Wann WEG-Beschlüsse unwirksam sind – Anfechtung oder Nichtigkeit?
Verfasst von
Max Hortmann
26 Oct 2025
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Wann WEG-Beschlüsse unwirksam sind – Anfechtung oder Nichtigkeit?
WEG-Beschlüsse können oft erfolgreich angefochten oder als nichtig erklärt werden. Wichtig ist schnelles Handeln, die richtige Frist und eine saubere Begründung.
Anfechtbar oder nichtig? Die rechtliche Einordnung fehlerhafter WEG-Beschlüsse
Nicht jeder fehlerhafte Beschluss ist automatisch unwirksam – das ist ein häufiger Irrtum. Das Wohnungseigentumsgesetz unterscheidet zwei Kategorien:
1. Anfechtbare Beschlüsse Diese gelten zunächst als wirksam, können aber innerhalb einer Frist von einem Monat (§ 45 WEG) angefochten und gerichtlich für ungültig erklärt werden. Typische Beispiele: sachlich unbegründete Sonderumlagen, fehlerhafte Kostenverteilung, oder ein Beschluss, der nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.
2. Nichtige Beschlüsse Nichtige Beschlüsse sind von Anfang an unwirksam – sie entfalten keinerlei Rechtswirkung. Dies betrifft insbesondere Fälle, in denen gegen zwingendes Gesetzesrecht oder die Gemeinschaftsordnung verstoßen wird. Beispiel: Ein Eigentümer wird absichtlich nicht zur Versammlung eingeladen – das verletzt sein grundlegendes Mitgliedschaftsrecht.
Die gesetzliche Grundlage für die Nichtigkeit liefert § 23 Abs. 4 WEG: Beschlüsse, die gegen gesetzlich nicht abdingbare Vorschriften verstoßen, sind nichtig. Anfechtbare Fehler hingegen betreffen meist Verfahrensmängel oder inhaltliche Unangemessenheiten – diese müssen aktiv gerichtlich angegriffen werden.
Praxisbeispiel: Wird in einer Versammlung mehrheitlich beschlossen, dass ein einzelner Eigentümer bestimmte Sanierungskosten alleine trägt, obwohl dies der Teilungserklärung widerspricht, liegt eine klare Kompetenzüberschreitung vor. Ein solcher Beschluss wäre nichtig. Wird hingegen lediglich der falsche Verteilerschlüssel angewandt, ist der Beschluss zwar angreifbar – aber erst dann unwirksam, wenn ein Gericht ihn aufhebt.
Tatbestandsvoraussetzungen der Beschlussanfechtung (§ 44 WEG)
Wer einen Beschluss der Eigentümerversammlung anfechten möchte, muss bestimmte Voraussetzungen beachten – sowohl inhaltlich als auch formal. Denn ein bloßes Unwohlsein oder eine ungünstige Mehrheitsentscheidung reichen nicht aus. Die Anfechtungsklage muss gut begründet und fristgerecht erhoben werden.
1. Fehlerhafte Beschlussfassung
Damit ein Beschluss anfechtbar ist, muss er gegen das Gebot ordnungsmäßiger Verwaltung (§ 19 WEG) oder gegen andere rechtliche Vorschriften verstoßen. Häufige Anfechtungsgründe sind:
Fehler bei der Einberufung oder Ladung: z. B. zu kurze Frist oder fehlende Tagesordnungspunkte
Verstoß gegen die Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung
Unverhältnismäßige Sonderumlagen oder Rücklagenbildung
Ungerechte Kostenverteilung ohne sachliche Begründung
Formmängel beim Beschluss selbst: etwa unklare Formulierungen oder fehlende Protokollierung
2. Klageberechtigung
Grundsätzlich kann jeder betroffene Wohnungseigentümer klagen, der durch den Beschluss unmittelbar benachteiligt wird oder dessen Mitgliedschaftsrechte betroffen sind. Typischerweise sind es Minderheitseigentümer, die sich gegen eine ungünstige Mehrheitsentscheidung wehren wollen.
3. Klagefrist – ein Monat ab Beschlussfassung
Die Klage muss innerhalb eines Monats nach dem Beschluss gerichtlich eingereicht werden (§ 45 Abs. 1 WEG). Die Frist beginnt mit dem Ende der Eigentümerversammlung, in der der Beschluss gefasst wurde – nicht mit der schriftlichen Zustellung des Protokolls.
4. Begründung und Beweissicherung
Die Klage muss nicht nur rechtzeitig, sondern auch inhaltlich begründet sein. Es reicht nicht, nur „mit Nein gestimmt“ zu haben. Der Kläger muss nachvollziehbar darlegen, worin genau der Rechtsverstoß liegt.
Dazu gehört:
die konkrete Darstellung des Beschlussinhalts
Angabe des Verstoßes (z. B. fehlende Wirtschaftlichkeit)
Hinweis auf Verstöße gegen Teilungserklärung oder gesetzliche Vorschriften
idealerweise: Nachweise wie Vergleichswerte, Protokolle oder Gutachten
Tipp: Auch wenn ein Beschluss überraschend kam – sammeln Sie sofort alle verfügbaren Unterlagen (Versammlungsprotokoll, Einladung, Kostenvoranschläge) und sichern Sie sich anwaltliche Beratung. Nur so kann die Klage fundiert vorbereitet und fristgerecht eingereicht werden.
Wann ein Beschluss nichtig ist (§ 23 Abs. 4 WEG)
Nicht jeder fehlerhafte Beschluss muss mit einer Klage angefochten werden. In bestimmten Fällen ist ein Beschluss von Anfang an nichtig – also automatisch unwirksam. Die Nichtigkeit kann jederzeit gerichtlich festgestellt werden und ist nicht fristgebunden. Dennoch empfiehlt sich rasches Handeln, um Folgewirkungen zu vermeiden.
1. Was macht einen Beschluss nichtig?
Ein Beschluss ist nichtig, wenn er:
gegen zwingendes Gesetzesrecht verstößt (z. B. § 134 BGB),
offensichtlich unbestimmt oder nicht durchführbar ist,
außerhalb der Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung liegt,
grob gegen Treu und Glauben oder die guten Sitten verstößt (§ 138 BGB),
oder ein Mitgliedschaftsrecht unzulässig einschränkt.
2. Typische Nichtigkeitsgründe
Kompetenzüberschreitung: Die Eigentümerversammlung beschließt über Themen, die allein durch notarielle Vereinbarung geregelt werden dürfen (z. B. Änderungen der Teilungserklärung).
Verstoß gegen Gesetz oder Teilungserklärung: Ein Beschluss zur Änderung der Kostenverteilung ohne entsprechende Ermächtigung ist nichtig.
Nichtladung einzelner Eigentümer: Wird ein Eigentümer absichtlich oder grob fahrlässig nicht eingeladen, liegt ein schwerwiegender Verstoß vor.
Offensichtlich sinnwidrige Beschlüsse: z. B. der Beschluss, das Gemeinschaftseigentum aufzugeben.
3. Unterschied zur Anfechtung
Der wichtigste Unterschied: Nichtigkeit muss nicht innerhalb der Monatsfrist geltend gemacht werden. Sie kann auch später noch gerichtlich festgestellt werden. Allerdings besteht in der Praxis oft Streit darüber, ob es sich wirklich um Nichtigkeit handelt – oder doch nur um einen anfechtbaren Mangel.
Daher gilt:
Je schwerwiegender der Verstoß, desto eher liegt Nichtigkeit vor. Im Zweifel hilft eine fundierte rechtliche Prüfung.
Praxistipp: Eigentümer sollten bei formell oder inhaltlich grob fehlerhaften Beschlüssen umgehend rechtliche Beratung einholen. So lässt sich klären, ob Nichtigkeit vorliegt – oder ob zur Sicherheit trotzdem eine Anfechtungsklage erhoben werden sollte.
Fristen und Formerfordernisse für die Anfechtung (§ 44, § 45 WEG)
Wer einen Beschluss anfechten möchte, muss schnell und formal korrekt handeln. Denn anders als bei nichtigen Beschlüssen gilt für anfechtbare Beschlüsse eine klare Klagefrist – und deren Versäumung kann gravierende Folgen haben.
1. Anfechtungsfrist: Nur ein Monat ab Beschlussfassung
Gemäß § 45 Abs. 1 WEG muss die Anfechtungsklage spätestens einen Monat nach der Eigentümerversammlung beim zuständigen Gericht eingereicht werden. Die Frist beginnt mit dem Tag der Versammlung – nicht erst mit der Protokollzustellung.
2. Begründungsfrist: Zwei Monate Zeit für Argumente
Die Klage muss nicht sofort vollumfänglich begründet sein. Dafür gewährt das Gesetz eine zweite Frist von zwei Monaten ab Beschlussfassung (§ 45 Abs. 1 Satz 2 WEG). Innerhalb dieser Zeit müssen die konkreten Anfechtungsgründe nachvollziehbar dargelegt werden – etwa Fehler in der Einladung, formelle Mängel oder Verstöße gegen ordnungsmäßige Verwaltung.
3. Formvorgaben
Die Klage muss schriftlich beim Amtsgericht eingereicht werden (in der Regel beim Gericht des Ortes, in dem die Immobilie liegt).
Anwaltszwang: Eigentümer können die Klage nur durch einen Anwalt einreichen lassen (§ 43 Abs. 1 WEG).
Es fallen Gerichtskosten an – ein Gerichtskostenvorschuss ist mit der Einreichung zu leisten.
4. Was passiert bei Fristversäumnis?
Ein nicht fristgerecht angefochtener Beschluss wird bestandskräftig – selbst wenn er objektiv fehlerhaft ist. Die spätere Durchsetzung ist dann in der Regel ausgeschlossen, es sei denn, es liegt Nichtigkeit vor.
Praxistipp: Protokoll umgehend prüfen und rechtliche Beratung einholen – idealerweise noch am Tag der Versammlung oder unmittelbar danach.
Wann ist ein Beschluss nichtig – und wann nur anfechtbar?
Nicht jeder fehlerhafte Beschluss ist automatisch unwirksam. Das WEG unterscheidet zwischen anfechtbaren und nichtigen Beschlüssen:
Anfechtbare Beschlüsse (§ 44 WEG) sind zunächst gültig, können aber durch Klage aufgehoben werden – etwa bei sachwidriger Kostenverteilung oder fehlerhafter Beschlussfassung.
Nichtige Beschlüsse (§ 23 Abs. 4 WEG) sind von Anfang an unwirksam, z. B. wenn sie gegen zwingendes Recht verstoßen oder außerhalb der Zuständigkeit der Gemeinschaft gefasst wurden.
Beispiele:
Nichtigkeit: Ein Eigentümer wurde absichtlich nicht eingeladen – sein Teilnahmerecht wurde gravierend verletzt.
Anfechtbarkeit: Ein Sonderumlagenbeschluss ist wirtschaftlich nicht nachvollziehbar – aber nur mit Klage angreifbar.
Auch negative Beschlüsse (z. B. Ablehnung eines Antrags) können anfechtbar sein – vorausgesetzt, es besteht ein rechtlicher Anspruch auf die Maßnahme.
Fristen und Form: Was Eigentümer bei der Anfechtung beachten müssen
Für anfechtbare Beschlüsse gelten klare Fristen – und wer sie versäumt, verliert sein Recht auf gerichtliche Prüfung:
Ein-Monats-Frist (§ 45 WEG): Die Klage muss spätestens einen Monat nach der Versammlung beim zuständigen Amtsgericht eingegangen sein.
Zwei-Monats-Frist für Begründung: Die Gründe (z. B. formale Mängel, Verstoß gegen ordnungsmäßige Verwaltung) müssen spätestens zwei Monate nach Beschlussfassung nachgereicht werden.
Formvorgaben: Klage nur durch Anwalt, schriftlich beim zuständigen Gericht, Gerichtskostenvorschuss erforderlich.
Wichtig: Versäumt ein Eigentümer die Frist, wird der fehlerhafte Beschluss bestandskräftig – selbst wenn er objektiv unzulässig war. Nichtigkeit kann dagegen jederzeit geltend gemacht werden.
Tipp: Protokoll sofort prüfen und rechtzeitig juristischen Rat einholen – das sichert Ihre Rechte.
Typische Fallgruppen: Wann lohnt sich die Anfechtung?
Nicht jeder Streitpunkt in der Eigentümerversammlung rechtfertigt eine Klage – aber es gibt klare Fallkonstellationen, bei denen Gerichte regelmäßig zugunsten der Kläger entscheiden. Hier ein Überblick über besonders praxisrelevante Konstellationen:
1. Fehlerhafte Kostenverteilung
Wird von der gesetzlich oder in der Teilungserklärung vorgesehenen Kostenverteilung ohne sachlichen Grund abgewichen, ist der Beschluss häufig anfechtbar. Auch ein willkürlicher Wechsel des Verteilungsschlüssels kann unwirksam sein.
2. Überzogene Sonderumlagen
Sonderumlagen müssen wirtschaftlich begründet und transparent kalkuliert sein. Evident überhöhte Beträge, unklare Verwendungszwecke oder fehlende Vergleichswerte sind regelmäßig Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Anfechtung.
3. Verwalterwahl und -abberufung
Fehler in der Einladung, fehlende Bewerbungsunterlagen oder ein nicht neutraler Abstimmungsprozess können dazu führen, dass die Wahl eines Verwalters angefochten oder sogar für nichtig erklärt wird.
4. Beschlüsse ohne Beschlusskompetenz
Wenn Eigentümer etwa über bauliche Maßnahmen an Sondereigentum abstimmen oder Einzelne zu Sonderleistungen verpflichten, fehlt der Gemeinschaft häufig die rechtliche Kompetenz. Solche Beschlüsse sind nichtig.
Fazit für Eigentümer: Wenn Sie Zweifel an einem Beschluss haben – insbesondere bei Geld, Zuständigkeit oder formalen Fehlern – lohnt sich eine rechtliche Prüfung. Ein WEG-Anwalt kann frühzeitig klären, ob der Beschluss bestandskräftig wird oder mit Erfolgsaussicht angreifbar ist.
Fehlerhafte oder rechtswidrige WEG-Beschlüsse müssen nicht hingenommen werden. Ob Anfechtung oder Nichtigkeitsklage – wer seine Rechte kennt, kann als Wohnungseigentümer wirksam gegen unfaire oder unzulässige Entscheidungen vorgehen. Entscheidend sind: das frühzeitige Erkennen rechtlicher Mängel, die korrekte Einhaltung der Fristen und eine fundierte Begründung. Gerade bei Streit über Sonderumlagen, Verwalterwahl oder Kostenverteilung lohnt sich eine rechtliche Einschätzung.
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