Verdeckte Schenkung beim Immobilienkauf – Wenn das Finanzamt doppelt kassiert
Verfasst von
Max Hortmann
26 Oct 2025
•
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Verdeckte Schenkung beim Immobilienkauf – Warum viele Eigentümer unwissentlich doppelt zahlen
Eine zu niedrige Kaufpreisvereinbarung kann als verdeckte Schenkung gelten – wann Schenkungsteuer fällig wird und wie Sie sich schützen.
Einleitung
Ein Hausverkauf in der Familie scheint oft unkompliziert: Die Eltern verkaufen das Haus an die Kinder, der Kaufpreis wird „familienfreundlich“ festgelegt, und alle glauben, Steuern gespart zu haben. Doch das Finanzamt sieht solche Transaktionen oft anders. Wird der Kaufpreis zu niedrig angesetzt, wertet die Behörde den Vorgang als verdeckte Schenkung – und erhebt Schenkungsteuer zusätzlich zur Grunderwerbsteuer.
Gerade bei innerfamiliären Verkäufen oder Veräußerungen zwischen nahestehenden Personen wird schnell übersehen, dass der Wert einer Immobilie nicht beliebig festgelegt werden kann. Ohne unabhängiges Gutachten, klare Begründung oder vertragliche Absicherung droht die steuerliche Doppelbelastung.
Dieser Beitrag zeigt, wann ein Immobilienkauf als Schenkung gilt, welche typischen Fehler zu doppelter Besteuerung führen und wie Sie Ihre Verträge so gestalten, dass das Finanzamt keinen zusätzlichen Zugriff hat.
I. Wenn der Kauf zum Geschenk wird
Abgrenzung zwischen Kauf und Schenkung
Nicht jeder Immobilienverkauf ist tatsächlich ein entgeltlicher Erwerb. Wird der Kaufpreis deutlich unter dem tatsächlichen Verkehrswert vereinbart, stuft das Finanzamt den Vorgang regelmäßig als gemischte Schenkung ein. Ein Teil gilt dann als entgeltlicher Kauf, der Rest als unentgeltliche Zuwendung. Der unentgeltliche Anteil unterliegt der Schenkungsteuer nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, während der entgeltliche Teil der Grunderwerbsteuer unterliegt – mit der Folge einer doppelten Belastung.
Wann der Kaufpreis zu niedrig ist
Maßstab ist der sogenannte gemeine Wert nach § 9 BewG. Dieser entspricht dem Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielt werden könnte, wenn Angebot und Nachfrage den Wert bestimmen. Persönliche oder familiäre Verhältnisse bleiben dabei unberücksichtigt. Wird der vereinbarte Kaufpreis also um mehr als 10 % bis 20 % unter dem Marktwert angesetzt, kann das Finanzamt von einer verdeckten Schenkung ausgehen.
Bedeutung der Wertermittlung
Eine korrekte Wertermittlung ist daher entscheidend. Ohne aktuelles Gutachten oder Vergleichswerte aus der Region droht, dass die Behörde den Wert selbst festsetzt – meist höher als erwartet. In diesem Fall erfolgt eine Nachversteuerung, die sowohl Schenkungsteuer als auch Zinsen umfasst. Wer innerhalb der Familie verkauft, sollte deshalb immer ein unabhängiges Verkehrswertgutachten beibringen. Nur so lässt sich nachweisen, dass der vereinbarte Kaufpreis dem Marktwert entspricht und keine Schenkung vorliegt.
Ein häufiger Fehler bei Immobilienverkäufen innerhalb der Familie besteht darin, den Kaufpreis „familiär“ festzulegen – oft weit unter dem tatsächlichen Verkehrswert. Wird kein unabhängiges Gutachten eingeholt, geht das Finanzamt grundsätzlich davon aus, dass der vereinbarte Preis zu niedrig ist. Die Differenz zum gemeinen Wert gilt als unentgeltlicher Teil der Übertragung und löst Schenkungsteuer aus. Das Problem: Selbst wenn alle Beteiligten in gutem Glauben handeln, prüft die Finanzverwaltung objektiv, ob der Preis marktkonform war.
Die gemischte Schenkung als Steuerfalle
Sobald der gezahlte Kaufpreis den tatsächlichen Wert der Immobilie nicht vollständig abdeckt, liegt eine sogenannte gemischte Schenkung vor. In diesem Fall entsteht eine doppelte Steuerpflicht: Der entgeltliche Teil unterliegt der Grunderwerbsteuer, der unentgeltliche Teil der Schenkungsteuer. Ohne eindeutige Aufteilung kann das Finanzamt eine pauschale Bewertung vornehmen, die regelmäßig zu einer höheren Steuerlast führt. Besonders riskant ist es, wenn der Kaufpreis bewusst zu niedrig gewählt wurde, um Schenkungsteuer zu vermeiden – das wird als Gestaltungsmissbrauchgewertet (§ 42 AO).
Fehlende notarielle Klarstellung
Auch unklare oder unvollständige Notarverträge führen zu Problemen. Wird der Schenkungsanteil nicht ausdrücklich benannt oder der Verkehrswert nicht dokumentiert, kann das Finanzamt rückwirkend nachversteuern. Eine kurze Bemerkung im Kaufvertrag – etwa, dass der Kaufpreis dem ermittelten Verkehrswert entspricht – genügt oft, um spätere Diskussionen zu vermeiden.
III. Steuerliche Folgen der verdeckten Schenkung
Doppelte Steuerbelastung durch Fehlbewertung
Wird ein Immobilienverkauf zwischen Angehörigen vom Finanzamt als verdeckte Schenkung eingestuft, greift eine unangenehme Folge: Es fallen zwei Steuern an. Der entgeltliche Teil des Geschäfts unterliegt der Grunderwerbsteuer, der unentgeltliche Teil der Schenkungsteuer nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Diese doppelte Besteuerung entsteht automatisch, sobald das Finanzamt einen unentgeltlichen Anteil erkennt – auch wenn die Beteiligten selbst keinen Schenkungswillen hatten.
Bewertung durch das Finanzamt
Das Finanzamt prüft den im Kaufvertrag vereinbarten Preis anhand des gemeinen Werts nach § 9 BewG. Weicht der Kaufpreis mehr als etwa 10 bis 20 Prozent vom Marktwert ab, wird der Differenzbetrag als steuerpflichtige Zuwendung behandelt. Grundlage ist oft der Bodenrichtwert oder ein internes Vergleichsmodell. Problematisch wird es, wenn kein Gutachten vorliegt: Dann setzt die Behörde den Wert eigenständig fest – meist deutlich höher, als der tatsächliche Marktpreis war.
Nachversteuerung und Zinsfolgen
Wird der Sachverhalt erst Jahre später entdeckt, droht eine rückwirkende Steuerfestsetzung samt Zinsen nach § 233a AO. Selbst wenn die Beteiligten längst nicht mehr über das Objekt verfügen, kann das Finanzamt die Steuer nachfordern. Besonders kritisch ist das bei Erbfällen: Wird im Rahmen der Erbschaft festgestellt, dass ein früherer „Kauf“ eigentlich eine Schenkung war, folgt häufig eine erneute Bewertung und zusätzliche Steuerlast für die Erben.
Der sicherste Weg, eine verdeckte Schenkung zu vermeiden, ist ein marktgerechter Kaufpreis. Er sollte sich am tatsächlichen Verkehrswert der Immobilie orientieren. Grundlage bildet der gemeine Wert nach § 9 BewG, also der Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielt werden kann. Um diesen Wert zu belegen, empfiehlt sich stets ein unabhängiges Verkehrswertgutachten. Ein solches Gutachten schützt vor willkürlichen Schätzungen durch das Finanzamt und dient als objektiver Nachweis bei späteren Prüfungen oder Erbfällen.
Klare Formulierungen im Kaufvertrag
Verträge zwischen Angehörigen müssen besonders eindeutig sein. Der Notar sollte im Vertrag ausdrücklich festhalten, dass der vereinbarte Kaufpreis dem ermittelten Verkehrswert entspricht. Auch sollte vermerkt werden, dass es sich um ein entgeltliches Geschäft handelt und kein Schenkungsanteil beabsichtigt ist. Diese Formulierungen können spätere Diskussionen mit der Finanzverwaltung vermeiden. Ergänzend kann der Notar eine kurze Dokumentation der Bewertungsgrundlage aufnehmen – zum Beispiel den Hinweis auf das zugrunde liegende Gutachten.
Nachweise und zeitlicher Zusammenhang
Das Finanzamt prüft bei innerfamiliären Transaktionen häufig, ob der Zahlungsfluss tatsächlich erfolgt ist. Daher sollten Kaufpreisüberweisungen nachvollziehbar dokumentiert und Kontoauszüge aufbewahrt werden. Erfolgt der Kaufpreis zeitnah und vollständig, entfällt der Verdacht einer verdeckten Schenkung meist von selbst. Wer zusätzlich nachweisen kann, dass auch Nebenkosten – etwa Grunderwerbsteuer und Notarkosten – bezahlt wurden, untermauert die Ernsthaftigkeit des Geschäfts.
V. Rückabwicklung und Korrektur
Korrektur fehlerhafter Verträge
Wird nachträglich festgestellt, dass ein Immobilienkauf steuerlich als Schenkung zu bewerten ist, kann der Vertrag grundsätzlich angepasst oder korrigiert werden. Möglich ist das über eine Vertragsänderung beim Notar, etwa durch nachträgliche Erhöhung des Kaufpreises oder klare Ergänzungen zur Gegenleistung. Voraussetzung ist, dass beide Parteien zustimmen und der Vorgang rechtzeitig offengelegt wird. Eine reine mündliche Vereinbarung genügt nicht – das Finanzamt erkennt nur notariell beurkundete Änderungen an.
Selbstanzeige und Mitwirkungspflichten
Hat das Finanzamt den Sachverhalt noch nicht geprüft, können Beteiligte eine Selbstanzeige in Betracht ziehen, um straf- oder bußgeldrechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Nach § 30 ErbStG besteht ohnehin eine Anzeigepflicht für Schenkungen innerhalb von drei Monaten. Wer diese Frist versäumt, riskiert ein Verfahren wegen leichtfertiger Steuerverkürzung (§ 378 AO). Eine Selbstanzeige kann helfen, diese Versäumnisse zu heilen – vorausgesetzt, sie erfolgt vollständig und vor Entdeckung.
Verjährung und steuerliche Heilung
Nach § 169 AO beträgt die Festsetzungsverjährung für Schenkungsteuer grundsätzlich vier Jahre, in Fällen von Steuerhinterziehung bis zu zehn Jahre. Ist der Vorgang bereits verjährt, kann keine neue Steuer mehr festgesetzt werden. Dennoch kann eine nachträgliche vertragliche Anpassung sinnvoll sein, um rechtliche Klarheit zu schaffen und künftige Erbstreitigkeiten zu vermeiden. Auch die Erstellung eines nachträglichen Verkehrswertgutachtens hilft, die tatsächlichen Werte zu dokumentieren und künftige Risiken auszuschließen.
Fazit – Verdeckte Schenkung erkennen, bevor das Finanzamt es tut
Ein vergünstigter Immobilienverkauf in der Familie kann gut gemeint sein – steuerlich aber zum Bumerang werden. Schon wenige Prozentpunkte unter dem Verkehrswert genügen, damit das Finanzamt eine verdeckte Schenkungannimmt und neben der Grunderwerbsteuer auch Schenkungsteuer erhebt. Ohne Gutachten, klare Vertragsgestaltung und nachvollziehbare Zahlungsnachweise droht eine doppelte Belastung, die sich im Nachhinein kaum korrigieren lässt.
Gerade bei Übertragungen innerhalb der Familie ist Transparenz entscheidend. Wer frühzeitig juristischen Rat einholt, kann Verträge wasserdicht formulieren und sich auf rechtssichere Bewertungsgrundlagen stützen. So lässt sich vermeiden, dass eine familiäre Unterstützung als steuerpflichtige Schenkung endet.
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