Zuschlagsverbot und einstweiliger Rechtsschutz – Verfahren stoppen in letzter Minute

Verfasst von
Max Hortmann
01 Nov 2025
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Zuschlagsverbot und einstweiliger Rechtsschutz – Verfahren stoppen in letzter Minute

Einleitung

Wenn der Zuschlag in einem millionenschweren Vergabeverfahren unmittelbar bevorsteht, zählt oft jede Sekunde.
Für Bieter ist der einstweilige Rechtsschutz das entscheidende Instrument, um einen Zuschlag in letzter Minute zu stoppen und die Chancen auf eine faire Nachprüfung zu sichern.

Das Zuschlagsverbot nach § 169 GWB und der einstweilige Rechtsschutz bilden das Herzstück des Primärrechtsschutzes im Vergaberecht.
Sie verhindern, dass durch vorschnelle Zuschläge vollendete Tatsachen geschaffen werden, bevor über die Rechtmäßigkeit des Verfahrens entschieden wurde.

1. Das Zuschlagsverbot (§ 169 Abs. 1 GWB)

a) Automatische Wirkung

Mit der Zustellung eines Nachprüfungsantrags an den Auftraggeber tritt das Zuschlagsverbot automatisch in Kraft (§ 169 Abs. 1 GWB).
Ab diesem Zeitpunkt darf kein Zuschlag mehr erteilt werden – selbst wenn der Auftraggeber den Antrag für unbegründet hält.

Zweck:

  • Schutz der Bieterrechte,
  • Sicherung der Überprüfbarkeit,
  • Verhinderung irreversibler Auftragsvergaben.

Praxisbeispiel:
Ein Bieter beantragt bei der Vergabekammer die Nachprüfung der Wertungskriterien.
Sobald der Antrag dem Auftraggeber zugestellt wird, ist der Zuschlag blockiert, bis die Vergabekammer entschieden hat.

b) Dauer und Ende des Zuschlagsverbots

Das Zuschlagsverbot besteht, bis:

  1. die Vergabekammer eine Entscheidung trifft (§ 169 Abs. 2 GWB),
  2. das Verfahren anderweitig beendet wird,
  3. oder der Antrag zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

Verlängerung:
In Ausnahmefällen kann das Gericht das Zuschlagsverbot verlängern, wenn ein Beschwerdeverfahren beim Oberlandesgericht (OLG) anhängig ist (§ 173 GWB).
Das OLG kann die Wirkung des Zuschlagsverbots auch vorläufig anordnen, bis es über die Beschwerde entschieden hat.

c) Verstöße gegen das Zuschlagsverbot

Wird der Zuschlag trotz laufenden Verbots erteilt, ist der Vertrag unwirksam (§ 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB).
Das bedeutet:

  • Der Vertrag gilt als nichtig,
  • die Leistung muss rückabgewickelt werden,
  • und die Vergabestelle riskiert disziplinarrechtliche Konsequenzen.

Selbst bei Dringlichkeit oder politischem Druck darf der Auftraggeber keine Ausnahme eigenmächtig annehmen.

2. Einstweiliger Rechtsschutz

Der einstweilige Rechtsschutz ergänzt das Zuschlagsverbot und sichert die Rechte von Bietern, wenn besondere Eilbedürftigkeit besteht oder das Zuschlagsverbot allein nicht genügt.

a) Ziel und Bedeutung

Er dient dazu, das Vergabeverfahren oder die Vertragsausführung vorläufig zu stoppen, bis über die Hauptsache entschieden ist.
Typische Anträge:

  • Aussetzung des Vergabeverfahrens,
  • Verlängerung des Zuschlagsverbots,
  • Untersagung der Leistungserbringung durch den Zuschlagsempfänger.

b) Voraussetzungen

Ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist nur zulässig, wenn:

  1. ein drohender Rechtsverlust glaubhaft gemacht wird,
  2. das Zuschlagsverbot nicht ausreicht,
  3. und Eilbedürftigkeit besteht (§ 169 Abs. 3 GWB, § 173 GWB).

Beispiel:
Der Auftraggeber kündigt an, den Zuschlag sofort nach Ablauf der Wartefrist (§ 134 GWB) zu erteilen.
Der Bieter kann beim OLG einstweiligen Rechtsschutz beantragen, um die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung zu verhindern.

c) Zuständigkeit

  • Vergabekammern (§§ 155 ff. GWB): Primärrechtsschutz in erster Instanz,
  • Oberlandesgerichte (§ 171 GWB): Beschwerdeinstanz, auch für einstweilige Anordnungen (§ 173 GWB).

Die Gerichte wägen zwischen:

  • dem öffentlichen Interesse an der raschen Beschaffung,
  • und dem Bieterinteresse an einem rechtskonformen Verfahren.

Je größer der drohende Schaden und je klarer der Rechtsverstoß, desto eher wird der einstweilige Rechtsschutz gewährt.

Richtig eingesetzter Rechtsschutz kann Millionenverträge blockieren – Sekunden entscheiden über Erfolg.
Vergabe gestoppt: So sichern Sie Ihre Rechte kurz vor Zuschlag.

3. Informations- und Wartepflicht (§ 134 GWB)

Vor Erteilung des Zuschlags muss der Auftraggeber alle nicht berücksichtigten Bieter schriftlich informieren.
Zwischen Mitteilung und Zuschlag gilt eine Wartefrist von 10 Kalendertagen (§ 134 Abs. 2 GWB).

Zweck:
Diese Frist ermöglicht es Bietern, den Zuschlag noch durch einen Antrag auf Nachprüfung zu stoppen.

Verstoß gegen die Wartepflicht:
Wenn der Auftraggeber den Zuschlag vor Ablauf der Wartefrist erteilt, ist der Vertrag automatisch unwirksam (§ 135 Abs. 1 Nr. 1 GWB).

4. Rechtsprechung und Praxis

a) Effektiver Primärrechtsschutz

Gerichte betonen, dass Bieter einen effektiven Rechtsschutz erhalten müssen (EuGH, Rs. C-81/98 Alcatel).
Das Zuschlagsverbot gewährleistet, dass Nachprüfungsverfahren nicht ins Leere laufen, weil ein Auftrag bereits vergeben ist.

b) Missachtung des Zuschlagsverbots

Ein Zuschlag während eines laufenden Nachprüfungsverfahrens führt regelmäßig zur Vertragsnichtigkeit.
OLG München (Verg 9/05): Selbst wenn der Auftraggeber den Zuschlag versehentlich erteilt, bleibt der Vertrag nichtig – ein „Rückholen“ ist ausgeschlossen.

c) Eilrechtsschutz in der Beschwerde

Wenn der Auftraggeber droht, das Zuschlagsverbot zu umgehen, kann der Bieter beim OLG eine einstweilige Anordnung beantragen (§ 173 Abs. 2 GWB).
Das Gericht kann den Zuschlag vorläufig untersagen oder das Vergabeverfahren aussetzen.

5. Taktische Hinweise für Bieter

  1. Schnelligkeit zählt:
    Nach Erhalt der Vorabinformationsmail sofort prüfen, ob Fristen und Verfahrensfehler vorliegen.
  2. Rügepflicht beachten:
    Nur gerügte Verstöße (§ 160 Abs. 3 GWB) können Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens sein.
  3. Nachprüfungsantrag rechtzeitig einreichen:
    Der Antrag muss vor Ablauf der Wartefrist (§ 134 GWB) bei der Vergabekammer eingehen.
  4. Zuschlagsverbot prüfen:
    Sicherstellen, dass die Vergabekammer den Antrag rechtzeitig zustellt – sonst bleibt der Zuschlag möglich.
  5. Einstweiligen Rechtsschutz vorbereiten:
    Bei drohender Umgehung des Zuschlagsverbots – z. B. bei Interimsverträgen – umgehend Antrag beim OLG stellen.

6. Bedeutung für Auftraggeber

Auch Auftraggeber sollten das Zuschlagsverbot ernst nehmen:

  • Der Zuschlag ist erst nach Abschluss des Nachprüfungsverfahrens zulässig.
  • Verstöße führen zur Unwirksamkeit des Vertrags und können haushalts- oder disziplinarrechtliche Konsequenzen haben.
  • Eine klare Verfahrensplanung und Kommunikation mit der Vergabekammer schützt vor Frist- oder Zustellungsfehlern.
Richtig eingesetzter Rechtsschutz kann Millionenverträge blockieren – Sekunden entscheiden über Erfolg.
Vergabe gestoppt: So sichern Sie Ihre Rechte kurz vor Zuschlag.

7. Fazit & Call-to-Action

Das Zusammenspiel von Zuschlagsverbot und einstweiligem Rechtsschutz bildet den Kern des effektiven Rechtsschutzes im Vergaberecht.
Es ermöglicht Bietern, ihre Rechte auch in letzter Minute zu sichern – wenn Sekunden über Millionen entscheiden.

Entscheidend sind:

  • präzises Timing,
  • vollständige Rüge und Antragstellung,
  • und juristische Begleitung, um Fristen und Formalien fehlerfrei einzuhalten.

Wenn Sie in einem laufenden Vergabeverfahren kurzfristig reagieren müssen oder prüfen möchten, ob ein Zuschlagsverbot greift, unterstützen wir Sie schnell und strategisch – auch in Eilfällen.

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