Auf Zeit spielen: Wie Schuldner die Vollstreckung verzögern – und was hilft
Verfasst von
Max Hortmann
09 Nov 2025
•
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Auf Zeit spielen
Wie Schuldner die Zwangsvollstreckung verzögern – und was Gläubiger dagegen tun können
Wenn Taktik über Recht gestellt wird – und wie Sie trotzdem ans Ziel kommen
Wer einen vollstreckbaren Titel in Händen hält, denkt oft: „Jetzt ist es nur noch Formsache.“ Doch viele Gläubiger erleben das Gegenteil: Einsprüche in letzter Minute, plötzliche Vollstreckungsschutzanträge, Insolvenzdrohungen oder – ganz klassisch – der Schuldner taucht einfach ab.
Dieses Verhalten hat System. Es dient einem einzigen Zweck: Zeitgewinn. Denn Zeit ist das kostbarste Kapital eines Schuldners, der hofft, sein Vermögen anderweitig zu sichern, Schulden zu verschleppen – oder den Gläubiger zu zermürben.
Die häufigsten Verzögerungstaktiken in der Praxis
Einspruch gegen Vollstreckungsbescheid – ohne inhaltlichen Grund, nur um Wochen zu gewinnen
Vollstreckungsschutzantrag (§ 765a ZPO) mit pauschaler Berufung auf „unzumutbare Härte“
Widerspruch gegen Mahnbescheid in letzter Minute
„Krankmeldung“ zur Aussetzung der Räumung – oft nicht belegbar
Schnelle Insolvenzbeantragung, sobald eine Kontopfändung droht
Verlagerung von Einkommen auf Familienangehörige oder neue Firmen
Solche Taktiken verzögern nicht nur – sie kosten Geld, Nerven und manchmal sogar die Durchsetzbarkeit des Titels (z. B. bei drohender Verjährung).
Wie reagieren die Gerichte?
Die gute Nachricht: Die Rechtsprechung hat die Taktik erkannt – und handelt zunehmend gläubigerfreundlich.
Beispiel:
Der Bundesgerichtshof (BGH, Beschl. v. 29.10.2020 – I ZB 36/20) hat klargestellt, dass pauschale Härteeinwände im Vollstreckungsschutzverfahren nicht ausreichen, wenn keine konkreten, nachvollziehbaren Gründe dargelegt werden.
Gerichte prüfen heute:
ob die Verzögerung rechtsmissbräuchlich ist
ob ein ernstlicher Grund vorliegt
ob der Schuldner seiner Mitwirkungspflicht nachkommt
Ziel: Den Spagat zwischen Schuldnerschutz und Gläubigeranspruch nicht aushebeln zu lassen.
Kanzleiberatung zur Reaktion auf Insolvenzdrohung, Anträge und verschleppte Zahlungen.
Ihre Handlungsmöglichkeiten als Gläubiger
1. Schnelles Handeln
Zeit ist in der Zwangsvollstreckung ein kritischer Faktor. Beantragen Sie Pfändung, Vollstreckung oder Räumung sofort nach Titelzustellung.
2. Kontinuierliche Adressprüfung
Halten Sie die Anschrift des Schuldners aktuell – mit Meldeauskünften, Detekteien oder Drittauskünften (z. B. ZEVIS, Bundeszentralamt für Steuern).
3. Reaktionsbereitschaft
Stellt der Schuldner Schutzanträge, widerspricht er oder droht mit Insolvenz – handeln Sie sofort:
Vollstreckungsschutzanträge sachlich entkräften
Beweise gegen angebliche Härtegründe sammeln
bei Verdacht auf Verschleppung: Strafanzeige prüfen (z. B. wegen § 288 StGB)
4. Arrest & einstweilige Verfügung
Wenn konkrete Gefahr besteht, dass Vermögen verschwindet, kann über dinglichen Arrest (§§ 916 ff. ZPO) eine sofortige Sicherung erfolgen – z. B. Konten, Fahrzeuge, Immobilien.
Wie du mit Verzögerungstaktik umgehen solltest (und nicht)
❌ Nicht:
stillhalten
auf Briefe hoffen
„mal abwarten“
✅ Stattdessen:
zügig vollstrecken
alle Angriffe dokumentieren
gezielt gegen rechtsmissbräuchliche Anträge vorgehen
gerichtliche Beschleunigung beantragen
Beispiel aus der Praxis
Ein Mandant hat ein Urteil über 87.000 €. Der Schuldner kündigt Insolvenz an – meldet sie aber nicht an. Gleichzeitig beantragt er Vollstreckungsschutz wegen „familiärer Belastung“.
Unsere Kanzlei reagiert sofort: wir legen Widerspruch ein, beantragen Sicherheitsleistung, belegen den wirtschaftlichen Status mit Auszügen. Das Gericht lehnt den Schutzantrag ab – Pfändung erfolgt erfolgreich binnen 4 Wochen.
Juristische Unterstützung bei Vollstreckungsschutzanträgen und taktischem Widerspruchsverhalten.
Fazit: Wer zögert, verliert – wer handelt, gewinnt
Verzögerungstaktik ist keine Überraschung, sondern Teil des Spiels. Doch das Zwangsvollstreckungsrecht bietet Schutz – wenn man ihn nutzt. Entscheidend ist, dass Sie nicht aufgeben, sondern konsequent und mit rechtlichem Rückhalt gegen jedes Ablenkungsmanöver vorgehen.
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