Pflichtteil umgehen oder minimieren – Strategien für Erblasser

Verfasst von
Max Hortmann
27 Oct 2025
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Pflichtteil umgehen oder minimieren – Strategien für Erblasser

Erblasser können Pflichtteilsansprüche gezielt verringern, ohne gegen das Gesetz zu verstoßen. Welche legalen Gestaltungen möglich sind und wie sie in der Praxis wirken, lesen Sie hier.

1. Einleitung

Das Pflichtteilsrecht schützt nahe Angehörige vor vollständiger Enterbung, schränkt aber zugleich die Testierfreiheit erheblich ein. Viele Erblasser möchten ihren Nachlass gezielt gestalten, ohne dabei durch Pflichtteilsansprüche gebunden zu sein. Gründe hierfür sind familiäre Konflikte, der Wunsch nach gerechter Vermögensverteilung oder die Absicherung bestimmter Nachfolger. Die Herausforderung besteht darin, den Pflichtteil rechtssicher zu minimieren, ohne gesetzliche Grenzen zu überschreiten.

2. Rechtlicher Rahmen

2.1 Gesetzliche Grundlagen und Pflichtteilsberechtigte

Das Pflichtteilsrecht ist in den §§ 2303 ff. BGB geregelt. Anspruchsberechtigt sind Abkömmlinge, Ehegatten und Eltern des Erblassers. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils und ist ein reiner Geldanspruch (§ 2303 BGB). Dieses Schutzrecht verhindert, dass enge Angehörige vollständig vom Nachlass ausgeschlossen werden.

2.2 Rechtliche Grenzen bei der Umgehung von Pflichtteilsansprüchen

Eine Umgehung des Pflichtteilsrechts ist nur im Rahmen zulässiger Gestaltungen möglich. Der Gesetzgeber schützt Pflichtteilsberechtigte vor missbräuchlichen Übertragungen, etwa durch Schenkungen kurz vor dem Tod (§ 2325 BGB). Schenkungen, die allein der Benachteiligung dienen, können rückwirkend in die Pflichtteilsberechnung einbezogen werden.

2.3 Pflichtteilsverzicht und Anrechnung lebzeitiger Zuwendungen

Ein Pflichtteilsverzicht (§ 2346 BGB) ist ein wirksames Instrument, um den Pflichtteil zu reduzieren oder ganz auszuschließen. Der Verzicht muss notariell beurkundet werden und kann gegen Abfindung erfolgen. Ebenso können Schenkungen zu Lebzeiten im Rahmen einer „vorweggenommenen Erbfolge“ angerechnet werden, um spätere Ansprüche auszugleichen.

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Pflichtteil umgehen – rechtssichere Strategien für Erblasser zur Reduzierung von Pflichtteilsansprüchen.

3. Kernaussagen der Rechtsprechung

3.1 Wirksame Pflichtteilsverzichte und Schenkungen

Die Gerichte betonen, dass Pflichtteilsverzichte nur wirksam sind, wenn sie klar formuliert und beurkundet wurden. Der Verzichtende muss seine Entscheidung freiwillig und informiert treffen. Unklare oder unvollständige Verträge führen zur Unwirksamkeit.

3.2 Grenzen und Unzulässigkeit von Umgehungsgestaltungen

Rechtsprechung und Literatur lehnen Gestaltungen ab, die ausschließlich der Umgehung des Pflichtteils dienen. Dazu zählen etwa verschleierte Schenkungen oder Übertragungen ohne Gegenleistung kurz vor dem Erbfall. Gerichte prüfen in diesen Fällen, ob ein Benachteiligungswille bestand.

3.3 Bewertung lebzeitiger Schenkungen (§ 2325 BGB)

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB bezieht Schenkungen der letzten zehn Jahre mit ein. Die Bewertung erfolgt zeitanteilig – je länger die Schenkung zurückliegt, desto geringer ist ihr Einfluss. Der BGH erkennt auch „gemischte Schenkungen“ an, bei denen eine Gegenleistung nur teilweise erfolgt.

4. Juristische Bewertung

4.1 Gestaltungsspielräume aus anwaltlicher Sicht

Erblasser verfügen über weite Gestaltungsspielräume, müssen aber rechtliche Schranken respektieren. Pflichtteilsverzichte, Schenkungen oder Vermächtnisse sind zulässig, solange sie transparent und formwirksam erfolgen. Der anwaltliche Fokus liegt auf rechtssicherer Vertragsgestaltung.

4.2 Risiken missbräuchlicher Umgehung

Umgehungsversuche, die den Pflichtteilszweck konterkarieren, werden von Gerichten regelmäßig für unwirksam erklärt. Dies gilt etwa bei Übertragungen ohne Gegenleistung oder bei fehlender Aufklärung der Beteiligten. Zudem drohen steuerliche Nachteile, wenn Gestaltungen unkoordiniert erfolgen.

4.3 Bedeutung anwaltlicher oder notarieller Begleitung

Nur eine professionelle Gestaltung gewährleistet Rechtssicherheit. Notarielle Beurkundung, anwaltliche Prüfung und steuerliche Abstimmung sind unerlässlich, um Pflichtteilsstreitigkeiten zu vermeiden. Besonders in komplexen Familienkonstellationen ist fachkundige Begleitung entscheidend.

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5. Praktische Streitfelder & Angriffspunkte

5.1 Schenkungen und ihre Anrechnung

Häufig streiten Erben und Pflichtteilsberechtigte über die Bewertung und Anrechnung von Schenkungen. Immobilien und Unternehmensanteile führen dabei oft zu unterschiedlichen Wertansätzen. Die Zehnjahresregelung (§ 2325 BGB) wird in der Praxis regelmäßig Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen.

5.2 Pflichtteilsverzicht und Wirksamkeit

Pflichtteilsverzichtsverträge können unwirksam sein, wenn sie ohne notarielle Form, unter Druck oder ohne Abfindung geschlossen wurden. Die Rechtsprechung prüft, ob eine echte Gegenleistung vereinbart war. Ein wirksamer Verzicht schafft dagegen Planungssicherheit für alle Beteiligten.

5.3 Unklare Vertragsklauseln und Beweislastprobleme

Unpräzise Formulierungen in Testamenten oder Schenkungsverträgen führen zu erheblichen Beweisproblemen. Erben müssen nachweisen, dass Übertragungen rechtmäßig und nicht pflichtteilsrelevant waren. Pflichtteilsberechtigte wiederum müssen Benachteiligungsabsichten beweisen – ein Balanceakt, der anwaltliche Hilfe erfordert.

6. Handlungsempfehlungen & Strategien

6.1 Pflichtteilsverzichtsverträge richtig gestalten

Verzichte sollten notariell beurkundet werden, klare Regelungen zu Abfindung, Wirksamkeit und Rücktrittsrechten enthalten und steuerlich überprüft sein. Eine anwaltliche Mitwirkung stellt sicher, dass der Vertrag rechtlich ausgewogen bleibt.

6.2 Nutzung von Schenkungen, Eheverträgen und Vermächtnissen

Schenkungen zu Lebzeiten sind ein legitimes Instrument, müssen aber langfristig geplant werden. Eheverträge können genutzt werden, um Zugewinnausgleich und Erbquoten anzupassen. Vermächtnisse bieten Spielraum, um Pflichtteilsansprüche abzumildern, ohne sie zu verletzen.

6.3 Steuerliche Optimierung und Nachlassstrukturierung

Pflichtteilsstrategien sollten immer steuerlich flankiert werden. Eine vorausschauende Nachlassplanung kann nicht nur Pflichtteilsrisiken reduzieren, sondern auch Erbschaftsteuerbelastungen senken. Regelmäßige Überprüfung bestehender Testamente verhindert spätere Widersprüche.

Fazit & Call-to-Action

Der Pflichtteil lässt sich nicht vollständig umgehen, aber rechtssicher gestalten. Wer seinen Nachlass bewusst plant, kann Streit vermeiden und seinen letzten Willen durchsetzen.
Lassen Sie sich beraten von Rechtsanwalt Max Nikolas Mischa Hortmann, Fachanwalt für Erbrecht – 0160 9955 5525.

Weiterführend:

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