Geldwäschevorwurf nach unfreiwilliger Transaktion – Verteidigungsstrategien

Verfasst von
Max Hortmann
04 Nov 2025
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Geldwäschevorwurf nach unfreiwilliger Transaktion – Verteidigungsstrategien

Einleitung

Ein Vorwurf der Geldwäsche trifft Betroffene häufig unerwartet. Nicht selten geraten Privatpersonen oder Unternehmer in den Fokus der Ermittlungsbehörden, obwohl sie selbst gar keine kriminelle Absicht hatten. Typisch sind Fälle, in denen über ein Konto Gelder Dritter fließen, die sich später als aus Straftaten stammend herausstellen.

Die Strafbarkeit wegen Geldwäsche nach § 261 StGB setzt jedoch Vorsatz oder zumindest Leichtfertigkeit voraus. Wer weder wusste noch billigend in Kauf nahm, dass das Geld aus einer Straftat stammt, handelt in der Regel nicht schuldhaft. Dennoch können schon geringfügige Auffälligkeiten genügen, um Ermittlungen auszulösen – insbesondere, wenn ungewöhnliche Zahlungseingänge, Auslandstransfers oder hohe Beträge im Raum stehen.

Die Verteidigung gegen einen solchen Vorwurf erfordert eine präzise Analyse der Transaktionskette, fundierte Dokumentation und eine klare juristische Argumentationslinie.

1. Nachweis der Unfreiwilligkeit

Die wichtigste Verteidigungsstrategie besteht darin, die eigene Unfreiwilligkeit und Unkenntnis der illegalen Herkunft der Gelder nachzuweisen.

Nach der Rechtsprechung des BGH (Beschl. v. 23. 04. 2013 – 2 ARs 91/13) liegt Leichtfertigkeit nur dann vor, wenn der Betroffene eindeutige Warnsignale ignoriert hat. Dazu zählen insbesondere:

  • ungewöhnlich hohe Geldbeträge ohne erkennbaren Grund,
  • unklare oder verschleierte Zahlungszwecke,
  • Aufforderungen zu schnellen Weiterleitungen oder Barauszahlungen.

Die Verteidigung muss plausibel belegen, dass der Beschuldigte weder über die Herkunft noch über den Zweck der Gelder informiert war und keine realistische Möglichkeit hatte, die Illegalität zu erkennen.

Ein fundiertes Verteidigungskonzept zielt darauf ab, die objektive Sorgfalt zu belegen – etwa durch E-Mail-Verläufe, Vertragsunterlagen oder Kommunikationsprotokolle.

2. Fehlende Vorsatzkomponente

Der Vorsatz ist ein zentrales Tatbestandsmerkmal der Geldwäsche. Nach § 261 Abs. 1 StGB muss der Täter wissentlich mit aus einer Straftat stammenden Vermögenswerten umgehen oder deren Herkunft verschleiern wollen.

In der Praxis gelingt der Nachweis dieses Vorsatzes selten. Viele Beschuldigte agieren auf Grundlage unvollständiger Informationen oder vertrauen Dritten, die sie gezielt täuschen. Verteidiger müssen hier ansetzen und deutlich machen, dass:

  • keine bewusste Verschleierungshandlung erfolgte,
  • die Transaktion auf glaubwürdigen Gründen beruhte (z. B. geschäftliche Rückzahlung, Auftrag eines Bekannten),
  • und keine Anzeichen einer kriminellen Struktur erkennbar waren.

Gerichte erkennen zunehmend, dass objektive Auffälligkeiten einer Transaktion nicht automatisch Vorsatz bedeuten. Nach der Anmerkung von Travers (jurisPR-Compl 3/2020) müssen Beweise für eine tatsächliche innere Kenntnislage vorliegen.

3. Dokumentation und Kooperation

Ein zentrales Element jeder Verteidigung ist die lückenlose Dokumentation.

Betroffene sollten:

  • sämtliche E-Mails, Zahlungsanweisungen und Kontoauszüge sichern,
  • Namen, Telefonnummern und Kommunikationswege der Beteiligten dokumentieren,
  • und auf Nachfrage sofortige Auskunft über Zweck und Ursprung der Gelder geben.

Je früher die Dokumentation erfolgt, desto glaubwürdiger kann der Nachweis der Unschuld geführt werden.

Kooperation mit den Ermittlungsbehörden kann ebenfalls entlastend wirken. Die frühzeitige Vorlage von Unterlagen oder die freiwillige Offenlegung von Kontobewegungen signalisiert Transparenz und vermindert den Verdacht auf Täuschungsabsicht.

4. Prüfung der Transaktionsumstände

Die Verteidigung muss prüfen, ob die Zahlungsvorgänge überhaupt den Tatbestand der Geldwäsche erfüllen.

Erforderlich ist ein Kausalzusammenhang zwischen der Transaktion und einer Vortat (§ 261 Abs. 1 StGB). Fehlt ein solcher Zusammenhang, etwa weil das Geld bereits mit legalen Mitteln vermischt wurde oder die Herkunft nicht mehr eindeutig nachvollzogen werden kann, entfällt regelmäßig der Strafbarkeitsvorwurf.

Nach der Rechtsprechung (OLG Hamm, Beschl. v. 22. 04. 2020 – III-5 Ws 59/20) ist bei Mischvermögen die Beweislast für die Herkunft der Vermögenswerte besonders hoch. Wenn also unklare Mittel aus unterschiedlichen Quellen auf ein Konto fließen, kann die Strafverfolgung nur dann Erfolg haben, wenn die illegale Herkunft zweifelsfrei nachgewiesen wird.

Eine erfolgreiche Verteidigungsstrategie setzt hier auf die technische und forensische Analyse der Geldflüsse – etwa durch Kontoauszüge, Zahlungsbelege oder Korrespondenzen mit Banken.

5. Rechtliche Grauzonen und internationale Zuständigkeit

Viele Ermittlungen betreffen Transaktionen mit Auslandbezug. Bei Zahlungen in Drittstaaten oder über internationale Plattformen wie Revolut, Binance oder Wise entstehen Rechtskollisionen.

Die Anwendung des deutschen Strafrechts richtet sich nach §§ 7 und 9 StGB. Danach kann auch ein im Ausland begangener Geldwäschevorgang in Deutschland strafbar sein, wenn eine Vortat im Inland stattfand oder das Geld hierher transferiert wurde.

Die Verteidigung sollte jedoch darauf hinweisen, dass Unklarheiten über den Ort der Tatbegehung und die Zuständigkeit die Strafverfolgung erschweren. Nach dem BGH (Beschl. v. 25. 10. 2017 – 2 ARs 470/17) kann eine fehlende eindeutige Zuständigkeit die Verfahren verzögern oder zu einer Verfahrenseinstellung führen.

Gerade bei Auslandstransaktionen empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit internationalen Finanzforensikern, um Zahlungsflüsse technisch zu rekonstruieren.

6. Die Rolle von Finanzagenten

Ein häufiger Fall ist die unbewusste Beteiligung als sogenannter Finanzagent. Dabei stellen Privatpersonen ihr Konto gegen Provision für Geldtransfers zur Verfügung – oft im Glauben, legale Dienstleistungen zu unterstützen.

Nach ständiger Rechtsprechung kann auch der Finanzagent wegen leichtfertiger Geldwäsche belangt werden (§ 261 Abs. 5 StGB). Entscheidend ist jedoch, ob der Betroffene die kriminelle Herkunft der Gelder hätte erkennen können.

Ein erfahrener Verteidiger wird hier argumentieren, dass der Mandant:

  • von der illegalen Herkunft nichts wusste,
  • keine Pflicht zur detaillierten Prüfung jedes Zahlungseingangs hatte,
  • und keine Anhaltspunkte für eine Vortat bestanden.

In der Praxis wird die Abgrenzung zwischen Leichtfertigkeit und Fahrlässigkeit zentral. Die Rechtsprechung (KG Berlin, 26. 09. 2019 – 121 Ss 11/19) verlangt für Leichtfertigkeit ein deutliches Maß an Gleichgültigkeit – bloße Sorglosigkeit reicht nicht.

7. Verfahrensrechtliche Verteidigung

Neben der inhaltlichen Argumentation ist auch die Überprüfung der Ermittlungsmaßnahmen ein essenzieller Bestandteil der Verteidigung.

Wichtige Angriffspunkte:

  • Durchsuchungen: Prüfung, ob ein hinreichender Anfangsverdacht bestand (§ 102 StPO).
  • Beschlagnahmen: Kontrolle, ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt wurde (§ 94 StPO).
  • Kontosperrungen: Überprüfung nach § 111b StPO, insbesondere ob ein konkreter Zusammenhang zur Tat nachgewiesen wurde.

Unrechtmäßige Maßnahmen können zur Aufhebung von Beweismitteln führen und die Strafbarkeit erheblich in Frage stellen.

Zudem ist zu prüfen, ob die Ermittlungsbehörden gegen Datenschutz- und Grundrechtsgarantien verstoßen haben. Der EGMR (Urt. v. 27. 04. 2017 – 73607/13) hat Deutschland bereits wegen unverhältnismäßiger Eingriffe in geschützte Verteidigerkonten gerügt.

8. Praktische Verteidigungsansätze

Ein durchdachter Verteidigungsplan umfasst:

  1. Schnelle Akteneinsicht zur Analyse der Verdachtsmomente,
  2. Frühe Kontaktaufnahme mit der Staatsanwaltschaft,
  3. Aufbau eines konsistenten Erklärungsnarrativs,
  4. Einbindung von IT- und Finanzexperten,
  5. Transparente Kommunikation gegenüber Ermittlern.

In vielen Fällen lässt sich bereits im Ermittlungsverfahren eine Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO erreichen, wenn keine hinreichenden Beweise für Vorsatz oder Leichtfertigkeit vorliegen.

9. Dokumentations- und Compliance-Pflichten

Auch wenn kein strafbares Verhalten vorliegt, sollten Betroffene ihre internen Abläufe künftig absichern:

  • Einrichtung eines internen Compliance-Systems,
  • Prüfung aller Zahlungseingänge über 10.000 €,
  • Nachweis der wirtschaftlich Berechtigten bei Transaktionen,
  • regelmäßige Überprüfung von Kontobewegungen.

Die Einhaltung solcher Sorgfaltspflichten ist nicht nur präventiv, sondern kann im Ernstfall auch entlastend wirken, da sie belegt, dass der Betroffene systematisch auf Transparenz und Kontrolle achtet.

10. Fazit

Ein Geldwäschevorwurf nach einer unfreiwilligen Transaktion ist kein automatisches Schuldeingeständnis. Entscheidend ist die juristisch saubere Abgrenzung zwischen Fahrlässigkeit, Leichtfertigkeit und Vorsatz.

Wer glaubhaft machen kann, dass er gutgläubig gehandelt und sich aktiv kooperativ verhalten hat, kann in der Regel eine Einstellung des Verfahrens erreichen. Die Verteidigung sollte sich auf drei Pfeiler stützen:

  1. Unfreiwilligkeit und Unkenntnis nachweisen,
  2. Beweise sichern und Transparenz schaffen,
  3. Rechtsverstöße in der Ermittlungsarbeit prüfen.

Eine strukturierte, frühzeitige Verteidigungsstrategie und eine sachlich-professionelle Kommunikation mit den Ermittlungsbehörden sind der Schlüssel, um einen unberechtigten Vorwurf abzuwehren.

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