Zuwendungsrecht und Vergabe – Fördermittel rechtssicher verwenden

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Zuwendungsrecht und Vergabe – Fördermittel rechtssicher verwenden
Einleitung
Fördermittel sind kein Geschenk – sie sind zweckgebundenes öffentliches Geld. Wer sie erhält, muss die damit verbundenen rechtlichen Auflagen erfüllen, insbesondere die Einhaltung des Vergaberechts.
Ein Verstoß kann teuer werden: von Rückforderungen über Zinsnachzahlungen bis hin zum Ausschluss von künftigen Förderprogrammen.
Der folgende Beitrag erklärt, wann Zuwendungsempfänger an das Vergaberecht gebunden sind, welche typischen Fehler zu Rückforderungen führen und wie Fördermittel rechtssicher verwendet werden können.
1. Vergaberechtliche Bindung von Zuwendungsempfängern
Die Verpflichtung zur Anwendung des Vergaberechts ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz, sondern aus den Nebenbestimmungen der Zuwendungsbescheide – insbesondere:
- ANBest-P (Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung),
- ANBest-I (Institutionelle Förderung),
- Landesspezifische Regelungen wie ANBest-G oder kommunale Richtlinien.
Diese Bestimmungen machen die Beachtung des Vergaberechts zur verbindlichen Auflage.
Ziel ist, den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 7 BHO/LHO) sicherzustellen.
a) Öffentliche Auftraggeber
Zuwendungsempfänger, die selbst als öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 98 GWB gelten, sind ohnehin verpflichtet, das Vergaberecht unmittelbar anzuwenden.
Dazu gehören:
- Bund, Länder, Kommunen,
- Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
- Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung.
b) Private Zuwendungsempfänger
Auch private Träger – z. B. Vereine, Stiftungen oder gemeinnützige Gesellschaften – sind an das Vergaberecht gebunden, wenn ihr Zuwendungsbescheid dies ausdrücklich vorschreibt.
Die Vergabepflicht ergibt sich also mittelbar aus der Auflage der Förderbehörde.
Begründung: Die Mittel stammen aus öffentlichen Haushalten und unterliegen damit den haushaltsrechtlichen Kontroll- und Vergabeprinzipien.
c) Schwellenwerte und Anwendungsbereich
- Oberhalb der EU-Schwellenwerte gilt das GWB-Vergaberecht (§§ 97 ff. GWB, VgV).
- Unterhalb der Schwellenwerte greifen nationale oder landesrechtliche Vorschriften (z. B. UVgO, VOL/A).
- Der Zuwendungsbescheid legt fest, welche Vorschriften konkret anzuwenden sind.
2. Konsequenzen bei Verstößen
a) Rückforderung von Fördermitteln
Ein Verstoß gegen vergaberechtliche Auflagen kann als schwerer Auflagenverstoß gewertet werden.
Die Folge: Die Bewilligungsbehörde kann die Zuwendung ganz oder teilweise zurückfordern (§ 49 Abs. 3 VwVfG).
Maßgeblich ist:
- die Schwere des Verstoßes,
- die wirtschaftliche Relevanz (z. B. Höhe des Auftragswerts),
- und die Frage der Verhältnismäßigkeit.
Nicht jeder formale Fehler rechtfertigt eine vollständige Rückforderung – bei gravierenden Verstößen (z. B. unzulässige Direktvergabe ohne Begründung) ist sie aber regelmäßig zwingend.
b) Ermessensspielraum der Behörde
Die Bewilligungsbehörde hat einen Ermessensspielraum bei der Entscheidung über Rückforderungen.
Dieser ist jedoch gebunden an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit:
- leichte Verstöße → ggf. Kürzung oder Verwarnung,
- schwere Verstöße → vollständige Rückforderung.
Gerichte prüfen regelmäßig, ob die Behörde das Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt hat – willkürliche Rückforderungen sind unzulässig.
c) Fördermittelrückforderung mit Zinsen
Nach § 49a Abs. 3 VwVfG können zusätzlich Zinsen auf zurückgeforderte Fördermittel verlangt werden.
Das kann erhebliche finanzielle Belastungen verursachen, insbesondere bei Projekten mit langen Laufzeiten.
3. Typische Fehlerquellen
- Fehlende oder unvollständige Dokumentation – die Vergabeunterlagen belegen nicht, dass das Verfahren ordnungsgemäß durchgeführt wurde.
- Unzulässige Direktvergabe – Aufträge werden ohne Wettbewerb vergeben, obwohl kein Ausnahmetatbestand vorliegt.
- Unklare Leistungsbeschreibung – führt zu eingeschränktem Wettbewerb.
- Nachträgliche Änderungen – Vergabeentscheidungen werden im laufenden Verfahren angepasst, ohne transparente Begründung.
- Unkenntnis der ANBest-Regelungen – Zuwendungsempfänger wenden falsche Vergaberegeln an (z. B. VOL/A statt UVgO).
Folge: Jede dieser Fehler kann als vergaberechtlicher Verstoß gewertet werden – mit dem Risiko der Rückforderung.

4. Fehlervermeidung – Handlungsempfehlungen
a) Dokumentation
Die Vergabe muss vollständig und prüffähig dokumentiert werden (§ 8 UVgO, § 20 VgV).
Das umfasst:
- Bedarfsfeststellung und Wertgrenzenprüfung,
- Wahl der Vergabeart und Begründung,
- Angebotseinholung, Wertung und Zuschlagsentscheidung,
- Vergabevermerk und Archivierung.
Fehlt die Dokumentation, kann die Vergabe nicht nachträglich „geheilt“ werden – sie gilt als fehlerhaft.
b) Kenntnis der Nebenbestimmungen
Jeder Zuwendungsbescheid enthält eigene verbindliche Regelungen, die Vorrang haben.
Zuwendungsempfänger sollten:
- die Nebenbestimmungen sorgfältig prüfen,
- unklare Formulierungen mit der Bewilligungsbehörde abstimmen,
- und interne Prozesse an diese Vorgaben anpassen.
c) Schulung und Beratung
Gerade private Zuwendungsempfänger verfügen oft nicht über Vergabeerfahrung.
Empfohlen sind:
- Schulungen für Projektleiter und Verwaltungsmitarbeiter,
- Vergabeberatung durch spezialisierte Kanzleien,
- Musterunterlagen für Vergabevermerke und Wertungsverfahren.
5. Schwere Verstöße – Beispiele aus der Praxis
- Unzulässige freihändige Vergabe eines Bauauftrags ohne Dringlichkeitsgrund → vollständige Rückforderung der Zuwendung.
- Fehlerhafte Dokumentation bei der Auswahl von Nachunternehmern → Teilrückforderung.
- Fehlerhafte Wertgrenzenprüfung (z. B. falsche Anwendung der UVgO) → Kürzung der Zuwendung.
- Nichtbeachtung des Wettbewerbsgrundsatzes (§ 55 BHO) → Disziplinarverfahren gegen Verantwortliche.
Die Rechtsprechung zeigt: Behörden und Rechnungshöfe verfolgen Vergabeverstöße konsequent, auch Jahre nach Projektabschluss.

6. Fazit & Call-to-Action
Zuwendungsempfänger sind verpflichtet, Fördermittel wirtschaftlich, sparsam und rechtmäßig zu verwenden.
Das Vergaberecht ist dabei kein bürokratisches Hindernis, sondern ein Schutzinstrument gegen Mittelverschwendung.
Fehler bei der Anwendung oder Dokumentation führen jedoch schnell zu Rückforderungen, Zinszahlungen und Reputationsverlusten.
Wer Fördermittel nutzt, sollte daher interne Vergabeverfahren professionell aufbauen – idealerweise mit jurischer Begleitung.
Wenn Sie Fördermittel verwenden oder prüfen möchten, ob Ihre Vergabepraxis rechtssicher ist, beraten wir Sie zu Dokumentation, Wirtschaftlichkeitsprüfung und ANBest-Compliance.
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☎ 0160 9955 5525
Weiterführende Beiträge zum Vergaberecht
- § 55 BHO – Vergabegrundsatz und Kontrolle der Mittelverwendung
- Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit – Pflicht im Vergaberecht (§ 7 BHO/LHO)
- Fehlerhafte Direktvergabe – Wenn Eilentscheidungen zum Risiko werden
- Rechnungshofprüfung in der Vergabe – Vorbereitung auf die Kontrolle öffentlicher Mittel
- Nachhaltigkeit in der öffentlichen Beschaffung – Zwischen Pflicht und Praxis
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