1. Einleitung und Begriffsklärung: Erpressung im Umfeld von Sugar-Dating-Plattformen
1.1 Einleitung
Die Erpressung im Umfeld von Sugar-Dating-Plattformen wirft zunehmend komplexe rechtliche Fragen auf – sowohl im Strafrecht als auch im Zivilrecht. Diese Form digitaler oder zwischenmenschlicher Ausbeutung beruht häufig auf einem Machtgefälle zwischen den Beteiligten: Auf der einen Seite steht finanzielle oder emotionale Abhängigkeit, auf der anderen die Drohung mit der Offenlegung sensibler Informationen.
Besonders heikel wird die Situation, wenn beide Parteien selbst rechtswidrig gehandelt haben – etwa durch unerlaubte Prostitution, verschleierte Geldzuwendungen oder steuerlich nicht deklarierte Einkünfte. Täter nutzen diese Angst gezielt aus, um Druck auszuüben: mit Drohungen, intime Bilder zu veröffentlichen, die Familie zu informieren oder das Finanzamt einzuschalten.
Der Beitrag zeigt, welche Rechtsfolgen in solchen Konstellationen drohen, welche Handlungsmöglichkeiten und Schutzmechanismen bestehen und welche Fehler Betroffene unbedingt vermeiden sollten. Ziel ist eine praxisnahe, juristisch fundierte Orientierung – insbesondere für Fälle, in denen Angst vor eigener Strafbarkeit die Anzeige einer Erpressung erschwert.
1.2 Begriff und Umfeld des „Sugar Dating“
Sugar Dating bezeichnet Beziehungen, bei denen eine Person finanzielle oder materielle Vorteile erhält, um Gesellschaft, Nähe oder intime Kontakte zu gewähren. Im Gegensatz zu klassischen Escort-Diensten erfolgt dies oft ohne formelle Verträge und rechtliche Rahmenbedingungen. Die Kommunikation findet meist über Online-Plattformen, soziale Medien oder private Chatdienste statt.
Typische Risikosituationen:
Finanzielle Abhängigkeit: Eine Partei kann unter wirtschaftlichen Druck geraten, was die Machtverhältnisse verzerrt.
Austausch intimer Bilder: Geteilte Aufnahmen werden häufig später zur Erpressung genutzt.
Informelle Absprachen: Mangelnde rechtliche Absicherung führt zu Unsicherheit über Rechte und Pflichten.
1.3 Schnittstellen zu zentralen Rechtsgebieten
Strafrecht:
Erpressung (§ 253 StGB), Nötigung (§ 240 StGB) und Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen (§ 201a StGB).
Verstöße gegen das Prostitutionsgesetz, wenn Gegenleistungen für sexuelle Handlungen vereinbart werden.
Steuerrecht:
Regelmäßige Zahlungen oder „Geschenke“ können steuerpflichtige Einkünfte darstellen.
Das Verschweigen solcher Einnahmen kann eine Steuerhinterziehung nach § 370 AO begründen – häufig Grundlage für Drohungen im Sugar-Dating-Kontext.
Datenschutzrecht:
Die unerlaubte Weitergabe oder Veröffentlichung intimer Bilder verletzt Datenschutz- und Persönlichkeitsrechte.
Mögliche Straftatbestände: unbefugte Datenverarbeitung (§ 202a StGB) oder zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch nach § 823 BGB.
1.4 Relevante Fallkonstellationen und juristische Beispiele
Erpressung mit intimen Bildern: Der Bundesgerichtshof stellte klar, dass die Veröffentlichung oder Androhung der Veröffentlichung intimer Aufnahmen eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellt, die nicht durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigt werden kann (BGH, VI ZR 360/18, ZUM 2019, 955–957).
Prostitution und emotionale Abhängigkeit: Der BGH erkannte, dass emotionale und wirtschaftliche Abhängigkeit eine Person in eine faktische Zwangslage bringen kann, die strafrechtlich relevant ist (BGH, 2 StR 403/22, Beschluss vom 14. 02. 2023).
Sextortion (digitale Erpressung): Die sogenannte Sextortion – also die Erpressung mit kompromittierendem Bildmaterial – ist ein stark zunehmendes Phänomen im Online-Dating. Die Täter nutzen emotionale Manipulation, Scham und Drohungen, um Geld oder Schweigen zu erzwingen (Weinand/Brettel/Steffan/Horten, FPPK 2024, 290–294).
1.5 Kurzfazit
Sugar Dating bewegt sich oft in einem rechtlichen Graubereich zwischen privater Vereinbarung, wirtschaftlicher Abhängigkeit und strafbarer Ausnutzung. Genau diese Unklarheit macht Betroffene erpressbar.
Juristisch entscheidend ist: Auch wer selbst Fehler begangen hat, verliert nicht den Anspruch auf Opferschutz. Drohungen, Informationen zu veröffentlichen oder an Behörden weiterzugeben, sind in der Regel strafbare Erpressung oder Nötigung – unabhängig von möglicher Eigenverantwortung.
2. Strafrechtlicher Rahmen: Erpressung im Sugar-Dating-Kontext
2.1 Grundtatbestand: Erpressung (§ 253 StGB)
Erpressung ist einer der zentralen Straftatbestände im Zusammenhang mit Drohungen im Sugar-Dating-Kontext. Sie liegt vor, wenn eine Person durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung veranlasst wird, die einen Vermögensnachteil verursacht.
Objektiver Tatbestand: Eine Erpressung setzt voraus, dass der Täter durch Drohung oder Gewalt eine Handlung erzwingt, die dem Opfer einen Vermögensnachteil zufügt. Die Drohung muss geeignet sein, beim Opfer Furcht oder Druck auszulösen (§ 253 Abs. 1 StGB).
Subjektiver Tatbestand: Erforderlich ist Vorsatz und die Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen (§ 253 Abs. 2 StGB).
Rechtswidrigkeit: Die Tat ist rechtswidrig, wenn die angedrohte Handlung – etwa die Veröffentlichung privater Informationen – als verwerflich anzusehen ist.
Abgrenzung zur Nötigung (§ 240 StGB): Während bei der Nötigung das Opfer zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung gezwungen wird, ohne dass zwingend ein Vermögensnachteil entsteht, setzt die Erpressung eine wirtschaftliche Schädigung voraus. → Beispiel: Die Drohung, intime Bilder zu veröffentlichen, um Geld zu erhalten, erfüllt den Tatbestand der Erpressung.
2.2 Typische Erpressungsvarianten im Sugar-Dating-Kontext
Sextortion (digitale Erpressung): Die häufigste Form der Erpressung in diesem Umfeld. Täter drohen mit der Veröffentlichung intimer Fotos oder Videos, um Geld oder weitere Leistungen zu erzwingen. Hier greifen § 253 StGB (Erpressung) und § 201a StGB (unbefugte Herstellung oder Verbreitung von Bildaufnahmen).
Drohung, Familie oder Arbeitgeber zu informieren: Ziel dieser Variante ist es, sozialen oder beruflichen Schaden zu verursachen, um Zahlungen oder Schweigen zu erzwingen. Auch wenn die Information wahr ist, ist die Drohung rechtswidrig, wenn sie zur Erpressung eingesetzt wird.
Drohung mit Steuer- oder Strafanzeigen: Wird angedroht, illegale Handlungen wie Steuerhinterziehung, Prostitution oder Betrug anzuzeigen, um sich zu bereichern, liegt regelmäßig eine Erpressung vor. Entscheidend ist, ob der Täter das Anzeigerecht missbraucht, um wirtschaftliche Vorteile zu erzielen.
Fortgesetzte Zahlungen zur Geheimhaltung („Schweigegeld“): Wird das Opfer über längere Zeit zu Zahlungen gezwungen, um das Schweigen des Täters zu erkaufen, liegt eine fortgesetzte Erpressung vor. Diese Fälle führen oft zu anhaltender psychischer Belastung und werden regelmäßig als besonders schwere Fälle (§ 253 Abs. 4 StGB) bewertet.
2.3 Zusätzliche Straftatbestände
Neben der Erpressung nach § 253 StGB können im Sugar-Dating-Kontext weitere Delikte einschlägig sein:
§ 201a StGB – Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen: Wer unbefugt Bilder herstellt oder verbreitet, die die Hilflosigkeit, Nacktheit oder Intimsphäre einer Person zeigen, macht sich strafbar. → Besonders relevant bei unbefugter Weitergabe oder Veröffentlichung intimer Inhalte.
§ 240 StGB – Nötigung: Liegt kein Vermögensnachteil vor, aber das Opfer wird durch Drohung oder Druck zu einem Verhalten gezwungen, ist der Tatbestand der Nötigung erfüllt.
§ 185 ff. StGB – Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung: Diese Vorschriften greifen, wenn das Opfer in der Öffentlichkeit herabgewürdigt oder bloßgestellt wird.
§ 22 KunstUrhG – Veröffentlichung von Bildnissen ohne Einwilligung: Auch zivilrechtlich relevant. Eine unberechtigte Veröffentlichung kann Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche auslösen.
2.4 Zusammenfassung
Erpressung im Sugar-Dating-Kontext kann viele Gesichter haben – von der Drohung mit intimen Bildern über Schweigegeldforderungen bis zu manipulativen Androhungen, Behörden einzuschalten. Neben dem Kernstrafrecht (§ 253 StGB) spielen auch Persönlichkeits-, Datenschutz- und Medienrechte eine wichtige Rolle.
In allen Fällen gilt: Drohungen, um Geld, Schweigen oder Zuwendungen zu erzwingen, sind strafbar – selbst wenn das Opfer eigenes Fehlverhalten befürchtet. Die genaue rechtliche Bewertung hängt von den Umständen, der Beweisbarkeit und der dokumentierten Kommunikation ab.
3. Spezialproblematik: Beiderseits illegales Verhalten im Sugar-Dating-Kontext
3.1 Ausgangspunkt
Im Sugar-Dating-Kontext agieren beide Parteien häufig außerhalb rechtlich klarer Strukturen. Dies betrifft etwa Fälle, in denen Zahlungen nicht steuerlich erklärt, Vereinbarungen nicht schriftlich fixiert oder Dienstleistungen nicht offiziell angemeldet sind. In dieser rechtlichen Grauzone entstehen besondere Risiken: Täter nutzen die Furcht vor Eigenanzeige oder rechtlichen Konsequenzen, um Druck aufzubauen und wirtschaftliche Vorteile zu erzwingen.
Typische Konstellationen sind:
Nicht angemeldete Sexarbeit oder entgeltliche Begleitdienste,
Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung durch fehlende Deklaration von Zahlungen,
informelle Online-Zahlungen, etwa über PayPal, Revolut oder Kryptowährungen, ohne Nachweis über Zweck und Herkunft.
Diese Umstände führen dazu, dass Betroffene sich oft nicht trauen, Anzeige zu erstatten – aus Angst, selbst in den Fokus der Ermittlungen zu geraten. Juristisch ist das jedoch ein Trugschluss: Die Strafverfolgung der Erpressung bleibt unabhängig von möglichen Nebendelikten bestehen.
3.2 Drohung mit eigener Anzeige
Die Drohung, das Finanzamt oder die Polizei zu informieren, ist ein häufiger Hebel im Sugar-Dating-Bereich. Ob sie strafbare Erpressung (§ 253 StGB) oder eine zulässige Schutzdrohung darstellt, hängt vom Zweck der Ankündigung ab.
Legitime Schutzdrohung:
Eine Ankündigung, eine Behörde zu informieren, ist zulässig, wenn sie ausschließlich der Wahrnehmung berechtigter Interessen dient.
Beispiel: Eine Person will sich vor weiteren rechtswidrigen Handlungen schützen oder zukünftige Risiken vermeiden.
Strafbare Bereicherungsabsicht:
Wird die Drohung genutzt, um Zahlungen, Vorteile oder Schweigen zu erzwingen, liegt eine Erpressung vor.
Dies gilt auch dann, wenn die angedrohte Anzeige auf ein tatsächlich begangenes Fehlverhalten zielt (z. B. Steuerhinterziehung oder nicht gemeldete Einkünfte).
Maßgeblich ist die Zweckrichtung der Drohung – nicht deren Wahrheit.
Beispiel:
„Wenn du mir kein Geld überweist, informiere ich das Finanzamt über deine Einnahmen aus Sugar-Dating.“ → Diese Aussage erfüllt regelmäßig den Tatbestand der Erpressung (§ 253 Abs. 1 StGB), da sie mit Bereicherungsabsicht erfolgt und Druck aufbaut, um einen Vermögensvorteil zu erlangen.
3.3 Strafverfolgungsrisiko des Opfers
Selbst wenn das Opfer eigene Verstöße begangen hat, verliert es nicht die Opferstellung. Eine Anzeige gegen den Erpresser bleibt zulässig und geboten, da die Tat als eigenständiges Delikt verfolgt wird.
Wesentliche Punkte:
Unabhängigkeit der Ermittlungen: Die Staatsanwaltschaft prüft die Erpressung unabhängig von möglichen Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten des Opfers.
Strafmilderung bei Offenbarung (§ 46 StGB): Eine freiwillige Offenlegung eigener Verfehlungen – etwa in einer polizeilichen Aussage – kann strafmildernd berücksichtigt werden.
Selbstanzeige im Steuerrecht (§ 371 AO): Wenn Steuervergehen im Raum stehen, kann eine rechtzeitig abgegebene Selbstanzeige zur Strafbefreiung führen, sofern sie vollständig und vor Entdeckung erfolgt.
Verteidigungsstrategie: In komplexen Fällen empfiehlt sich eine koordinierte anwaltliche Vorgehensweise, um sowohl die Erpressung zu verfolgen als auch etwaige eigene Risiken zu minimieren.
3.4 Zusammenfassung
In Sugar-Dating-Konstellationen, in denen beide Beteiligte sich außerhalb legaler Strukturen bewegen, besteht ein erhebliches Missbrauchspotenzial. Die Drohung, eine Anzeige zu erstatten, ist strafbar, wenn sie zur Erlangung von Geld oder Vorteilen dient. Opfer solcher Drohungen behalten trotz eigener Verstöße ihre Schutzrechte.
Empfehlenswert ist ein zweistufiges Vorgehen:
Sicherung der Beweise und Anzeige der Erpressung,
rechtliche Prüfung eigener Pflichten (ggf. Selbstanzeige, Nachmeldung oder anwaltliche Verteidigung).
Damit lässt sich strafrechtlicher Druck neutralisieren, ohne die eigene Position im Verfahren zu gefährden.
4. Praktische Maßnahmen und Sofortverhalten bei Erpressung im Sugar-Dating-Kontext
4.1 Beweissicherung
Die Sicherung von Beweismitteln ist der wichtigste erste Schritt, um eine spätere Strafverfolgung oder zivilrechtliche Durchsetzung zu ermöglichen. Viele Erpressungsfälle scheitern an unvollständigen oder gelöschten Nachweisen – daher gilt: Dokumentieren, nicht reagieren.
Screenshots und Chatverläufe: Sämtliche Nachrichten, E-Mails oder Social-Media-Kommunikation sollten mit Zeitstempel gesichert werden. Besonders relevant sind Nachrichten, in denen Drohungen, Forderungen oder Geldüberweisungen dokumentiert sind.
Zahlungsnachweise und Transaktionen: Kontoauszüge, PayPal-, Revolut- oder Kryptowährungsübertragungen sind wichtige Indizien für die Erpressung und die Höhe der geforderten Summen.
Metadaten und externe Speicherung: Dateien sollten unverändert auf einem externen Datenträger oder in einer Cloud gespeichert werden, um den Manipulationsvorwurf zu vermeiden. Keine Nachrichten löschen, auch wenn sie unangenehm sind – jede Kommunikation kann später forensisch ausgewertet werden.
Nach der Sicherung aller Beweise gilt: keine weiteren Reaktionen ohne anwaltliche Beratung.
Keine weiteren Zahlungen: Erpressungen eskalieren häufig, wenn Täter merken, dass Zahlungen möglich sind. Jede Zahlung kann als Anerkennung des Druckmittels gewertet werden.
Keine Rechtfertigungen oder Geständnisse: Spontane Erklärungen („Ich wollte das nicht“, „Ich lösche alles“) können als Schuldeingeständnis ausgelegt werden. Auch Drohungen, Gegenmaßnahmen anzukündigen, verschlechtern oft die Situation.
Emotionale Kontrolle: Täter setzen gezielt auf Stress und Angst. Ziel ist, das Opfer zu unüberlegten Handlungen zu bewegen. Abstand, Ruhe und rechtlicher Rat sind jetzt entscheidend.
4.3 Ärztliche, psychologische und rechtliche Hilfe
Erpressung im Sugar-Dating-Bereich ist nicht nur ein juristisches, sondern auch ein psychologisches Ausnahmeerlebnis. Viele Betroffene leiden unter Angst, Scham und Schlafstörungen – professionelle Unterstützung ist daher ein wichtiger Teil der Stabilisierung.
Polizei bei akuter Bedrohung: Besteht Gefahr für Leib oder Leben, sollte sofort die Polizei eingeschaltet werden (§ 253 StGB ist Offizialdelikt).
Psychologische Ersthilfe: Organisationen wie der WEISSE RING, Opferschutzstellen oder spezialisierte Traumatherapeuten bieten vertrauliche Beratung und Krisenhilfe.
Rechtsanwalt kontaktieren: Frühzeitige anwaltliche Begleitung ist zentral – insbesondere bei Überschneidungen von Strafrecht, Datenschutz und Steuerrecht. Ein spezialisierter Anwalt kann prüfen, ob zugleich eine Selbstanzeige (§ 371 AO) oder eine strafbefreiende Offenbarung (§ 46 StGB) in Betracht kommt.
(vgl. Joecks 2015; Rolletschke/Burkard 2015)
4.4 Anzeige und anwaltliche Begleitung
Nach Sicherung der Beweise sollte die Erpressung strafrechtlich verfolgt werden. Die Anzeige kann persönlich, schriftlich oder digital bei jeder Polizeidienststelle oder Staatsanwaltschaft erfolgen.
Strafanzeige: Grundlage sind § 253 StGB (Erpressung) und § 201a StGB (Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs). Wichtig ist, alle Beweise geordnet beizufügen und die Chronologie des Vorfalls darzustellen.
Anwaltliche Vertretung: Der Anwalt begleitet die Anzeige, prüft Nebenklage- und Opferschutzrechte (§ 395 ff. StPO) und sichert den Zugriff auf Akten. Er berät auch zu möglichen zivilrechtlichen Ansprüchen (Unterlassung, Schadensersatz, Schmerzensgeld).
Beratung zur Selbstanzeige: Falls eigene Rechtsverstöße (z. B. Steuerverkürzung) vorliegen, kann der Anwalt eine strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 AO vorbereiten. Dies minimiert Risiken, bevor Behörden über Dritte informiert werden.
(vgl. § 253 StGB; § 201a StGB)
4.5 Zusammenfassung
Im Fall einer Erpressung zählt schnelles, aber kontrolliertes Handeln. Die wichtigsten Schritte sind:
Beweise sichern,
Kommunikation abbrechen,
rechtliche und psychologische Hilfe einholen,
Anzeige erstatten,
bei Eigenrisiken rechtzeitig Selbstanzeige prüfen.
Wer umsichtig vorgeht und frühzeitig anwaltlichen Beistand sucht, kann sich effektiv gegen Druck, Bloßstellung und weitere Straftaten schützen – selbst in komplexen Sugar-Dating-Konstellationen mit rechtlichen Überschneidungen.
5. Straf- und zivilrechtliche Handlungsoptionen im Kontext von Erpressung und Datenschutzverletzungen
5.1 Strafrechtliche Verfahren
Erpressung im Sugar-Dating-Kontext ist ein Offizialdelikt, das von Amts wegen verfolgt wird (§ 253 StGB). Das bedeutet: Sobald die Tat bekannt wird, muss die Staatsanwaltschaft ermitteln, unabhängig davon, ob das Opfer Anzeige erstattet oder nicht.
Ermittlungsverfahren: Nach Eingang einer Anzeige leitet die Polizei die Ermittlungen ein, sichert Beweise (z. B. Chatverläufe, Zahlungsnachweise) und befragt das Opfer. Parallel dazu prüft die Staatsanwaltschaft, ob ein hinreichender Tatverdacht besteht und welche Delikte einschlägig sind.
Nebenklage und Opfervertretung: Opfer können sich gemäß § 395 StPO der öffentlichen Klage anschließen und als Nebenkläger auftreten. Sie erhalten damit eigene Verfahrensrechte – etwa Akteneinsicht, Beweisanträge und Rechtsmittelbefugnis. Nach § 397a StPO kann ein Anwalt als Beistand bestellt werden, häufig auf Staatskosten, um das Opfer während des gesamten Strafverfahrens zu vertreten.
Weitere Straftatbestände: Neben § 253 StGB (Erpressung) kommen regelmäßig auch
§ 201a StGB (Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen),
§ 240 StGB (Nötigung) und
§ 185 StGB (Beleidigung) in Betracht, insbesondere bei Veröffentlichung oder Androhung intimer Inhalte.
(vgl. Maier/Ebner 2007; Hunsmann 2011)
5.2 Zivilrechtliche Ansprüche
Auch zivilrechtlich können Opfer gegen die Veröffentlichung oder Weitergabe privater Daten vorgehen. Diese Ansprüche bestehen unabhängig von einem Strafverfahren.
Unterlassungsanspruch: Nach § 1004 BGB analog in Verbindung mit § 823 BGB kann das Opfer verlangen, dass der Täter jede weitere Veröffentlichung oder Weitergabe unterlässt. → Besonders relevant bei Androhung der Veröffentlichung von Bildern, Chatprotokollen oder persönlichen Informationen.
Schadensersatz und Schmerzensgeld: Wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzt – etwa durch Veröffentlichung intimer Aufnahmen –, besteht Anspruch auf finanzielle Entschädigung. Beispiel: Das OLG Hamm sprach in einem Fall wegen unbefugter Veröffentlichung intimer Fotos ein deutliches Schmerzensgeld zu (NJW-RR 2017, 1124).
Eilrechtsschutz (einstweilige Verfügung): Droht eine Veröffentlichung unmittelbar, kann das Opfer beim Zivilgericht eine einstweilige Verfügung (§ 935 ZPO) beantragen. Diese Maßnahme wirkt sofort und kann die weitere Verbreitung verhindern. Das Gericht kann dabei auch eine Sicherheitsleistung anordnen (§ 929 Abs. 2 ZPO, § 936 ZPO).
(vgl. Baum 2024; Metz 2025; OLG Nürnberg 3 U 3716/21)
5.3 Datenschutzrechtliche Parallelen
Im digitalen Umfeld der Sugar-Dating-Plattformen spielt auch das Datenschutzrecht eine erhebliche Rolle. Die unrechtmäßige Weitergabe oder Veröffentlichung persönlicher Daten – etwa Bilder, Chatverläufe oder Adressdaten – stellt regelmäßig einen Verstoß gegen die DSGVO dar.
Verletzung der DSGVO: Wer ohne Einwilligung personenbezogene Daten verarbeitet oder veröffentlicht, verletzt die Datenschutz-Grundverordnung. Opfer haben nach Art. 82 DSGVO einen Anspruch auf Schadensersatz, wenn sie durch die Verletzung einen Kontrollverlust über ihre Daten erleiden.
Rechtsschutz durch Aufsichtsbehörden: Nach Art. 77 DSGVO können Betroffene eine Beschwerde bei der zuständigen Datenschutzaufsicht einreichen. Diese kann Maßnahmen gegen den Verantwortlichen anordnen – z. B. Löschung der Daten, Bußgelder oder Unterlassungsverfügungen.
Parallelität zum Strafrecht: Datenschutzverletzungen können neben strafbaren Handlungen bestehen, etwa bei der unbefugten Weitergabe intimer Bilder oder dem sogenannten „Scraping“ privater Daten aus Online-Profilen. In solchen Fällen ergänzen sich Straf- und Datenschutzrecht, um einen umfassenden Opferschutz zu gewährleisten.
(vgl. OLG Zweibrücken 7 U 20/24)
5.4 Zusammenfassung
Betroffene einer Erpressung im Sugar-Dating-Kontext verfügen über ein breites Spektrum rechtlicher Möglichkeiten:
Strafrechtlich: Anzeige, Nebenklage, anwaltlicher Beistand und mögliche Staatshaftung für die Kosten der Vertretung.
Zivilrechtlich: Unterlassung, Schmerzensgeld, Eilrechtsschutz gegen Veröffentlichung.
Datenschutzrechtlich: Schadensersatzanspruch und Beschwerderecht bei unbefugter Datenverarbeitung.
Gemeinsam bilden diese Instrumente ein dreistufiges Schutzsystem, das Opfern ermöglicht, sich effektiv gegen Täter zu wehren und gleichzeitig ihre Privatsphäre, Reputation und wirtschaftliche Existenz zu sichern.
6. Drohungen gegen Dritte und Weitergabe privater Informationen
6.1 Drohung gegenüber Familie oder Freunden
Die Drohung, private oder intime Informationen an Familienangehörige, Freunde oder Partner weiterzugeben, erfüllt regelmäßig den Tatbestand der Erpressung (§ 253 StGB), wenn sie darauf abzielt, einen Vermögensvorteil oder eine sonstige Gegenleistung zu erzwingen. Für die strafrechtliche Bewertung spielt keine Rolle, ob die Information wahr oder bereits bekannt ist – entscheidend ist der erzeugte Druck und die psychische Belastung des Opfers.
Zivilrechtlich begründet eine solche Drohung eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Opfer können daher Unterlassungsansprüche nach § 1004 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB geltend machen, um die Weitergabe zu verhindern.
(vgl. § 253 StGB; § 1004 BGB)
6.2 Drohung gegenüber Arbeitgebern oder Institutionen
Wird dem Opfer angedroht, private Informationen an Arbeitgeber, Geschäftspartner oder soziale Einrichtungenweiterzugeben, handelt es sich ebenfalls um ein empfindliches Übel im Sinne des § 253 StGB. Solche Drohungen sind nicht durch die Meinungsfreiheit gedeckt, wenn sie ausschließlich dazu dienen, Geldzahlungen, Leistungen oder Schweigen zu erzwingen.
In der Praxis betrifft das häufig Fälle, in denen Täter intime Nachrichten, Screenshots oder Fotos an berufliche Kontakte schicken wollen, um wirtschaftlichen Druck auszuüben. Neben strafrechtlichen Folgen (Erpressung oder Nötigung nach §§ 253, 240 StGB) können Betroffene zivilrechtlich Unterlassung und Schadensersatz verlangen.
Auch arbeitsrechtlich ist der Eingriff gravierend: Wird der Arbeitgeber über private Umstände informiert, um Druck zu erzeugen, liegt eine Persönlichkeitsrechtsverletzung vor, gegen die sich das Opfer zivilrechtlich wehren kann.
(vgl. § 253 StGB; § 240 StGB; § 823 Abs. 1 BGB)
6.3 Drohung mit Behördeninformationen (z. B. Finanzamt, Polizei, Ausländerbehörde)
Ein besonders häufiger Fall im Sugar-Dating-Kontext ist die Drohung, Behörden oder Finanzämter zu informieren, um Schweigen oder Zahlungen zu erzwingen.
Eine solche Drohung ist nur dann nicht strafbar, wenn sie objektiv der Durchsetzung eines berechtigten Anspruchs dient – etwa wenn tatsächlich eine Pflichtverletzung vorliegt und die Mitteilung ausschließlich der Rechtsdurchsetzung dient.
In der Praxis liegt jedoch meist Erpressung vor, weil die Ankündigung nicht aus rechtlichem Interesse, sondern zur Bereicherung oder Rache erfolgt.
Für Betroffene gilt:
Keine überstürzten Geständnisse oder Zahlungen leisten.
Anwaltliche Prüfung der Lage – insbesondere, ob eine Selbstanzeige (§ 371 AO) oder Verteidigungsstrategiesinnvoll ist.
Dokumentation aller Drohungen (Screenshots, Nachrichten, E-Mails, Zahlungsforderungen).
(vgl. § 253 StGB; § 240 StGB)
6.4 Schutzmaßnahmen und empfohlene Schritte
1️⃣ Dokumentation: Alle Mitteilungen – inklusive Datum, Uhrzeit und Inhalt – müssen gesichert werden. Auch scheinbar harmlose Nachrichten können im Zusammenhang Beweiskraft haben.
2️⃣ Juristische Beratung: Keine Kommunikation ohne vorherige anwaltliche Rücksprache. Anwälte können drohende Eskalationen verhindern und den Beweiswert sichern.
3️⃣ Keine eigenständige Offenlegung: Betroffene sollten Informationen nicht selbst an Arbeitgeber, Familie oder Behörden weitergeben, bevor eine rechtliche Abstimmung erfolgt ist.
4️⃣ Eilrechtsschutz: Bei akuter Bedrohung kann anwaltlich geprüft werden, ob eine einstweilige Verfügung oder ein gerichtlicher Unterlassungsbeschluss erwirkt werden kann (§§ 935, 1004 BGB).
6.5 Zusammenfassung
Drohungen, persönliche oder intime Informationen über Dritte preiszugeben, sind rechtlich klar als Erpressung oder Nötigung zu bewerten, wenn sie der Erzwingung von Verhalten, Schweigen oder Zahlungen dienen. Zivilrechtlich können Betroffene Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche geltend machen.
Das Ziel jeder Verteidigungsstrategie ist, Beweise zu sichern, Ruhe zu bewahren und schnell juristischen Rat einzuholen, bevor der Täter seine Drohungen umsetzt. Auch wenn die angedrohten Informationen zutreffen, bleibt der Einsatz als Druckmittel rechtswidrig – und das Opfer behält seinen vollen Schutzanspruch nach deutschem Straf- und Zivilrecht.
7. Prävention und Plattformverantwortung im Kontext von Persönlichkeitsrechtsverletzungen und Datenschutz
7.1 Präventive Verhaltensregeln
Prävention beginnt beim eigenen Verhalten. Viele Fälle von Erpressung und Datenmissbrauch im Sugar-Dating-Umfeld könnten verhindert werden, wenn grundlegende Sicherheits- und Kommunikationsregeln beachtet würden.
Keine intimen Bilder versenden: Der sicherste Schutz vor Missbrauch ist der Verzicht auf das Versenden von intimen oder erkennbaren Aufnahmen. Die unautorisierte Weitergabe oder Veröffentlichung solcher Bilder stellt eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts dar und kann strafbar sein (§ 201a StGB, § 823 BGB).
Klare Kommunikation und schriftliche Vereinbarungen: Finanzielle Absprachen oder Zuwendungen sollten transparent dokumentiert werden – idealerweise mit Nachweisen, um spätere Missverständnisse oder Vorwürfe (z. B. Prostitution, Steuerhinterziehung) zu vermeiden.
Aufbewahrung von Chat- und Zahlungsnachweisen: Chatverläufe, Screenshots und Zahlungsbelege können im Ernstfall als entscheidende Beweismittel dienen, sowohl zur Verteidigung als auch zur Anzeige.
(vgl. Lorenz 2021)
7.2 Verantwortung der Plattformen
Plattformen, über die Sugar-Dating-Kontakte vermittelt werden, tragen eine rechtliche Mitverantwortung, wenn über ihre Dienste Persönlichkeitsrechte verletzt oder strafbare Handlungen vorbereitet werden.
Meldeverfahren und Löschpflichten: Nach § 10 TMG sind Anbieter verpflichtet, rechtswidrige Inhalte nach Kenntnisnahme unverzüglich zu entfernen. Der Digital Services Act (DSA) verschärft diese Anforderungen: Plattformen müssen nutzerfreundliche Meldesysteme, Beschwerdemechanismen und Transparenzberichte bereitstellen, um Verstöße effektiv zu bearbeiten.
Technische Verifikationen: Betreiber sollten Identitätsprüfungen oder Altersverifikationen implementieren, um Fake-Profile und Täuschungen zu verhindern. Diese Maßnahmen reduzieren die Anonymität von Tätern und schützen Minderjährige.
Betreiberpflichten: Nach dem TMG und DSA müssen Plattformen sicherstellen, dass ihre Systeme nicht für rechtswidrige Zweckegenutzt werden. Dazu gehören interne Content-Moderation, Sperrfunktionen und Kooperationen mit Ermittlungsbehörden bei gemeldeten Straftaten.
(vgl. Paschke/Roggenkamp 2025; Heckmann 2025)
7.3 Technische Schutzmaßnahmen
Neben persönlicher Vorsicht und Plattformpflichten spielen technische Sicherheitsmaßnahmen eine wesentliche Rolle beim Schutz digitaler Identitäten.
Zwei-Faktor-Authentifizierung: Sie verhindert den unbefugten Zugriff auf persönliche Konten und erschwert den Identitätsdiebstahl.
Anonyme Kommunikationstools: Pseudonyme oder anonyme Chatdienste können den Schutz der Privatsphäre stärken – wichtig ist jedoch, dass diese nicht zur Verschleierung rechtswidriger Handlungen genutzt werden.
Wasserzeichen und digitale Signaturen: Durch digitale Wasserzeichen lassen sich Bilder und Videos später besser zuordnen und nachverfolgen, falls sie unbefugt verbreitet werden.
(vgl. Caspar 2015)
7.4 Zusammenfassung
Der beste Schutz gegen Erpressung und Datenschutzverletzungen beginnt mit präventivem Handeln und technischer Wachsamkeit. Nutzer sollten niemals unbedacht persönliche Daten oder Aufnahmen weitergeben und stets ihre Kommunikation dokumentieren.
Plattformbetreiber tragen eine rechtliche Mitverantwortung: Sie müssen funktionierende Melde- und Schutzsystemeanbieten, technische Sicherheitsstandards einhalten und aktiv gegen Missbrauch vorgehen.
Nur durch das Zusammenspiel von Nutzerverhalten, Plattformverantwortung und rechtlicher Kontrolle kann ein sicheres digitales Umfeld geschaffen werden, das den Schutz der Privatsphäre auch im sensiblen Bereich von Sugar-Dating-Beziehungen gewährleistet.
8. Praktische Fallbeispiele und Lösungswege im Sugar-Dating-Kontext
8.1 Fall 1 – Sextortion: Drohung mit intimen Bildern
Sachverhalt: Eine 27-jährige Frau lernte über eine Sugar-Dating-Plattform einen vermeintlichen Unternehmer kennen. Nach mehreren privaten Treffen tauschten beide intime Fotos aus. Als sie den Kontakt abbrechen wollte, drohte der Mann, die Bilder an ihre Familie und ihren Arbeitgeber zu schicken, wenn sie ihm nicht 3.000 € überweise.
Juristische Bewertung:
Tatbestand: Der Täter erfüllt den Straftatbestand der Erpressung (§ 253 StGB), da er durch Drohung mit einem empfindlichen Übel – der Veröffentlichung intimer Aufnahmen – einen Vermögensvorteil erzwingen will.
Zusätzlich einschlägig: § 201a StGB (Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen).
Beweisstrategie: Speicherung der Drohungen, Chats, E-Mails und Zahlungsaufforderungen.
Empfohlene Schritte:
Keine Zahlung leisten, keine Kommunikation.
Strafanzeige erstatten (§ 253 StGB, § 201a StGB).
Antrag auf einstweilige Verfügung beim Zivilgericht (§ 1004 BGB analog).
Begleitende psychologische Unterstützung (z. B. WEISSER RING).
Lösung: Die Täterin kann strafrechtlich belangt werden. Das Opfer erhält durch anwaltliche Vertretung und zivilrechtlichen Eilrechtsschutz die Entfernung der Bilder und Schadensersatzansprüche.
8.2 Fall 2 – Drohung mit Steueranzeige („Finanzamt-Falle“)
Sachverhalt: Ein 42-jähriger Mann zahlte einer Studentin regelmäßig Geld für Begleitung und Zuwendung. Nachdem er die Treffen beenden wollte, drohte sie, seine Zahlungen dem Finanzamt und seiner Ehefrau zu melden, wenn er nicht weiter monatlich 1.000 € überweise.
Juristische Bewertung:
Tatbestand: Die Drohung stellt eine Erpressung dar, da sie nicht der Durchsetzung legitimer Ansprüche dient, sondern allein der Bereicherung.
Abgrenzung:
Eine Anzeige beim Finanzamt kann rechtmäßig sein, wenn sie ohne Bereicherungsabsicht erfolgt.
Wird sie jedoch als Druckmittel genutzt, ist sie rechtswidrig (§ 253 StGB).
Risiko für das Opfer: Selbst wenn er steuerpflichtige Zahlungen verschwiegen hat, bleibt er rechtlich Opfer der Erpressung.
Empfohlene Schritte:
Keine Zahlung leisten.
Alle Nachrichten sichern.
Anwaltliche Beratung zu zwei Ebenen:
Strafanzeige wegen Erpressung,
ggf. steuerliche Selbstanzeige (§ 371 AO), um das eigene Risiko auszuschließen.
Lösung: Der Täter verliert den Druckhebel, sobald das Opfer rechtzeitig handelt. Durch anwaltliche Steuer- und Strafrechtsberatung kann das Opfer sich vollständig legal absichern und den Erpresser strafrechtlich belangen.
8.3 Fall 3 – Drohung mit Veröffentlichung in sozialen Medien
Sachverhalt: Ein Mann wurde über eine Dating-App mit einer angeblich 23-jährigen Frau bekannt. Nach dem Austausch von Nacktbildern forderte sie Geld und drohte, die Bilder auf Instagram und TikTok zu veröffentlichen, falls er nicht sofort 500 € sende.
Juristische Bewertung:
Tatbestand: Auch hier liegt eine klare Sextortion-Erpressung vor (§ 253 StGB).
Verstöße:
§ 201a StGB wegen unbefugter Verbreitung intimer Aufnahmen,
Art. 82 DSGVO (Schadensersatz bei Datenschutzverstößen).
Anzeige erstatten, insbesondere auch über die Cybercrime-Abteilung der Polizei.
Meldung an Plattformbetreiber (Pflicht zur Entfernung nach Digital Services Act).
Lösung: Die Plattform sperrt den Account, der Täter wird ermittelt. Das Opfer erhält anwaltliche Unterstützung bei der Entfernung der Inhalte und kann Schmerzensgeld nach § 823 BGB i.V.m. § 1004 BGB analog geltend machen.
8.4 Zusammenfassende Handlungsempfehlung
1️⃣ Sofort handeln – aber kontrolliert: Keine Panik, keine Zahlungen, keine eigenmächtigen Geständnisse.
Strafrecht: Anzeige wegen Erpressung (§ 253 StGB) und Datenschutzdelikten (§ 201a StGB).
Zivilrecht: Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche (§ 823, § 1004 BGB).
Datenschutz: Beschwerde und Schadensersatz nach Art. 77 und 82 DSGVO.
4️⃣ Juristische Doppelstrategie: Wenn eigenes Fehlverhalten möglich ist (z. B. Steuerpflicht), anwaltlich klären lassen, ob eine Selbstanzeige sinnvoll ist – dies schützt vor Strafverfolgung und nimmt dem Täter das Druckmittel.
8.5 Fazit
Die Fallbeispiele zeigen: Erpressung im Sugar-Dating-Kontext ist kein privates Problem, sondern ein klar strafbares Verhalten. Die Kombination aus strafrechtlicher Anzeige, zivilrechtlichem Eilrechtsschutz und datenschutzrechtlicher Beschwerde bietet Betroffenen umfassende Schutzmechanismen.
Wer frühzeitig juristisch reagiert, kann die Dynamik der Erpressung stoppen, seine Daten sichern und zugleich verhindern, dass Täter weiter Druck ausüben. Rechtsbeistand, Dokumentation und Ruhe sind die drei wichtigsten Schutzfaktoren.
9. Checkliste für den Ernstfall – kurz, klar, umsetzbar
1) Beweise sichern (sofort): Chats, E-Mails, Bilder, Profile, Zahlungsbelege als Screenshots mit Datum/Uhrzeit; zusätzlich extern (Cloud/USB) speichern. 2) Nichts löschen: Auch „unangenehme“ Nachrichten aufbewahren – sie sind oft entscheidend. 3) Keine Zahlungen leisten: Jede Zahlung verstärkt das Druckmittel. 4) Kommunikation abbrechen: Nicht mehr reagieren; Kontakt nur noch über Anwalt oder Polizei. 5) Strafanzeige stellen: § 253 StGB (Erpressung) und § 201a StGB (Bildaufnahmen) sind Offizialdelikte – Beweise geordnet mitnehmen. 6) Anwalt einschalten: Strafrecht/Datenschutz/Steuerrecht prüfen; ggf. Unterlassung, Schadensersatz, einstweilige Verfügung. 7) Eigenes Risiko prüfen: Mögliche Eigenverstöße vertraulich besprechen; ggf. Selbstanzeige (§ 371 AO) oder strafmildernde Offenbarung (§ 46 StGB). 8) Psychologische Hilfe: WEISSER RING / Trauma-Beratung – Stabilität hilft juristisch richtig zu handeln. 9) Plattform informieren: Täterprofil/Inhalte melden; DSA verpflichtet Betreiber zur Entfernung/Sperrung. 10) Strukturiert bleiben: Schritte dokumentieren, nichts überstürzen; professionelle Begleitung nutzen.
Kurzfazit
Wer Beweise sichert, Ruhe bewahrt und rechtliche Schritte koordiniert, kann Erpressung im Sugar-Dating-Umfeld wirksam stoppen. Opferschutz gilt auch dann, wenn eigenes Fehlverhalten im Raum steht – entscheidend ist besonnenes, aktives Handeln.
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