Wenn Geschäftspartner tricksen: § 826 BGB und sittenwidrige Gläubigerschädigung

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Wenn Geschäftspartner tricksen
§ 826 BGB und die persönliche Haftung bei sittenwidriger Gläubigerschädigung
Wenn wirtschaftliche Fairness endet, beginnt das Deliktsrecht
Manche Gläubiger erleben es hautnah: Verträge werden umgangen, Vermögenswerte verschwinden, Gelder werden vorenthalten. Nicht durch einfache Zahlungsunfähigkeit, sondern durch gezielte Strategien – insbesondere im geschäftlichen Kontext. In solchen Fällen geht es nicht mehr nur um Zivilrecht oder Insolvenz – sondern um die Grundfrage: Darf man das?
Die Antwort lautet: Nein – wenn das Verhalten gegen Anstand und Rechtsempfinden verstößt. Genau dann greift § 826 BGB, der Anspruch auf Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung.
§ 826 BGB – das zivilrechtliche Auffangnetz
Gesetzestext (verkürzt):
„Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.“
Was das bedeutet:
Wenn jemand mit Absicht einen anderen wirtschaftlich schädigt – und das in einer Weise, die als „verwerflich“ gilt – haftet er persönlich, auch außerhalb von Verträgen.
Das kann z. B. sein:
- Geschäftsführer einer GmbH entzieht dem Unternehmen Vermögen, um Gläubiger auszuhungern
- Gesellschafter übertragen Unternehmenswerte auf Dritte, um Abfindungen zu vermeiden
- Familienangehörige helfen bei fingierten Verkäufen, um den Zugriff eines Gläubigers zu vereiteln
Voraussetzungen für eine Haftung nach § 826 BGB
- Schädigung:
Der Gläubiger muss finanziell geschädigt worden sein – etwa durch den Verlust von Zugriffsmöglichkeiten auf Vermögen, das ihm zur Befriedigung zusteht. - Vorsatz:
Der Schädiger muss erkannt haben, dass sein Verhalten dem anderen wirtschaftlich schadet – und dies in Kauf genommen oder angestrebt haben. - Sittenwidrigkeit:
Das Verhalten muss besonders verwerflich sein – also z. B. geplant, systematisch, auf Täuschung angelegt oder ausgenutzt im Vertrauensverhältnis.

Typische Fälle aus der Praxis
- „Abfindungsumgehung“: Ein Gesellschafter wird ausgeschieden, kurz davor werden Vermögenswerte auf ein neues Unternehmen übertragen – das alte Unternehmen ist plötzlich „wertlos“.
- „Familienverlagerung“: Der Schuldner überschreibt das Haus auf seinen Bruder, um eine große titulierte Forderung zu umgehen – das Haus wird weiter vom Schuldner genutzt.
- „Drittnutzungsmodell“: Ein Geschäftsführer lässt Auftragserlöse auf das Konto seiner Partnerin buchen, um Pfändungen zu entgehen – bei gleichzeitigem Lebensstil auf hohem Niveau.
Solche Fälle sind keine Seltenheit – und sie sind justiziabel.
Abgrenzung zu § 288 StGB: Warum § 826 BGB so wichtig ist
§ 288 StGB ist strafrechtlich und setzt eine Anzeige sowie Ermittlungen voraus. § 826 BGB hingegen ist zivilrechtlich – das bedeutet:
Der Gläubiger kann selbst aktiv werden, ohne dass eine Behörde handeln muss. Und: Es kann nicht nur der Schuldner haften, sondern auch Dritte – etwa Mittäter, Nutznießer oder Strippenzieher.
Haftung von Dritten – wann greift sie?
Der Bundesgerichtshof hat mehrfach entschieden, dass auch Angehörige, Gesellschafter, Geschäftsführer oder Hintermänner haften können, wenn sie
- mit dem Schuldner zusammenwirken
- von der Gläubigerbenachteiligung wissen
- daraus einen eigenen wirtschaftlichen Vorteil ziehen
Beispiel: Wer eine Immobilie geschenkt bekommt, obwohl er weiß, dass gegen den Schenker eine hohe Forderung besteht, kann zur Duldung der Zwangsvollstreckung oder sogar zum Schadensersatz verpflichtet werden.
Kombination mit anderen Ansprüchen
§ 826 BGB steht oft nicht allein, sondern lässt sich strategisch kombinieren mit:
- Anfechtungsklage nach AnfG: wenn die Übertragung zugleich gläubigerschädigend war
- Geschäftsführerhaftung (§ 43 GmbHG) bei Ausplünderung von Gesellschaftsvermögen
- Vertraglicher Haftung aus Unterlassung oder Treuepflichtverletzung
Ziel ist es, verantwortliche Personen direkt in Anspruch zu nehmen – auch, wenn das Hauptvermögen längst verschoben wurde.
Praxisbeispiel
Eine Unternehmerin hat einen Anspruch auf Rückzahlung eines 6-stelligen Darlehens. Der Schuldner ist Geschäftsführer einer GmbH. Noch während der Klage überträgt dieser die Einnahmen auf eine neugegründete UG seiner Ehefrau.
Die GmbH bleibt ohne Aufträge – der Schuldner ist „formell mittellos“.
Ergebnis: Klage auf Schadensersatz gegen den Geschäftsführer persönlich – wegen sittenwidriger Gläubigerschädigung (§ 826 BGB). Die Gerichte erkennen: zielgerichtete Täuschung, wirtschaftlicher Vorteil bei voller Kenntnis.
Urteil: Haftung des Geschäftsführers mit Privatvermögen.

Fazit: Wenn Verträge nicht mehr schützen, greift das Deliktsrecht
§ 826 BGB ist kein Masseninstrument – aber ein starkes Signal. Er zeigt: Auch außerhalb des Vertrags und der klassischen Haftung gibt es Gerechtigkeit. Wer perfide plant, wird zur Verantwortung gezogen – persönlich, substanziell, wirksam.
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