Internationale Zuständigkeit bei Krypto-Betrug – Anwalt über DeFi-Gerichtsverfahren

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Internationale Zuständigkeit bei DeFi-Betrug – Anwalt erklärt Gerichtsverfahren und grenzüberschreitende Durchsetzung
Internationale Zuständigkeit bei DeFi-Betrug: Anwalt erklärt, wann deutsche Gerichte zuständig sind und wie Urteile global durchgesetzt werden.
---> Wie sie Krypto-Betrug direkt erkennen
I. Einleitung – Betrug ohne Grenzen, aber nicht ohne Gericht
DeFi-Plattformen operieren global, doch der Schaden entsteht lokal.
Ein deutscher Anleger überweist Token an eine DAO auf den Cayman Islands, verliert sie an einen Exploit, und fragt: „Welches Gericht hilft mir?“
Die Antwort liegt in der Kombination aus europäischem Zivilprozessrecht und internationalem Privatrecht.
Auch im virtuellen Raum bleibt das Recht territorial: Wo das Vermögen geschädigt wird, dort kann geklagt werden.
II. Grundlagen – Art. 7 Nr. 2 EuGVVO und Art. 4 Rom-II-VO
Die Brüssel-Ia-Verordnung (EuGVVO) regelt die internationale Zuständigkeit innerhalb der EU.
Nach Art. 7 Nr. 2 kann eine Person „am Ort des Schadenseintritts“ verklagt werden.
Bei DeFi-Betrug ist das regelmäßig der Wohnsitz oder Kontostandort des Anlegers.
Das anwendbare Recht bestimmt sich nach Art. 4 Rom-II-VO – Ort, an dem der Schaden eintritt.
Damit gilt deutsches Recht, wenn deutsche Anleger betroffen sind, auch wenn Täter oder Plattformen im Ausland sitzen.
Diese doppelte Anknüpfung – Zuständigkeit + Recht – macht den DeFi-Betrug justiziabel, obwohl der Code global ist.
III. Der digitale Schadensort
In Blockchain-Systemen ist kein geografischer Ort sichtbar.
Juristisch wird der Schaden dort verortet, wo der Anleger wirtschaftlich geschädigt wurde – also in Deutschland, wenn von hier aus investiert wurde und hier der Vermögensnachteil eintritt.
Diese Sichtweise stützt die Rechtsprechung des EuGH („Shevill“, „Kronhofer“):
Nicht der Server, sondern die Wirkung entscheidet.
Ein Wallet-Abfluss wird daher wie eine Überweisung behandelt – Ort der Belastung = Zuständigkeitsort.

IV. Haftung internationaler Plattformbetreiber
Sobald ein DeFi-Projekt in deutscher Sprache wirbt oder deutsche Nutzer anspricht, begründet es eine „gerichtliche Nähe“.
Die Plattform rechnet mit Klagen in Deutschland (§ 32 ZPO analog).
Wer grenzüberschreitend Finanzdienstleistungen erbringt, unterliegt zudem Art. 17 EuGVVO (Verbrauchergerichtsstand).
Das heißt:
Ein deutscher Privatanleger kann vor seinem Heimatgericht klagen – selbst wenn die AGB anderes vorsehen.
Klauseln, die ausschließen, dass deutsches Recht gilt, sind nach Art. 19 EuGVVO i. V. m. § 305 c BGB unwirksam, wenn sie Verbraucher benachteiligen.
V. Internationale Vollstreckung von Urteilen
Ein deutsches Urteil ist in allen EU-Mitgliedstaaten ohne weiteres anerkennbar (Art. 36 EuGVVO).
Für Drittstaaten gilt das Haager Übereinkommen 2005 über Gerichtsstandsvereinbarungen.
Fehlt ein bilaterales Abkommen, erfolgt die Vollstreckung über Anerkennungsverfahren nach nationalem Recht – z. B. in USA via comity-principle, in Schweiz via LugÜ.
Anwälte beantragen in diesen Fällen eine exequatur (Vollstreckbarerklärung).
Digitale Assets selbst können auf Börsen beschlagnahmt werden – die Einziehung von Tokens erfolgt über gerichtliche Verfügung an Exchanges oder Custodians.
VI. Internationale Rechtshilfe im Strafverfahren
§ 59 IRG und das Budapester Übereinkommen über Cybercrime ermöglichen grenzüberschreitende Ermittlungen.
Staatsanwaltschaften können über Europol oder Eurojust Wallet-Daten, Serverlogs und KYC-Informationen anfordern.
Anwälte nutzen dieselben Kanäle für Rechtshilfeersuchen nach § 161 StPO.
Die größte Hürde bleibt die Geschwindigkeit: Viele Tokens wechseln innerhalb von Minuten mehrfach den Rechtsraum.
Hier gilt: Je früher Anzeige und Sicherungsantrag erfolgen, desto größer die Chance auf internationale Sperrung.
VII. Beweisrecht und digitale Dokumentation
Beweise müssen gerichtsfest sein.
Gerichte akzeptieren Blockchain-Explorer-Ausdrucke, Hash-Protokolle und Sachverständigengutachten als Urkundenbeweis (§ 415 ZPO).
Die Beweisführung wird erleichtert, wenn sie durch einen Anwalt beglaubigt wurde (Beweissicherungsgutachten nach § 485 ZPO).
In internationalen Verfahren empfiehlt sich die notarielle Übersetzung und digitale Signatur, damit sie den Formvorschriften des Zielstaats entsprechen.
VIII. Gerichtskosten, Sicherheiten und Prozessfinanzierung
Klagen gegen internationale Plattformen sind kostspielig.
Bei Streitwerten über 100 000 € greifen Gerichtskosten von bis zu 9 000 €.
Ein Anwalt beantragt Prozesskostenhilfe (§ 114 ZPO) oder arbeitet mit Prozessfinanzierern, die 20–30 % Erfolgsbeteiligung erhalten.
Die Verfahrenskosten können durch Arrest (§ 917 ZPO) abgesichert werden – Tokens werden vor Prozessbeginn eingefroren, um spätere Vollstreckung zu sichern.
IX. Schiedsverfahren und internationale Vertragsklauseln
Viele DeFi-Projekte enthalten Schiedsklauseln („Arbitration in Singapore“).
Diese sind nur wirksam, wenn sie individuell vereinbart wurden.
Bei Verbrauchern gelten sie nach Art. 18 EuGVVO als unwirksam.
Im Unternehmensbereich können sie sinnvoll sein, wenn das Schiedsgericht technisches Know-how besitzt.
Der Anwalt prüft, ob der Schiedsspruch vollstreckbar ist (New York Convention 1958) und ob Schiedsvereinbarung oder Gerichtsstand vorteilhafter sind.
X. DAO-Strukturen und Haftung über Grenzen
Eine DAO ohne Rechtspersönlichkeit kann vor deutschen Gerichten verklagt werden, sobald sie Vermögen hält oder am Wirtschaftsleben teilnimmt (§ 50 ZPO analog).
Anwälte benennen dazu die Wallet-Adresse als Streitgegenstand und DAO-Mitglieder als Streitgenossen (§ 59 ZPO).
Urteile können sich gegen einzelne Token-Holder richten, sobald deren Identität bekannt ist – juristisch neu, aber zunehmend Praxis (LG Frankfurt 2025).
XI. Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden
Die BaFin arbeitet bei Krypto-Fällen mit der FMA (Österreich), FINMA (Schweiz) und SEC (USA) zusammen.
Diese Kooperation ermöglicht parallele Verfahren: Zivilprozess in Deutschland, Aufsichtssanktion im Ausland.
Ein Anwalt koordiniert die Schritte, um Beweise gegenseitig nutzbar zu machen und Doppelverfahren zu vermeiden.
XII. Beispiel aus der Praxis
Ein deutscher Anleger verliert 250 000 € über eine Plattform mit Sitz in Singapur.
Er klagt vor dem LG München.
Das Gericht bejaht Zuständigkeit: Schaden in Deutschland, Werbung auf Deutsch, EU-Nutzerkreis.
Urteil: Rückzahlung + Zinsen.
Über ein Exequatur-Verfahren wird das Urteil in Singapur anerkannt, Exchanges frieren die dortigen Wallets ein.
Das Verfahren dauert 18 Monate – aber der Anleger erhält 70 % zurück.
XIII. Rolle des Anwalts im internationalen Verfahren
Der Anwalt steuert:
- Zuständigkeitsanalyse,
- Beweissicherung,
- Klageerhebung,
- Anerkennungsverfahren im Ausland.
Er arbeitet mit lokalen Partnerkanzleien und internationalen Prozessfinanzierern.
Seine Aufgabe ist nicht nur rechtlich, sondern strategisch: das Verfahren global zu synchronisieren, ohne Widersprüche in Beweisketten oder Zuständigkeiten zu erzeugen.
XIV. Zukunft – Transnationale Rechtsdurchsetzung unter MiCA und DAC8
Ab 2026 werden MiCA-registrierte Anbieter europaweit überwacht.
Verstöße gegen Anlegerrechte können EU-weit verfolgt werden.
DAC8 sorgt gleichzeitig für steuerliche Nachvollziehbarkeit, sodass Zivil-, Steuer- und Strafverfahren ineinandergreifen.
Die Durchsetzung von Urteilen über Ländergrenzen hinweg wird Routine – weil die Rechtsgrundlagen endlich digitalisiert sind.

XV. Fazit – Globaler Code, nationales Recht
DeFi mag grenzenlos erscheinen, doch das Recht bleibt verankert.
Wer in Deutschland investiert, kann in Deutschland klagen.
Juristische Territorialität ist kein Widerspruch zur Digitalisierung, sondern ihre Absicherung.
Für Anleger bedeutet das: Auch der Betrug in der Cloud endet vor einem realen Gericht – mit realer Vollstreckung.
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