Anfechtungsklage: Wenn der Schuldner sein Vermögen verschiebt

Verfasst von
Max Hortmann
09 Nov 2025
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Anfechtungsklage: Wenn der Schuldner sein Vermögen verschiebt

Wie Gläubiger verschenktes Eigentum zurückholen können

„Ich habe nichts mehr“ – doch der Besitz steht bei der Schwester?

Es ist eine bekannte Masche: Kaum droht eine Zwangsvollstreckung, überschreibt der Schuldner sein Haus auf die Ehefrau, verschenkt Geld an die Eltern oder verkauft das Auto weit unter Wert an einen Freund. Für Gläubiger entsteht der Eindruck: Die Vollstreckung verpufft. Doch das muss nicht so bleiben – denn das Recht kennt mit der Anfechtungsklage ein wirkungsvolles Instrument zur Rückholung verschwundener Vermögenswerte.

Die Lösung heißt: Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz (AnfG)

Das Anfechtungsgesetz (AnfG) ermöglicht es Gläubigern, bestimmte Rechtshandlungen eines Schuldners rückgängig zu machen, wenn diese dazu dienen, den Zugriff auf Vermögen zu vereiteln. Voraussetzung ist, dass:

  1. eine gläubigerschädigende Rechtshandlung (z. B. Schenkung, Übertragung)
  2. innerhalb gesetzlicher Fristen
  3. mit Kenntnis oder in Benachteiligungsabsicht
  4. nach Eintritt oder bei drohender Insolvenz vorgenommen wurde.

Der Gläubiger kann dann direkt gegen den Dritten (z. B. Beschenkten) vorgehen – und z. B. fordern, dass dieser die Zwangsvollstreckung in das Objekt dulden muss.

Typische Fallkonstellationen

  • Der Schuldner überträgt sein Grundstück unentgeltlich auf seine Ehefrau.
  • Ein wertvolles Kfz wird für 1 € an einen „Freund“ verkauft.
  • Aktien oder Firmenanteile werden auf ein anderes Familienmitglied überschrieben.
  • Bargeld wird an Angehörige verschenkt – angeblich „zur Altersvorsorge“.

Hintergrund ist immer gleich: Das Vermögen soll aus der Reichweite des Gläubigers verschwinden – aber möglichst in der Familie bleiben.

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§ 3–§ 10 AnfG: Die wichtigsten Anfechtungstatbestände

§ 3 AnfG – Anfechtung unentgeltlicher Leistungen

Alle unentgeltlichen Verfügungen (z. B. Schenkungen) können bis zu 4 Jahre rückwirkend angefochten werden.

§ 4 AnfG – Anfechtung mit Gläubigerbenachteiligungsabsicht

Wurden Geschäfte in der Absicht vorgenommen, Gläubiger zu benachteiligen, beträgt die Frist 10 Jahre – sogar bei entgeltlichen Geschäften mit Dritten, wenn diese die Absicht kannten.

§ 10 AnfG – Fristen

Die Anfechtbarkeit besteht je nach Art der Handlung bis zu 10 Jahre rückwirkend, gerechnet ab Handlung oder – bei Kenntnis – ab Gläubigerstellung.

Was kann der Gläubiger verlangen?

Ziel ist nicht die Rückgabe des Geschenks an den Schuldner, sondern:

🔹 Duldung der Zwangsvollstreckung in den übertragenen Gegenstand
Beispiel: Das Grundstück steht jetzt im Grundbuch auf die Ehefrau – der Gläubiger kann trotzdem Pfändung und Verwertung verlangen, wenn Anfechtung erfolgreich war.

🔹 Herausgabe oder Wertersatz
Hat der Dritte den Vermögenswert weiterveräußert oder verbraucht, kann auch ein Wertersatzanspruch bestehen.

Zivilprozess: So läuft die Anfechtung ab

  1. Prüfung der Rechtshandlung und Fristen
  2. Geltendmachung per Anfechtungsklage gegen den Empfänger (z. B. § 11 AnfG)
  3. Feststellung, dass die Handlung gläubigerschädigend war
  4. Urteil: Duldung der Vollstreckung oder Herausgabe

Die Klage erfolgt nicht gegen den Schuldner, sondern gegen den Dritten, der das Vermögen erhalten hat. Das Verfahren ist also zivilrechtlich – aber mit massiver Wirkung.

Strategische Ergänzung: Arrest und Strafanzeige

Um Zeit zu gewinnen und weitere Verschiebungen zu verhindern, sollte parallel ein Arrestbeschluss (§ 916 ZPO) beantragt werden – z. B. zur Sicherung eines Grundstücks. Auch eine Strafanzeige wegen § 288 StGB (Vollstreckungsvereitelung) kann strategisch nützlich sein.

Beispiel aus der Praxis

Eine Gläubigerin hat ein vollstreckbares Urteil über 112.000 €. Drei Wochen vor der Pfändung überschreibt der Schuldner seine Eigentumswohnung auf seine Schwester – angeblich „wegen alter Schulden“.

Die Gläubigerin klagt auf Anfechtung nach § 4 AnfG. Im Prozess stellt sich heraus: Es gab keine Schulden, keine Gegenleistung, die Schwester wusste von der Klage.

Urteil: Die Übertragung war gläubigerschädigend. Die Gläubigerin darf die Vollstreckung in die Wohnung fortsetzen – trotz Eigentumsumschreibung.

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Fazit: Auch verschenktes Vermögen ist nicht endgültig verloren

Die Anfechtungsklage ist eines der schärfsten Schwerter im Zivilrecht. Sie zeigt: Gläubiger müssen sich nicht auf Scheingeschäfte einlassen. Wer Vermögen verschiebt, um sich der Verantwortung zu entziehen, kann zur Rechenschaft gezogen werden – auch Jahre später.

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