Krypto-Verluste und Betrugsfälle - Tücken bei privaten Veräußerungen
Verluste nach § 23 EStG – nur im selben Jahr nutzbar
Bei Kryptowährungen gelten Verluste – wie Gewinne – als sonstige Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften(§ 23 EStG). Sie können innerhalb desselben Kalenderjahres mit Gewinnen aus privaten Veräußerungen verrechnet werden. Dazu zählen auch Gold oder Immobilien (bei Haltedauer unter zehn Jahren).
Aber: Verluste können nicht in andere Jahre vorgetragen werden. Das unterscheidet § 23 EStG von vielen anderen Einkunftsarten.
Beispiel:
- Ein Anleger verkauft 2025 Bitcoin mit 5.000 € Verlust (Haltedauer < 1 Jahr), hat aber keine weiteren Veräußerungsgewinne in 2025. Der Verlust verpufft steuerlich.
- Hätte er im selben Jahr Ethereum mit 5.000 € Gewinn verkauft, würden beide saldiert – keine Steuer.
👉 Fazit: Timing ist entscheidend. Verluste möglichst in Jahren realisieren, in denen auch Gewinne anfallen.
Verluste durch Betrug oder Hacks – steuerlich meist wertlos
Besonders ärgerlich sind Krypto-Verluste durch Diebstahl, Betrug oder Börseninsolvenzen. Hier fehlt oft der steuerlich anerkannte Realisationsakt.
- Wallet-Hack: Coins werden entwendet, aber kein Verkauf – steuerlich Null-Ereignis.
- Betrug durch Scammer: Überweisungen an Betrüger sind wirtschaftlich ein Verlust, steuerlich aber nicht abziehbar.
- Insolvenz einer Börse: Nur wenn ein amtlicher Insolvenzverlust bescheinigt wird, könnte das ggf. als Forderungsausfall nach § 20 EStG berücksichtigt werden.
👉 Ergebnis: Solche Verluste landen häufig „im steuerlichen Nichts“.
Sonderfall: Betrugsverluste im Betriebsvermögen
Wenn Krypto im Betriebsvermögen gehalten wird, können Verluste ggf. als Betriebsausgaben abziehbar sein – etwa wenn ein betriebliches Wirtschaftsgut durch eine strafbare Handlung verloren geht.
Beispiel: Eine Firma erhält Zahlungen in Bitcoin. Beim Umtausch fällt der Geschäftsführer auf einen Betrug herein. Hier wäre ein Betriebsausgabenabzug denkbar – unbedingt professionellen Rat einholen.
Verluste aus Staking oder Mining
- Staking/Mining zählen meist zu den sonstigen Einkünften (§ 22 EStG).
- Übersteigen Aufwendungen die Erträge (z. B. Stromkosten beim Mining), entsteht ein negativer Überschuss.
- Ob dieser verrechenbar ist, hängt von der Einstufung ab:
- Liebhaberei: Kein Verlustabzug.
- Gewerblich: normale Verlustverrechnung.
- Für private Staker sind Verluste ungewöhnlich, da Anschaffungskosten erst beim Verkauf relevant werden.
Praxis-Tipp
- Verluste im selben Jahr nutzen: Stehen Coins im Minus und es gab im Jahr schon Gewinne, kann ein Verkauf vor Jahresende sinnvoll sein, um Verluste gegenzurechnen.
- Vorsicht bei Rückkauf: Sofortiges Zurückkaufen derselben Coins kann als Gestaltung wirken. In Deutschland gibt es zwar keine strenge „Wash-Sale-Regel“ wie in den USA, aber ein zu offensichtliches Hin-und-Her könnte Fragen aufwerfen.
👉 Kurz: Verlustverrechnung bei Krypto ist voller Tücken. Betrugs- und Hackverluste verpuffen oft steuerlich, private Verluste sind nur im selben Jahr nutzbar. Umso wichtiger ist gutes Timing – und im Zweifel professionelle Beratung.
Verlustvortrag und Verlustrücktrag: Möglichkeiten für Unternehmen und Selbständige
Allgemeiner Rahmen – § 10d EStG
Neben den besonderen Regeln für Kapitaleinkünfte gilt für viele Einkunftsarten die allgemeine Verlustverrechnung nach § 10d EStG. Dazu zählen Einkünfte aus Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit, Vermietung oder Überschussrechnungen. Solange keine speziellen Beschränkungen greifen, gilt eine einfache Faustregel:
- Innerperiodisch: Verluste können im selben Jahr mit Gewinnen anderer Einkunftsarten verrechnet werden (horizontal und vertikal).
👉 Beispiel: Ein Gewerbeverlust kann das steuerpflichtige Gehalt mindern.
Verlustrücktrag – Steuern ins Vorjahr zurückholen
Ein Verlust kann bis zu einem gewissen Betrag in das vorherige Jahr zurückgetragen werden:
- Rücktragshöhe: Bis zu 10 Mio. € (bei Einzelveranlagung 5 Mio. €).
- Zeitliche Grenze: Nur ein Jahr zurück.
- Flexibilität: Der Rücktrag kann auf Wunsch begrenzt werden – etwa wenn im Vorjahr nur geringe Steuern anfielen und man den Verlust lieber für die Zukunft „aufheben“ möchte.
Praxisbeispiel:
2022 erzielt ein Unternehmen einen hohen Gewinn, 2023 aber einen deutlichen Verlust. Mit dem Verlustrücktrag können die Verluste aus 2023 nach 2022 verlagert werden → Rückerstattung der damals gezahlten Steuern und damit bessere Liquidität.
👉 Der Antrag erfolgt im Rahmen der Steuererklärung des Verlustjahres.
Verlustvortrag – in die Zukunft verschieben
Nicht genutzte Verluste werden automatisch in die Zukunft vorgetragen.
- Grundsatz: unbegrenzter Vortrag möglich.
- Mindestbesteuerung: Bis 1 Mio. € jährlich unbeschränkt nutzbar; darüber hinaus nur zu 60 % des den 1 Mio. € übersteigenden Gewinns.
- Relevanz: Diese Grenze betrifft vor allem Unternehmen mit sehr hohen Gewinnen.
Besondere Aspekte bei Unternehmen
Für Kapitalgesellschaften gelten vergleichbare Regeln, allerdings sind Verluste an die Gesellschaft gebunden – kein Ausgleich mit Einkünften der Gesellschafter möglich.
⚠️ Vorsicht: Verlustuntergang nach § 8c KStG.
- Wird mehr als 50 % der Anteile übertragen, können Verlustvorträge ganz oder teilweise verloren gehen.
- Ausnahmen: Konzerninterne Umstrukturierungen oder der fortführungsgebundene Verlustvortrag, wenn die Geschäftstätigkeit im Wesentlichen unverändert bleibt.
Corona-Sonderregelungen
Während der Covid-Krise gab es zeitweise erweiterte Rücktragsmöglichkeiten. Diese Sonderregeln sind inzwischen ausgelaufen – aktuell gelten wieder die normalen Grenzen nach § 10d EStG.
Transparenz und Nachweis von Verlusten
Mit wachsender internationaler Transparenz (z. B. DAC8) können Finanzämter künftig genauer nachvollziehen, ob Verluste tatsächlich realisiert wurden.
- Wichtig: Nur echte Verluste deklarieren.
- Beispiel: Ein Kurssturz bei Kryptowährungen reicht nicht – steuerlich relevant ist erst ein Verkauf.
- Wer Verluste „deklariert“, obwohl die Assets noch gehalten werden, riskiert Nachfragen und Probleme.
Fazit
- Innerhalb des Jahres: Verluste mit Gewinnen anderer Einkünfte verrechnen.
- Rücktrag: Verluste ins Vorjahr, um dort Steuern zurückzuholen.
- Vortrag: Nicht genutzte Verluste unbegrenzt in die Zukunft, mit Einschränkungen bei hohen Beträgen.
- Unternehmen: Vorsicht bei Anteilsübertragungen – Gefahr des Verlustuntergangs.
- Dokumentation: Nur echte, nachweisbare Verluste angeben – besonders im Krypto-Bereich wichtig.
👉 Für Selbständige und Unternehmen lohnt sich eine sorgfältige Planung: Rücktrag für kurzfristige Liquidität, Vortrag für langfristige Steueroptimierung.
DAC8-Risiken: Verluste und automatischer Abgleich
Mit DAC8 rückt nicht nur die Besteuerung von Gewinnen in den Fokus, sondern auch der Umgang mit Verlusten. Künftig sehen die Steuerbehörden das Gesamtbild der Transaktionen: Wer hohe Gewinne und hohe Verluste angibt, muss diese Angaben anhand der von Kryptobörsen gemeldeten Daten untermauern können.
Risikoaspekte:
- Kreative Verlustgestaltung: Wenn Verluste künstlich erzeugt werden (z. B. durch Geschäfte mit befreundeten Personen), fällt das im Datenabgleich schnell auf.
- Dubiose Verluste: Verluste durch Hacks oder Betrug sind schwer einzuordnen und können Rückfragen provozieren.
- Unternehmen: Auch grenzüberschreitende Verlustverrechnungen – etwa durch gezielte Verlagerungen über Verrechnungspreise – lassen sich im automatischen Informationsaustausch leichter erkennen.
Praxis: Macht ein Anleger 2026 einen hohen Krypto-Verlust geltend, kann der Prüfer dank DAC8 direkt die Transaktionsdaten einsehen und prüfen, ob ein Verkauf mit Verlust tatsächlich stattgefunden hat. Stimmen die Angaben, ist alles in Ordnung. Weichen sie ab, sind Rückfragen sicher.
👉 Für Anleger heißt das: Noch sorgfältigere Dokumentation. Etwa bei Totalverlusten sollten Belege wie Exchange-Schließungen oder E-Mails über den Ausfall vorliegen, um im Zweifel die Anerkennung zu erreichen.
Hinweise für Anleger und Unternehmen zum Umgang mit Verlusten
1. Verluste zeitnah nutzen
- Verluste nicht verfallen lassen, sondern möglichst im Jahr der Entstehung gegen Gewinne verrechnen.
- Privatanleger: Prüfen Sie jedes Jahr Ihre Gewinn- und Verlustsituation. Bei unverrechneten Gewinnen kann es sinnvoll sein, Verlustbringer noch vor Jahresende zu verkaufen („Verlustrealisation“).
- Unternehmen: Verlustrücktrag nutzen, um Steuern aus dem Vorjahr zurückzuholen.
- Kapitalgesellschaften: Bei Verlustvorträgen unbedingt Anteilseignerwechsel beachten (§ 8c KStG) – andernfalls droht Verlustuntergang.
2. Dokumentation von Verlusten
- Wertpapiere: Transaktionsbelege mit Kauf- und Verkaufskurs.
- Krypto: Transaktions-IDs, Wallet-Verläufe.
- Forderungsausfälle: Mahnungen, Insolvenzbekanntmachungen, Schreiben des Insolvenzverwalters.
- Besondere Fälle: Bei Diebstahl oder Betrug – Polizeianzeige und Schriftverkehr sammeln, auch wenn steuerliche Anerkennung unklar ist.
👉 Je besser die Belege, desto höher die Chance, dass das Finanzamt den Verlust anerkennt.
3. Ehrlich und konsistent bleiben
- Angaben müssen mit DAC8-Daten übereinstimmen.
- Keine falsche Zuordnung, nur weil es steuerlich günstiger wäre.
- Beispiel: Ein Krypto-Verlust gehört zu § 23 EStG – nicht künstlich zu § 20 „umetikettieren“.
👉 Inkonsistenzen führen nur zu intensiveren Prüfungen.
4. Beratung bei komplexen Verlusten einholen
- Besondere Konstellationen (Auslandsinvestments, Beteiligungen, Steuerstundungsmodelle) erfordern Expertenrat.
- Verluste aus geschlossenen Fonds unterliegen oft Abzugsverboten.
- Krypto-Lending könnte steuerlich wie Kapitalforderungen behandelt werden – mit eigenen Regeln.
5. Vorausschauende Planung für Unternehmen
- Firmen mit schwankenden Gewinnen sollten Steuerplanung betreiben:
- In guten Jahren Rücklagen bilden,
- Verluste durch Rücktrag optimieren,
- internationale Gestaltungen nur im Rahmen des Erlaubten nutzen.
- Europäische Rechtsprechung (z. B. zum finalen Verlustaussgleich) eröffnet in Einzelfällen Möglichkeiten – das ist aber Beraterkunst und erfordert Spezialisten.
6. Transparenz gegenüber dem Finanzamt
- Legitime Verluste besser offen und gut begründet angeben.
- Dank DAC8 hat die Behörde ohnehin viele Daten – Verschweigen bringt nichts.
- Im Zweifel mit erläuternden Hinweisen in der Steuererklärung arbeiten („Verlust aus Insolvenz der XY-Börse, Nachweise beigefügt“).
Fazit
Mit DAC8 steigt die Transparenz – und damit auch die Prüfungsintensität bei Verlusten. Anleger und Unternehmen sollten:
- Verluste rechtzeitig nutzen,
- sie sauber dokumentieren,
- bei besonderen Fällen Beratung einholen,
- und offen kommunizieren.
👉 Wer sorgfältig und ehrlich arbeitet, muss auch bei hohen Verlusten keine Angst vor DAC8 haben – sondern kann seine steuerlichen Möglichkeiten optimal ausschöpfen.
Fazit
Verluste gehören zum Wirtschaftsleben dazu – und das Steuerrecht bietet Möglichkeiten, sie steuermindernd zu berücksichtigen. Durch jüngste Änderungen sind vor allem Kapitalanleger entlastet worden: Die starre 20.000-€-Grenze ist Geschichte – Gewinne und Verluste werden wieder symmetrischer behandelt. Krypto-Anleger müssen dagegen wachsam bleiben: Verluste sind nur im selben Jahr mit Gewinnen verrechenbar, ein Vor- oder Rücktrag ist nicht möglich. Verluste durch Betrug oder technische Ausfälle bleiben meist steuerlich unverwertbar – hier hilft nur Prävention.
Mit zunehmender Transparenz, insbesondere durch DAC8, ist es wichtiger denn je, Verluste korrekt und nachvollziehbar darzustellen. Alte „Steuersparmodelle“ durch Verlustzuweisungen sind passé; gefragt sind solide Dokumentation und vorausschauende Planung. Für Unternehmen und Anleger gleichermaßen gilt: Nutzen Sie die gesetzlichen Spielräume – Rücktrag, Vortrag, Verlustausgleich – aber bleiben Sie realistisch.
Wer ehrlich Bilanz zieht, Nachweise sauber führt und sich im Zweifel beraten lässt, kann aus einem Minus immerhin noch ein Plus machen – in Form einer geringeren Steuerlast. Transparenz und Planung sorgen dafür, dass Verluste nicht zum Blindflug werden, sondern steuerlich kontrolliert genutzt werden können. So bleibt auch in stürmischen Zeiten der Kurs steuerlich stabil.