Auskunft und Schadensersatz bei Krypto-Betrug gegen Crypto.com, OpenPayd & DSGVO:
Verfasst von
Max Hortmann
03 Oct 2025
•
Lesezeit:
20 Minuten
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Einleitung – Crypto.com, Datenschutz & Haftung: Was tun bei Krypto-Betrug?
Ein leergeräumtes Wallet auf Crypto.com – für viele Betroffene beginnt so der Albtraum. Plötzlich ist das Guthaben verschwunden, der Support reagiert kaum, und die Spur des Geldes verliert sich über Foris MT, OpenPayd und internationale Transfers.
Doch rechtlich sind Sie nicht machtlos. Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) bietet Ihnen Rechte, mit denen Sie Transparenz und Haftung durchsetzen können – insbesondere:
Datenauskunft (Art. 15 DSGVO), um Logins, Transaktionen und beteiligte Dienstleister einzusehen,
Schadensersatz (Art. 82 DSGVO), wenn Sicherheitslücken, verspätete Informationen oder Datenpannen zum Verlust beigetragen haben.
Ziel dieses Beitrags ist es, Ihnen Schritt für Schritt zu zeigen, wie Sie Ihre Auskunftsrechte gezielt nutzen, wann eine Haftung der Plattform oder ihrer Partner greift und wie Sie durch schnelle Beweissicherung Ihre Ansprüche vorbereiten.
Am Ende wissen Sie: Auch im digitalen Finanzsystem gilt – Recht auf Daten heißt Recht auf Kontrolle.
1. Erste Schritte nach einem Wallet-Abfluss – Was Sie sofort tun sollten
1.1 Ruhe bewahren & Beweise sichern
Nach einem Betrug zählt jede Minute. Sichern Sie alles, was später beweisbar ist:
Screenshots Ihres Crypto.com-Dashboards (vor und nach dem Abfluss),
interne Vermerke oder Meldungen, falls verdächtige Aktivitäten erfasst wurden.
Ziel: Transparenz herstellen, um zu sehen, wann, von wo und über welche Infrastruktur der Zugriff auf Ihr Konto erfolgte.
Wenn Crypto.com oder Foris MT die Auskunft verzögert, unvollständig erteilt oder ganz verweigert, liegt bereits ein eigenständiger DSGVO-Verstoß vor – ein weiterer Ansatzpunkt für Ansprüche nach Art. 82 DSGVO.
Anzeige bei der Polizei oder FIU: Nutzen Sie den Verweis auf § 263 StGB (Betrug) und erwähnen Sie die Plattformpartner.
IT-Forensik: Lassen Sie prüfen, ob Schadsoftware (z. B. Remote-Access-Tools) den Zugriff ermöglicht hat.
Bankkontakt: Fordern Sie, wenn möglich, Rückrufe von Überweisungen an – auch verspätet kann das Konten einfrieren.
Dokumentation: Halten Sie alles chronologisch fest – Zeitpunkt, Reaktionen, Fristen, Ansprechpartner.
1.4 Warum die DSGVO jetzt entscheidend ist
Die DSGVO ist kein reines Datenschutzgesetz, sondern ein Verbraucherschutzinstrument. Sie zwingt Unternehmen wie Crypto.com, Daten offenzulegen, Verantwortung zu übernehmen und Sicherheitslücken als Pflichtverletzungen zu behandeln.
Für Sie bedeutet das:
Jede nicht nachvollziehbare Transaktion ist ein Ansatzpunkt.
Jede ausgelagerte Funktion (z. B. SEPA-Abwicklung durch OpenPayd) ist haftungsrelevant.
Jede verweigerte Auskunft kann ein eigenes Schadensthema werden.
Rechtlich beginnt Ihr Schutz also nicht erst beim Strafrecht, sondern bereits beim Datenschutz.
2. Auskunftsrecht nach DSGVO – Welche Daten muss Crypto.com herausgeben?
2.1 Ihr Recht auf Transparenz nach Art. 15 DSGVO
Als Nutzer einer in der EU tätigen Plattform wie Crypto.com haben Sie ein gesetzlich garantiertes Auskunftsrecht. Dieses umfasst alle personenbezogenen Daten, die das Unternehmen über Sie verarbeitet. Dazu gehören:
Stammdaten und KYC-Informationen: Name, Adresse, E-Mail, Ausweis- und Verifikationsdaten.
Nutzungs- und Sicherheitsdaten: Login-Protokolle, IP-Adressen, Gerätekennungen, Zwei-Faktor-Authentifizierung, Änderungen an Kontoeinstellungen.
Transaktions- und Zahlungsdaten: Ein- und Auszahlungen, interne Trades, Überweisungen an externe Wallets mit Zeit, Betrag und Zieladresse.
Empfänger personenbezogener Daten: Alle internen und externen Stellen, an die Crypto.com Ihre Daten weitergibt – etwa Foris MT Limited (EU-Tochter) oder OpenPayd (Zahlungsabwicklung).
Zwecke und Rechtsgrundlagen der Verarbeitung: Warum Ihre Daten gespeichert oder übermittelt werden.
Damit können Sie nachvollziehen, wer Zugriff auf welche Informationen hatte und ob Ihre Daten ordnungsgemäß geschützt wurden.
2.2 Warum das Auskunftsrecht so wichtig ist
Die meisten Krypto-Betrugsfälle scheitern in der Aufklärung nicht an der Technik, sondern am Informationsdefizit. Mit einer DSGVO-Auskunft können Sie:
Zugriffsmuster rekonstruieren: Wann, von welchem Gerät und aus welcher IP-Region wurden Abhebungen ausgeführt?
Verantwortliche Partner identifizieren: Welche Rolle spielten OpenPayd oder andere Dienstleister beim Geldfluss?
Pflichtverletzungen belegen: Fehlende Sicherheitsmaßnahmen oder verspätete Mitteilungen werden dokumentierbar.
Das Auskunftsrecht ist also kein bloßes Formular, sondern ein Beweisinstrument – der erste juristische Hebel, um Haftung aufzubauen.
2.3 Praxisbeispiel – Transparenz als Wendepunkt
Ein Mandant bemerkte verdächtige Abhebungen in seiner Crypto.com-App. Durch ein zielgerichtetes Auskunftsersuchen nach Art. 15 DSGVO erhielt er:
Login-Protokolle mit IP-Adressen aus einem Land, in dem er sich nie aufgehalten hatte,
Zeitstempel für Transaktionen, die kurz nach einer Ersteinzahlung erfolgten,
und die Information, dass alle SEPA-Zahlungen über OpenPayd Financial Services Malta Ltd liefen.
Mit diesen Daten ließ sich der Betrugsablauf exakt rekonstruieren. Als Crypto.com zunächst unvollständig antwortete, wurde der Verstoß selbst zum Ansatzpunkt: Verweigerte oder verspätete Auskünfte sind eigenständige DSGVO-Verstöße – und begründen bereits einen Anspruch auf Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO.
2.4 Typische Fehler der Plattformen
In der Praxis erleben wir regelmäßig:
verspätete Antworten jenseits der Ein-Monats-Frist,
pauschale Verweise auf „Sicherheitsgründe“,
unvollständige Aufstellungen ohne Partnernennung,
oder das vollständige Ignorieren von Auskunftsersuchen.
All das sind rechtswidrige Verhaltensweisen, die zusätzlich geahndet werden können. Die DSGVO verpflichtet Plattformen, Auskünfte vollständig, kostenlos und fristgerecht zu erteilen.
2.5 Ihr taktischer Vorteil
Eine gut vorbereitete DSGVO-Auskunft verschafft Ihnen:
Zeitliche Kontrolle – wer wann auf Ihr Konto zugriff,
Juristische Klarheit – welche Partner beteiligt waren,
Druckmittel – jede Verzögerung ist ein nachweisbarer Verstoß.
Im nächsten Abschnitt zeigen wir, wann Crypto.com und ihre Partner für Datenschutz- und Sicherheitsverstöße haften können und wie sich daraus konkrete Schadensersatzansprüche ergeben.
3. Haftung nach Art. 82 DSGVO – Wann haftet die Krypto-Plattform?
3.1 Grundprinzip: Verantwortung auch ohne Verschulden
Nach Art. 82 DSGVO haftet jedes Unternehmen, das personenbezogene Daten verarbeitet, verschuldensunabhängig für Verstöße. Das bedeutet: Wenn bei Crypto.com, Foris MT oder OpenPayd eine Datenschutzverletzung vorliegt – etwa eine unzureichende Sicherung oder verspätete Information – kann die Plattform zum Schadensersatz verpflichtet sein.
Sie muss nachweisen, dass sie in keinerlei Hinsicht für den Verstoß verantwortlich war. Gelingt dieser Beweis nicht, haftet sie automatisch.
3.2 Wann eine Haftung wahrscheinlich ist
1️⃣ Verletzung der Datensicherheit (Art. 32 DSGVO) Konnte ein Unbefugter auf Ihr Konto zugreifen, spricht das für mangelhafte technische oder organisatorische Maßnahmen. Crypto.com ist verpflichtet, sensible Daten wie Login-Protokolle, Transaktionen und Wallet-Adressen vor Zugriffen zu schützen.
Beispiel: Beim Security-Incident 2022 zwang Crypto.com alle Nutzer zur Neueinrichtung der Zwei-Faktor-Authentifizierung, nachdem unautorisierte Abhebungen aufgedeckt wurden. Schon dieser Vorfall zeigt: Sicherheitslücken sind kein theoretisches Risiko – sie können eine Haftung nach DSGVO auslösen.
2️⃣ Verspätete oder fehlende Information (Art. 33 / 34 DSGVO) Plattformen müssen Betroffene unverzüglich über Datenpannen informieren. Unterbleibt die Mitteilung, entsteht ein immaterieller Schaden durch Kontrollverlust – auch ohne finanziellen Verlust. Gerichte erkennen inzwischen an, dass bereits die Sorge um missbrauchte Daten eine Entschädigung rechtfertigen kann.
Übertragen auf Crypto.com: Wenn Ihre Daten durch ein Leak oder eine Sicherheitslücke kompromittiert wurden und Sie erst verspätet informiert werden, liegt ein Verstoß gegen die Informationspflichten vor – mit eigenständigem Anspruch auf Schadensersatz.
3️⃣ Unzulässige Weitergabe an Dritte Crypto.com darf personenbezogene Daten nur dann weitergeben, wenn dafür eine rechtmäßige Grundlage besteht. Gerade bei ausgelagerten Prozessen – etwa Zahlungen über OpenPayd oder Kontoführung durch Foris MT – trägt die Plattform die volle Verantwortung für den Datenschutz der eingebundenen Partner. Fehlt eine klare Regelung oder transparente Information, liegt eine Verletzung des Art. 13 und 28 DSGVO vor.
3.3 Gemeinsame Haftung mit Partnern (Foris MT & OpenPayd)
In der Praxis arbeiten mehrere Unternehmen an einer Transaktion: Crypto.com (Plattform) – Foris MT (Malta, E-Geld-Institut) – OpenPayd (Zahlungsabwickler). Alle drei bestimmen gemeinsam Zweck und Mittel der Datenverarbeitung.
Rechtlich entsteht dadurch eine gemeinsame Verantwortlichkeit (Art. 26 DSGVO). Sie haften gesamtschuldnerisch, d. h. Sie können sich an jedes dieser Unternehmen wenden, um Ersatz zu verlangen. Die interne Aufteilung spielt für Sie keine Rolle.
3.4 Was gilt als Schaden?
Die DSGVO unterscheidet zwischen materiellem und immateriellem Schaden:
Materiell: Verlust von Kryptowährungen oder Fiat-Geld infolge von Sicherheitslücken oder fehlender Transaktionsprüfung.
Eine Anlegerin überwies 12 000 € an ein OpenPayd-Konto von Foris MT, um über Crypto.com XRP zu kaufen. Innerhalb von Stunden wurde das Guthaben an eine externe Wallet transferiert. Die Plattform erklärte, „alles sei technisch korrekt abgelaufen“. Doch das DSGVO-Auskunftsersuchen zeigte:
Login aus fremdem Land,
keine Sperre trotz untypischem Verhalten,
keine Sicherheitswarnung.
Ergebnis: Pflichtverletzung nach Art. 32 DSGVO, da keine wirksamen Maßnahmen zum Schutz der personenbezogenen Transaktionsdaten bestanden. Die Betroffene machte Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO geltend – mit Erfolg: Die Plattform zahlte nach anwaltlicher Aufforderung einen Teilbetrag zur Abgeltung des immateriellen Schadens.
3.7 Ergänzende Anspruchsgrundlagen
Neben der DSGVO kommen ergänzend in Betracht:
§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. dem Geldwäschegesetz (Pflicht zur Transaktionsprüfung),
Vertragliche Nebenpflichtverletzungen bei unzureichender Sorgfalt,
Deliktische Haftung für Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
Diese Kombination erhöht den Druck auf die Plattform, außergerichtlich zu regulieren.
3.8 Fazit: Haftung ist kein Ausnahmefall
Die DSGVO verpflichtet Krypto-Plattformen zu mehr als nur Datenschutzerklärungen. Sie müssen Sicherheit, Transparenz und Kontrolle gewährleisten – sonst drohen Schadensersatz und Reputationsverlust.
Für Betroffene gilt:
Sie können sich auf konkrete Rechtsnormen stützen,
Sie haben Anspruch auf Auskunft, Beweise und Ersatz,
und Sie dürfen alle Beteiligten – Crypto.com, Foris MT, OpenPayd – gemeinsam in die Pflicht nehmen.
4. Beweise sichern – Welche Nachweise können Betroffene verlangen?
4.1 Warum Beweissicherung der entscheidende Schritt ist
Nach einem Krypto-Betrug entscheidet sich alles über Beweise. Nur wer den Ablauf dokumentieren kann, hat später Chancen auf Schadensersatz, Strafverfolgung oder die Rückforderung von Geldern. Die DSGVO hilft dabei: Sie gibt Ihnen ein Recht auf Auskunft und Datenkopien, mit denen sich Transaktionen und Sicherheitslücken rekonstruieren lassen.
4.2 Technische Beweise – was Crypto.com speichern muss
Crypto.com und die Partnerunternehmen (Foris MT, OpenPayd) sind verpflichtet, technische Protokolle vorzuhalten, die Aufschluss über den Ablauf geben. Dazu zählen:
Login- und IP-Daten: Datum, Uhrzeit, Gerät, Standort, Authentifizierungsmethode.
Zugriffs- und Sicherheitsprotokolle: Zwei-Faktor-Verfahren, Passwort-Änderungen, Gerätefreigaben.
Transaktionsjournale: Ein- / Auszahlungen, interne Käufe, Wallet-Transfers mit Hashes, Beträgen und Zeitpunkten.
Kommunikationslogs: E-Mails oder Push-Benachrichtigungen zu Login-Versuchen, Änderungen oder Warnungen.
Diese Datensätze sind oft der Schlüssel, um zu zeigen, wann der Angriff begann, von welchem Ort er ausging und wie das Geld abfloss.
4.3 Finanzielle Nachweise – was Banken und Zahlungsdienstleister liefern
Neben den Blockchain-Spuren sind auch klassische Bankunterlagen unverzichtbar:
SEPA-Überweisungen: Empfängername, IBAN, Bankinstitut, Verwendungszweck. Typisch: Foris DAX MT Limited oder OpenPayd Financial Services Malta Ltd.
Rückrufanfragen oder Bankmitteilungen: Ob und wann Ihre Hausbank eine Rückbuchung versuchte.
Kontoauszüge: Zeitliche Abfolge der Ein- und Ausgänge; oft Nachweis der ersten hohen Einzahlung unmittelbar vor dem Betrug.
Diese Dokumente zeigen, welcher Dienstleister das Geld entgegengenommen hat und wo Verantwortung beginnt.
4.4 Blockchain-Beweise – digitale Spur des Geldes
Wenn Kryptowährungen an externe Wallets übertragen wurden, lassen sich die Transaktionen meist über die Blockchain nachvollziehen. Notieren Sie:
Screenshots aus Blockchain-Explorern oder forensischen Tools.
Diese Daten ermöglichen später eine Rückverfolgung – etwa durch Ermittlungsbehörden oder spezialisierte Forensiker, die Adressen zu Exchanges zuordnen können.
4.5 Kommunikation mit Betrügern sichern
Falls der Kontakt über E-Mail, Messenger oder soziale Netzwerke erfolgte:
Speichern Sie Chatverläufe, Telefonnummern, Nicknames, Links und Screenshots.
Löschen Sie keine Nachrichten – selbst scheinbar belanglose Details können entscheidend sein.
Dokumentieren Sie auch Zeit, Medium und Tonfall der Kommunikation – sie belegen Manipulation und Vorsatz.
So lässt sich später nachweisen, dass Sie getäuscht wurden und keine freiwillige Verfügung vorlag.
4.6 DSGVO als Werkzeug der Beweissicherung
Nutzen Sie Ihr Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO gezielt: Verlangen Sie Kopien aller Daten, die Crypto.com, Foris MT oder OpenPayd über Sie gespeichert haben. Dazu gehören:
Login-Protokolle und IP-Listen,
Zahlungsdaten mit Gegenkonten,
interne Risiko- oder Compliance-Vermerke,
eventuelle Verdachtsmeldungen nach dem Geldwäschegesetz.
Jede verweigerte oder unvollständige Antwort ist selbst ein Datenschutzverstoß – und kann weiteren Druck aufbauen.
4.7 Praktisches Vorgehen – Schritt-für-Schritt
1️⃣ Alle digitalen Belege sichern (Screenshots, PDFs, E-Mails). 2️⃣ DSGVO-Auskunft an Crypto.com, Foris MT und OpenPayd senden. 3️⃣ Bankbelege anfordern und Rückrufanfragen dokumentieren. 4️⃣ Blockchain-Transaktionen auflisten und Hashes speichern. 5️⃣ Chronologie erstellen: Einzahlungen → Käufe → Abflüsse.
Diese strukturierte Dokumentation ist Grundlage jeder anwaltlichen oder behördlichen Maßnahme.
4.8 Fazit – Daten sind Beweise
Ein Krypto-Fall steht und fällt mit der Nachvollziehbarkeit der Abläufe. Jede IP-Adresse, jede Überweisung, jeder Screenshot ist ein Puzzleteil. Die DSGVO verleiht Ihnen das Recht, diese Puzzleteile einzufordern – von Crypto.com, Foris MT und OpenPayd gleichermaßen. Nur wer seine Spuren sichert, kann später Verantwortung nachweisen – und Schadenersatz durchsetzen.
5. Praxisbeispiel – Wie Betrüger Plattformstrukturen ausnutzen und welche Pflichtverletzungen relevant werden
5.1 Typischer Ablauf eines Betrugsfalls (Fallskizze)
Opfer wird über Social Media oder einen falschen Broker zu Crypto.com gelockt.
Registrierung, KYC und erste Einzahlung (häufig in Euro über SEPA).
Einzahlung landet technisch bei einem Zahlungsdienstleister (z. B. OpenPayd) und wird an Foris MT/Crypto.com weitergeleitet.
Kurz nach Einzahlung erfolgen abrupt Käufe und Transfers an externe Wallets – oft binnen Stunden.
Opfer bemerkt den Verlust; Plattform zeigt verzögerten oder nur unvollständigen Support.
Dieser Ablauf demonstriert, wie das Zusammenspiel von Zahlungsdienstleister, E-Geld-Institut und ExchangeKriminelle unterstützt, wenn Monitoring- und Interventionsmechanismen fehlen.
5.2 Welche Kontrollpflichten bestehen für die Beteiligten?
Foris MT / Crypto.com (Anbieterseite):
Pflicht zu angemessenen technischen und organisatorischen Maßnahmen (Art. 32 DSGVO).
Sorgfaltspflicht bei Transaktionsmonitoring und ungewöhnlichen Verhaltensmustern (KYC/AML).
Pflicht zur schnellen Information der Betroffenen bei Datenpannen (Art. 33 ff. DSGVO).
OpenPayd / Zahlungsdienstleister:
Pflicht zum Transaktionsmonitoring nach dem GwG (Verdachtsprüfung, Reporting).
Pflicht zur Identifizierung des wirtschaftlich Berechtigten und zur Dokumentation ungewöhnlicher Zahlungen.
Aufbewahrungspflichten für Zahlungsdaten, die Beweisrelevanz haben.
Gemeinsame Pflichten (Joint Controllership):
Transparenzpflichten gegenüber Nutzern über Rollen und Datenweitergaben.
Koordinationspflichten bei Sicherheitsvorfällen und Auskunftsersuchen.
5.3 Wo treten die typischen Pflichtverletzungen auf?
Fehlendes Alarmsystem: Große Ersttransfers + sofortiger Transfer an externe Wallets bleiben unerkannt.
Schlampige KYC/AML-Prüfung: Unzureichende Risikoklassifizierung oder fehlende Plausibilitätschecks.
Unvollständige Informationsweitergabe: Plattform nennt Dienstleister nicht oder liefert keine Protokolle bei Auskunftsanfragen.
Verzögerte Reaktion auf Rückrufanfragen der Bank: Bank versucht Rückruf, Dienstleister reagiert nicht ausreichend.
Unsichere Nutzerkonten: Fehlende oder fehlerhaft durchgesetzte 2FA-Regeln, unsaubere Session-Kontrollen.
Jede dieser Versäumnisse kann sowohl aufsichtsrechtliche Konsequenzen (Bußgelder, Verwarnungen) als auch zivilrechtliche Haftung begründen.
5.4 Konkrete Rechtsansätze gegen die Plattformen und Zahlungsdienstleister
Datenschutzrechtlich (DSGVO):
Art. 15 DSGVO: gezielte Auskunft über Logfiles, Empfänger und Transaktionsdaten fordern.
Art. 82 DSGVO: Schadenersatzklage bei nachweisbaren Pflichtverletzungen (Datenpanne, unzureichende Sicherheit).
Aufsichtsrechtlich / GwG:
Meldung an zuständige Finanzaufsicht (z. B. MFSA, wenn maltesische Tochter betroffen) wegen möglicher AML-Versäumnisse.
Hinweis an FIU oder nationale Aufsichtsbehörde: Prüfverfahren und Sanktionen möglich.
Zivilrechtlich:
Vertragliche Ansprüche gegen Foris MT / Crypto.com aus Nichterfüllung von Nebenpflichten.
Deliktische Ansprüche (§ 823 II BGB) wegen Verstoßes gegen Schutzgesetze (GwG) mit Schadensfolge.
Gesamt- und Rückgriffsansprüche: Ansprache mehrerer Verantwortlicher als Gesamtschuldner, anschließend Regress intern.
5.5 Beweisstrategie im Prozessfall
Frühzeitige DSGVO-Auskunft bei allen involvierten Stellen (Crypto.com, Foris MT, OpenPayd).
Setze Fristen (1 Monat) und drohe formell mit Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde und zivilrechtlichen Schritten.
Fordere Temporär-Sicherung sensibler Logs an (“Please preserve all logs and do not delete relevant entries”) — das verhindert Datenverlust durch automatische Löschzyklen.
Solche formal strengen Anfragen erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass Unternehmen kooperieren und Daten herausgeben.
5.7 Typisches Gegenargument der Plattformen — und wie man es entkräftet
Argument Plattform: „Wir sind nicht Ihr Vertragspartner / OpenPayd war nur Zahlungsdienstleister, daher keine Auskunftspflicht.“ Entgegnung: DSGVO schützt betroffene Personen unabhängig von Vertragsbeziehungen. Sobald personenbezogene Daten verarbeitet werden (z. B. Name, IBAN, Transaktionsverknüpfung), greift das Auskunftsrecht; gemeinsame Verantwortlichkeit kann vorliegen. Außerdem haften Plattformen vertraglich für ihre Zahlungsabwickler (Erfüllungsgehilfe).
5.8 Fazit: Warum das Praxisbeispiel lehrreich ist
Dieses Fallbeispiel zeigt: Nicht nur kriminelle Akteure sind verantwortlich — die Struktur der Zahlungsabwicklung und das Zusammenspiel der Dienstleister schaffen Angriffsflächen. Wer die Pflichtverletzungen systematisch aufzeigt (fehlendes Monitoring, eingeschränkte Informationsweitergabe, mangelhafte 2FA), baut eine belastbare Haftungsargumentation auf. Entscheidend ist die Koordination von DSGVO-Auskunft, Bankbelegen und Blockchain-Forensik — und die zügige Einbindung rechtlicher Unterstützung.
Sobald du verdächtige Transaktionen oder unautorisierte Abhebungen bemerkst:
1️⃣ Zugang sichern: Passwort ändern, Zwei-Faktor-Authentifizierung neu aufsetzen, Geräte abmelden. 2️⃣ Konto nicht schließen: Daten und Logs dürfen nicht gelöscht werden – Beweise müssen erhalten bleiben. 3️⃣ Beweise sichern: Screenshots, Kontoauszüge, Wallet-Hashes, E-Mails, Support-Korrespondenz. 4️⃣ Bank informieren: Rückruf der Überweisungen beantragen; Banken müssen bei Verdacht auf Betrug kooperieren. 5️⃣ Anzeige erstatten: Polizei oder Staatsanwaltschaft – Verweis auf § 263 StGB (Betrug) und Beteiligung von Foris MT / OpenPayd. 6️⃣ DSGVO-Auskunft anfordern: an Crypto.com, Foris MT und OpenPayd gleichzeitig (Art. 15 DSGVO).
Je früher die Spur gesichert wird, desto größer die Chancen, Geldströme und Verantwortlichkeiten nachzuvollziehen.
6.2 Checkliste für die anwaltliche Vorbereitung
Chronologische Übersicht aller Zahlungen und Transaktionen.
Nachweise über Kommunikationsversuche mit Plattform und Bank.
Schriftverkehr mit Betrügern oder „Broker“-Kontakten (inkl. Screenshots).
Kontoauszüge mit Empfängerdaten (Foris DAX MT Ltd., OpenPayd).
Kopien der DSGVO-Anfragen und Antworten.
Psychologische oder gesundheitliche Folgen dokumentieren (für immateriellen Schaden).
Diese Dokumente bilden die Basis, um Ansprüche nach Art. 82 DSGVO, § 823 BGB und ggf. GwG-Verstößen aufzubauen.
6.3 Wann ein Anwalt eingeschaltet werden sollte
Ein spezialisierter Rechtsanwalt kann:
formgerechte DSGVO-Auskunfts- und Sicherungsanträge formulieren,
Fristen setzen und Nachweis der Datenverarbeitung einfordern,
außergerichtlich Schadensersatz fordern oder Vergleichsangebote prüfen,
koordinierte Kommunikation mit Aufsichts- und Ermittlungsbehörden übernehmen.
Gerade wenn die Plattform oder der Dienstleister schweigt, ist eine anwaltliche Eskalation häufig der Wendepunkt.
6.4 Umgang mit der Plattform – richtig kommunizieren
Bleiben Sie sachlich, bestimmt und dokumentierbar:
Fordern Sie schriftliche Antworten – keine Chat-Verläufe ohne Nachweis.
Verweisen Sie auf Ihre Rechte aus Art. 15, 32, 33, 82 DSGVO.
Setzen Sie eine Frist von 30 Tagen für vollständige Auskunft.
Kündigen Sie an, sich an die Datenschutzaufsicht (z. B. Malta / UK) zu wenden, falls keine Reaktion erfolgt.
Diese Form schafft rechtlichen Druck, ohne Eskalation in den Tonfall – professionell, aber unmissverständlich.
6.5 Zusammenarbeit mit Behörden und Banken
Reichen Sie Anzeige bei der Cybercrime-Abteilung ein; fügen Sie alle Blockchain- und Bankdaten bei.
Kontaktieren Sie Ihre Bank schriftlich, um die Nachverfolgung der Zahlungspfad-IBANs (OpenPayd / Foris MT) anzustoßen.
Erwähnen Sie die Pflicht der Institute zur Kooperation nach § 43 GwG.
Geben Sie bei Behörden an, dass Sie bereits DSGVO-Auskunftsverfahren laufen haben – das zeigt Eigeninitiative und Professionalität.
6.6 Strategische Eskalation – Schritt für Schritt
1️⃣ DSGVO-Auskunft: Transparenz über Daten und Partner. 2️⃣ Haftungsanzeige: Plattform schriftlich auf mögliche Pflichtverletzungen hinweisen. 3️⃣ Aufsichtsbehörden: Beschwerde wegen Datenschutz- oder GwG-Verstoß einreichen. 4️⃣ Schadensersatzforderung: Anspruch nach Art. 82 DSGVO beziffern (materiell + immateriell). 5️⃣ Zivilrechtliche Klage: falls keine Einigung erzielt wird.
Diese Reihenfolge schafft dokumentierten Druck und erhält Ihre Beweiskette lückenlos.
6.7 Fazit – Handeln statt abwarten
Ein Krypto-Betrug ist kein endgültiger Verlust. Mit konsequenter Beweissicherung, klaren Auskunftsersuchen und rechtlicher Unterstützung lassen sich Daten, Pflichten und Verantwortlichkeiten offenlegen. Die DSGVO gibt Ihnen das Werkzeug, das viele Betroffene übersehen: Auskunft = Macht.
Je schneller Sie aktiv werden, desto größer ist die Chance auf Rückverfolgung, Haftung und Entschädigung.
7. Fazit & Call-to-Action — Jetzt handeln, bevor Spuren verschwinden
Kurzfazit: Krypto-Betrug ist kein Schicksalsschlag, sondern eine juristische Aufgabe: Beweise sichern, Auskunft verlangen, Pflichten ansprechen, rechtlich eskalieren. Die DSGVO (Art. 15, 32, 33, 82) ist dabei ein mächtiges Werkzeug — Auskunft = Transparenz = Handhabbarkeit. Parallel wirken zivil- und aufsichtsrechtliche Wege (GwG-Pflichten, regulatorische Beschwerden) als zusätzlicher Druck auf Plattformen und Zahlungsdienstleister.
Was wir für Sie tun können Wir prüfen Ihre Beweislage, formulieren DSGVO-Auskunfts- und Sicherungsanträge, setzen Fristen, leiten Beschwerden bei den Aufsichtsbehörden ein und fordern Schadenersatz durch — notfalls gerichtlich. Wir verbinden datenschutzrechtliche Hebel mit zivilrechtlicher Durchsetzung und aufsichtsrechtlicher Eskalation.
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Eine starke Kundenauthentifizierung ist nur dann wirksam, wenn der Nutzer sein Gerät und seine biometrischen Merkmale freiwillig und eigenständig kontrolliert. Wird ein Smartphone geraubt oder unter Gewalt genutzt, ist die 2FA kein Sicherheitsmerkmal, sondern ein vom Täter missbrauchtes Werkzeug. Technische Logs oder „erfolgreiche“ 3D-Secure-Popups belegen keinen Kundenwillen. Das Zahlungsdiensterecht verlangt echte Zustimmung; die Bank trägt das Risiko, wenn Täter ein Gerät kompromittieren. Zahlungen über ein geraubtes Smartphone sind nicht autorisiert und müssen erstattet werden.l
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Täterhandlungen dürfen einem Opfer von Gewalt zu keinem Zeitpunkt zugerechnet werden. Weder Anscheinsbeweis noch Rechtsscheinkonstruktionen greifen, wenn der Betroffene die Kontrolle über sein Gerät nicht mehr besitzt. Grobe Fahrlässigkeit setzt ein subjektiv unentschuldbares Fehlverhalten voraus, das in einer Gewaltsituation per definitionem ausgeschlossen ist. Die Rechtsprechung bestätigt klar, dass Opfer eines Überfalls nicht für die Taten Dritter haften können und dass jede Form der Zurechnung oder Verantwortung in solchen Konstellationen gegen das System des Zahlungsdiensterechts verstößt.
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Wer Opfer eines Überfalls wird und dadurch sein Handy oder seine Kreditkarte verliert, autorisiert keine der nachfolgenden Zahlungen. Das Zahlungsdiensterecht verlangt eine bewusste, freiwillige Willenserklärung; Gewalt zerstört diese Möglichkeit vollständig. Technische Protokolle einer 2FA oder 3D-Secure-Freigabe beweisen keinen Willen, sondern lediglich, dass Täter das Gerät unter Kontrolle hatten. Die PSD2 und die Rechtsprechung ordnen das Missbrauchsrisiko der Bank zu, nicht dem Opfer. Jede Belastung nach körperlicher Gewalt ist daher ein nicht autorisierter Zahlungsvorgang, der vollständig zu erstatten ist.