Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit – Pflicht im Vergaberecht (§ 7 BHO/LHO)

Verfasst von
Max Hortmann
01 Nov 2025
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Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit – Pflicht im Vergaberecht (§ 7 BHO/LHO)

Einleitung

Im öffentlichen Beschaffungswesen gilt kein anderes Prinzip so kompromisslos wie das der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. § 7 BHO (Bundeshaushaltsordnung) und die entsprechenden Vorschriften der Landeshaushaltsordnungen (LHO) verpflichten alle staatlichen Auftraggeber, jeden Euro effizient, zweckmäßig und nachvollziehbar einzusetzen.
Das bedeutet: Kein Auftrag darf teurer oder aufwendiger vergeben werden, als es zur Erfüllung des Zwecks erforderlich ist.

Doch Wirtschaftlichkeit ist mehr als der Preis. Sie umfasst Lebenszykluskosten, Nachhaltigkeit, Qualität und Vergabeprozesskosten. Dieser Beitrag erklärt, wie Vergabestellen das Wirtschaftlichkeitsgebot rechtssicher umsetzen – und welche Prüfungsrisiken bei Missachtung drohen.

1. Gesetzliche Grundlage (§ 7 BHO und LHO)

Nach § 7 Abs. 1 BHO gilt:

„Bei Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans sind die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten.“

Das bedeutet für die Vergabepraxis:

  • Sparsamkeit heißt: keine unnötigen Ausgaben.
  • Wirtschaftlichkeit heißt: das beste Verhältnis von Kosten und Nutzen zu erzielen.

Diese Grundsätze gelten für:

  • alle Vergabeverfahren (öffentliche, beschränkte und freihändige Vergabe),
  • alle Ebenen des Bundes, der Länder und Kommunen,
  • auch für Zuwendungsempfänger, die Mittel nach § 44 BHO/LHO verwenden.

2. Wirtschaftlichkeit als Leitprinzip der Vergabe

a) Kosten-Nutzen-Verhältnis

Wirtschaftlichkeit bedeutet, dass Auftraggeber das optimale Ergebnis mit den geringsten Gesamtkosten erreichen müssen – nicht zwangsläufig das billigste Angebot.
Zu berücksichtigen sind:

  • Anschaffungskosten,
  • Betriebs-, Wartungs- und Entsorgungskosten,
  • Lebenszykluskosten und Folgekosten,
  • qualitative und funktionale Mehrwerte.

b) Auswahl nach dem wirtschaftlichsten Angebot

Gemäß § 127 Abs. 1 GWB wird der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt – unter Berücksichtigung von:

  • Preis oder Kosten,
  • Qualitäts-, Umwelt- oder Sozialkriterien,
  • Service- und Folgekosten.

Ein reines „Billigstbieterprinzip“ ist also unzulässig.

c) Nachhaltigkeit als Teil der Wirtschaftlichkeit

Seit der Vergaberechtsmodernisierung 2016 können nachhaltige und soziale Aspekte in die Wirtschaftlichkeitsbewertung einbezogen werden (§ 97 Abs. 3 GWB).
Beispiel: Energieeffiziente Geräte oder klimaneutrale Transportdienstleistungen gelten als wirtschaftlicher, auch wenn der Anschaffungspreis höher ist.

3. Sparsamkeit als Haushaltsprinzip

Sparsamkeit ist die pflichtgemäße Zurückhaltung bei Ausgaben.
Behörden dürfen nur Mittel verwenden, die:

  • erforderlich und angemessen sind,
  • zweckentsprechend eingesetzt werden,
  • und ordnungsgemäß nachgewiesen werden können.

Ein Verstoß gegen das Sparsamkeitsgebot liegt vor, wenn:

  • ohne Wettbewerb vergeben wird,
  • teurere Angebote ohne sachlichen Grund bevorzugt werden,
  • der Beschaffungsumfang nicht erforderlich war.
Vergabestellen müssen jeden Euro rechtfertigen – wer zu teuer beschafft, riskiert Verstöße gegen Haushaltsrecht.
Pflicht zur Wirtschaftlichkeit

4. Dokumentationspflicht und Nachweis der Wirtschaftlichkeit

Die Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots ist nachweispflichtig.
Das bedeutet: Auftraggeber müssen alle relevanten Entscheidungen vollständig dokumentieren (§ 8 UVgO, § 20 VgV).

Pflichtinhalte der Vergabedokumentation:

  • Beschreibung des Beschaffungsbedarfs,
  • Gründe für die Wahl der Vergabeart,
  • Wertungskriterien und Gewichtung,
  • Begründung der Zuschlagsentscheidung,
  • Wirtschaftlichkeitsbewertung (Kostenvergleich, Bewertungsmatrix).

Praxis-Tipp:
Jede Entscheidung muss auch im Nachhinein prüffähig sein – insbesondere für Rechnungshöfe, Aufsichtsbehörden oder Zuwendungsgeber.

5. Prüfungs- und Kontrollinstanzen

a) Bundesrechnungshof und Landesrechnungshöfe

Der Bundesrechnungshof prüft, ob die Vergabe wirtschaftlich, sparsam und ordnungsgemäß erfolgte (§§ 88 ff. BHO).
Typische Beanstandungen betreffen:

  • unzureichende Wirtschaftlichkeitsvergleiche,
  • mangelnde Dokumentation,
  • fehlerhafte Wahl der Vergabeart,
  • unzulässige Direktvergaben.

b) Innenrevision und Zuwendungsprüfungen

Auch interne Kontrollstellen oder Zuwendungsgeber prüfen die Wirtschaftlichkeit.
Zuwendungsempfänger (§ 44 BHO) müssen nachweisen, dass sie die Mittel zweckentsprechend und wirtschaftlich verwendet haben.

6. Folgen bei Verstößen

Ein Verstoß gegen § 7 BHO/LHO ist kein bloßer Formfehler – er kann:

  • disziplinarrechtliche Konsequenzen für Verantwortliche nach sich ziehen,
  • Rückforderungen von Zuwendungen auslösen,
  • oder zur Beanstandung durch den Rechnungshof führen.

Bei schwerwiegenden Verstößen droht zudem:

  • der Verlust von Fördermitteln,
  • oder die Anfechtung und Rückabwicklung von Verträgen, wenn Haushaltsmittel rechtswidrig eingesetzt wurden.

7. Best Practice für Auftraggeber

  1. Wirtschaftlichkeitsvergleich durchführen – vor jeder Beschaffung, idealerweise mit standardisierten Bewertungsmethoden.
  2. Vergabevermerk dokumentieren – alle Entscheidungen nachvollziehbar festhalten.
  3. Vier-Augen-Prinzip etablieren – Kontrolle durch unabhängige Prüfer.
  4. Lebenszykluskosten berücksichtigen – nicht nur Anschaffungspreis.
  5. Interne Schulungen – für Mitarbeiter im Vergabewesen, um Fehlentscheidungen zu vermeiden.
  6. Digitale Vergabesysteme – erhöhen Transparenz und Nachvollziehbarkeit.
Vergabestellen müssen jeden Euro rechtfertigen – wer zu teuer beschafft, riskiert Verstöße gegen Haushaltsrecht.
Pflicht zur Wirtschaftlichkeit

Fazit & Call-to-Action

§ 7 BHO und die entsprechenden Vorschriften der Landeshaushaltsordnungen verpflichten Vergabestellen, wirtschaftlich, sparsam und transparent zu handeln.
Jede Entscheidung muss objektiv nachvollziehbar und prüffähig dokumentiert sein – vom Beschaffungsbedarf bis zur Zuschlagsvergabe.

Fehler bei der Dokumentation oder überteuerte Beschaffungen gefährden nicht nur Projekte, sondern auch die persönliche Verantwortung der handelnden Personen.

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