Form und Digitalisierung – E-Signatur, DocuSign und PDF-Fallen

Verfasst von
Max Hortmann
28 Oct 2025
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Form und Digitalisierung – E-Signatur, DocuSign und PDF-Fallen

Einleitung

Die Digitalisierung hat die Art, wie Miet- und Geschäftsverträge abgeschlossen werden, revolutioniert.
Während Papier und Tinte früher Rechtsverbindlichkeit symbolisierten, genügen heute wenige Klicks auf einer Plattform wie DocuSign, um ein Millionenobjekt zu vermieten.
Doch die Rechtssicherheit dieser Prozesse hängt an einer entscheidenden Frage: Welche elektronische Signatur wahrt die Schriftform nach § 126 a BGB – und welche nicht?

Der Beitrag erläutert die drei Signaturstufen (einfach, fortgeschritten, qualifiziert), zeigt, wie elektronische Vertragsabschlüsse rechtlich einzuordnen sind und welche Risiken sich aus sogenannten „PDF-Fallen“ ergeben.
Gerade institutionelle Vermieter, Fonds und PropTech-Unternehmen stehen hier vor einer Compliance-Herausforderung: Digitalisierung ja, aber rechtssicher.

Elektronische Signaturen – Arten und Zulässigkeit

1. Einfache elektronische Signatur

Sie ist die niedrigste Stufe: ein Name unter einer E-Mail, ein eingescanntes Autogramm oder ein Textfeld mit „gez. Max Hortmann“.
Rechtlich gilt sie nur dann, wenn keine gesetzliche Schriftform vorgeschrieben ist.
Ihr Beweiswert ist gering, Manipulationen sind möglich.
Nach Bernhardt/Leeb (jurisPK-Internetrecht 2024, Kap. 6) genügt sie für interne Kommunikation, aber nicht für Miet- oder Arbeitsverträge.

2. Fortgeschrittene elektronische Signatur

Sie identifiziert den Unterzeichner eindeutig und erkennt nachträgliche Änderungen.
Technisch basiert sie meist auf Zertifikaten qualifizierter Anbieter (H. Müller, jurisPK-ERV 2025).
Sie ist sicherer, aber rechtlich noch keine Ersatzform der Schriftform: Ihr Beweiswert ist höher, die Formwirkung bleibt beschränkt (§ 371 a ZPO).

3. Qualifizierte elektronische Signatur (qeS)

Sie ist die digitale Königsdisziplin:
Eine fortgeschrittene Signatur, erstellt mit einem qualifizierten Zertifikat durch eine geprüfte Signaturerstellungseinheit.
Nach Art. 3 Nr. 12 eIDAS-VO und § 126 a BGB ersetzt sie die eigenhändige Unterschrift vollständig.
Sie ist daher zwingend, wenn Gesetze Schriftform vorschreiben – etwa bei befristeten Miet- oder Arbeitsverträgen.

Arntzen (jurisPR-HaGesR 5/2020) betont: Nur die qeS erfüllt die Schutz- und Warnfunktion der traditionellen Unterschrift.

Praxis: Wie DocuSign & Co. genutzt werden

Digitale Vertragsplattformen wie DocuSign, Adobe Sign oder Skribble ermöglichen alle drei Signaturstufen.
In der Praxis setzen Unternehmen meist auf fortgeschrittene Signaturen, weil sie schneller und günstiger sind.
Doch genau hier lauert die PDF-Falle: Wird ein Vertrag, der eigentlich Schriftform verlangt, nur mit einer fortgeschrittenen Signatur versehen, ist er formnichtig.

Institutionelle Vermieter sollten daher prüfen:

  • Welcher Signaturtyp ist aktiviert?
  • Welche Prozesse dokumentieren Authentifizierung und Archivierung?
  • Liegt ein Nachweis über qualifizierte Zertifikate vor?

Scriba/Liesegang (ZVertriebsR 2021, 348) empfehlen, dass Compliance-Systeme in Konzernen verbindlich festlegen, wann eine qualifizierte Signatur zwingend ist.

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Digitale Compliance und Beweiswert

Die elektronische Signatur schafft neue Pflichten:
Jede Unterzeichnung muss nicht nur authentisch, sondern auch nachvollziehbar sein.
Der Beweiswert ergibt sich aus drei Elementen:

  1. Identität des Unterzeichners,
  2. Integrität des Dokuments,
  3. Unveränderbarkeit des Signaturzertifikats.

§ 371 a ZPO regelt, dass ein elektronisches Dokument den vollen Beweiswert nur erhält, wenn es ordnungsgemäß signiert ist.
Fehlt eine dieser Voraussetzungen, kann das Gericht Beweis nur „nach freier Überzeugung“ (§ 286 ZPO) würdigen – ein erhebliches Prozessrisiko.

Technische Anforderungen und Implementierung

Qualifizierte Signaturen setzen zertifizierte Hardware und Software voraus: Signaturkarten, HSM-Module oder spezielle Trust-Center-Anbindungen.
Nach Zeller-Müller (Gosch AO/FGO 2025) entstehen dadurch höhere Kosten und längere Bearbeitungszeiten.
Viele Unternehmen nutzen daher hybride Modelle: interne Freigaben digital, Endsignatur qualifiziert.

Best Practice:

  • Nutzung national zertifizierter Anbieter (z. B. D-Trust, Swisscom).
  • Dokumentation der Signaturprüfung in der Vertragsakte.
  • Archivierung im unveränderbaren PDF/A-Format.

PDF-Fallen und Formnichtigkeit

Die vermeintliche Einfachheit digitaler Dokumente ist trügerisch.
Wird ein Vertrag im Word- oder PDF-Format geändert, nachdem eine Signatur angebracht wurde, verliert diese ihre Gültigkeit.
Auch das bloße Hochladen eines gescannten Dokuments in DocuSign ohne Signaturzertifikat bewirkt keine Schriftform.

Die häufigsten Fehler:

  • Unterschrift als JPEG eingefügt;
  • Vertrag nach Signatur erneut gespeichert;
  • Nutzung nicht-qualifizierter Signatur bei Mietverträgen.

Diese Fehler führen im Ergebnis dazu, dass das Dokument formnichtig ist.
Die Parteien glauben an Vertragssicherheit, tatsächlich ist der Vertrag kündbar oder unwirksam – die klassische PDF-Falle.

Rechtsprechung und Literatur

  • § 126 a BGB: Gleichstellung der qeS mit handschriftlicher Signatur.
  • Art. 25 eIDAS-VO: Anerkennung der qeS in allen EU-Mitgliedstaaten.
  • H. Müller (§ 98 VwGO, jurisPK-ERV 2025): Fortgeschrittene Signaturen genügen nicht, wenn das Gesetz Schriftform verlangt.
  • Abels/Deck/Rausch/Pauken (Arbeitsrecht 2025): Befristete Verträge nur mit qeS wirksam.

Damit steht fest: Nur qualifizierte elektronische Signaturen erfüllen die strengen Anforderungen, die § 550 BGB oder § 126 BGB an langfristige Mietverträge stellen.

Ökonomische Bedeutung und Mandatsnutzen

Die Einführung rechtssicherer E-Signaturen ist mehr als Technik – sie ist Compliance- und Haftungsmanagement.
Gerade institutionelle Vermieter, Banken und Family Offices, die täglich digital signieren, müssen nachweisen, dass ihre Systeme den gesetzlichen Anforderungen genügen.

Mandatsnutzen für Kanzleien:

  • Prüfung und Auditierung von E-Signatur-Workflows.
  • Beratung bei der Implementierung qualifizierter Signaturprozesse.
  • Schulung von Mandanten im sicheren Umgang mit DocuSign & Co.

So wird Digitalisierung zur Chance: Wer sie rechtssicher beherrscht, gewinnt Geschwindigkeit, Transparenz und Beweisstärke – statt Haftungsrisiken.

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Fazit

Digitale Signaturen sind gekommen, um zu bleiben – aber nicht jede ist rechtswirksam.
Nur die qualifizierte elektronische Signatur ersetzt die handschriftliche Unterschrift vollständig.
Wer Verträge ausschließlich elektronisch abwickelt, muss seine Prozesse regelmäßig prüfen und dokumentieren.

Institutionelle Vermieter sollten Signaturarten festlegen, Zertifikate verwalten und jedes Dokument nachvollziehbar archivieren.
So wird aus Digitalisierung nicht ein Risiko, sondern ein Wettbewerbsvorteil mit juristischer Absicherung.

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Fazit & Kontakt
Die Schriftform ist mehr als Formalie – sie ist ein juristisches Werkzeug.
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Max Hortmann
Rechtsanwalt
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