehlung und hybride Lösungen

  • Für große, dauerhafte Fördervorhaben mit öffentlichkeitswirksamer Ausrichtung ist die rechtsfähige Stiftung oft die bessere Wahl.
  • Für kleinere Projekte, temporäre Förderziele oder Testphasen bietet sich die treuhänderische Stiftung an – sie kann später in eine rechtsfähige umgewandelt werden.
  • In der Praxis kann auch eine Kombination sinnvoll sein: z. B. eine treuhänderische Stiftung in der Startphase, später umgewandelt in eine rechtsfähige Stiftung mit institutioneller Stabilität.

FAQs zur Wahl der Stiftungsform

  1. Welche Stiftungsform genießt mehr Ansehen in der Öffentlichkeit?
    Die rechtsfähige Stiftung hat in der Regel mehr öffentliche Sichtbarkeit und Reputation, insbesondere bei größeren Förderprojekten oder institutionellen Partnern.
  2. Kann eine treuhänderische Stiftung später in eine rechtsfähige umgewandelt werden?
    Ja, viele Stiftungen beginnen als treuhänderische Konstruktion und werden später – nach erfolgreicher Pilotphase – rechtsfähig gemacht.
  3. Welche Form ist schneller gegründet?
    Die treuhänderische Stiftung kann in wenigen Tagen durch einen einfachen Vertrag errichtet werden – ohne behördliches Verfahren.
  4. Gilt die steuerliche Gemeinnützigkeit auch bei treuhänderischen Stiftungen?
    Ja. Voraussetzung ist, dass die Satzung (bzw. der Vertrag) den Vorgaben der Abgabenordnung (§§ 51 ff. AO) entspricht.
  5. Wann ist die rechtsfähige Stiftung alternativlos?
    Wenn es um dauerhafte Vermögensbindung, hohe Fördersummen oder gesetzlich geregelte Aufgaben (z. B. in der Wissenschaft) geht, führt oft kein Weg an der rechtsfähigen Stiftung vorbei.

Die Wahl der Stiftungsform ist keine bloße Formalie – sie entscheidet über Flexibilität, Wirkung und Verwaltung. Ob treuhänderisch, rechtsfähig oder kombiniert: Wir helfen Ihnen, die passende Struktur für Ihre Ziele zu finden – rechtssicher, steuerlich optimal und zukunftsorientiert.

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Max Hortmann
Rechtsanwalt
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