Geldwäsche und Krypto-Betrug im DeFi – Anwalt über FIU-Meldungen und Haftungsrisiken
Verfasst von
Max Hortmann
08 Nov 2025
•
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Geldwäsche und DeFi – rechtliche Pflichten und FIU-Meldungen
Geldwäsche im DeFi-Bereich: Anwalt erklärt Pflichten nach GwG und FIU-Meldungen bei Krypto-Betrug und digitalen Vermögenswerten.
I. Einleitung – Die Schattenseite der Dezentralisierung
DeFi steht für Unabhängigkeit, Geschwindigkeit, Anonymität – und damit auch für ein massives Risiko: Geldwäsche. Während klassische Banken strenge Prüfpflichten nach dem Geldwäschegesetz (GwG) erfüllen müssen, arbeiten viele DeFi-Plattformen ohne Sitz, Aufsicht oder Kundendaten. Das schafft eine rechtliche Grauzone, die Täter gezielt nutzen, um Vermögenswerte aus Betrugsdelikten zu verschleiern. Für Anwälte, Ermittler und Finanzaufsicht gilt: Wo Krypto-Assets zirkulieren, entsteht eine neue Form der Finanzkriminalität – und damit neue juristische Verantwortung.
II. Rechtlicher Rahmen – § 261 StGB und GwG
Der zentrale Straftatbestand ist § 261 StGB: Geldwäsche. Tatobjekte sind alle Gegenstände, die aus einer rechtswidrigen Tat herrühren – einschließlich digitaler Token oder NFTs. Das GwG ergänzt diese Strafnorm durch präventive Pflichten für Verpflichtete, insbesondere:
§ 10 GwG: Identifizierungspflicht (KYC)
§ 11 GwG: Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten
§ 43 GwG: Verdachtsmeldepflicht an die FIU
§ 6 GwG: Risikoanalyse
Damit entsteht ein duales System: Prävention durch das GwG, Sanktion durch § 261 StGB.
III. DeFi als Geldwäscheinstrument
DeFi-Protokolle wie DEXs, Bridges und Mixers sind aus juristischer Sicht „Hochrisikobereiche“. Sie ermöglichen schnelle, pseudonyme Transaktionen ohne zentralen Intermediär. Täter verschieben gestohlene oder betrügerisch erlangte Tokens über Smart Contracts, Cross-Chain-Bridges oder Privacy-Coins.
Das Bundeskriminalamt spricht von „technisch strukturierten Geldwäschestrategien“. Die FIU nennt in ihrem Jahresbericht 2024 einen Anstieg der gemeldeten Krypto-Verdachtsfälle um 380 % – Tendenz weiter steigend.
IV. Wer ist verpflichtet? – Der Kreis der GwG-Verpflichteten
Auch wenn viele DeFi-Projekte keine klassische Rechtsform besitzen, gelten bestimmte Akteure als Verpflichtete nach dem GwG:
Rechtsanwälte und Steuerberater, soweit sie an Transaktionen mitwirken (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG).
Das bedeutet: Selbst ein Anwalt, der bei einem Token-Swap oder bei der Strukturierung eines Investments mitwirkt, kann meldepflichtig sein, wenn Anhaltspunkte für Geldwäsche bestehen.
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V. Verdachtsmeldungen und die Rolle der FIU
Die Financial Intelligence Unit (FIU) ist die zentrale Meldestelle für Geldwäsche-Verdachtsfälle in Deutschland. Sie analysiert, priorisiert und leitet relevante Hinweise an Strafverfolgungsbehörden weiter.
Ein Verdacht liegt vor, wenn:
Herkunft der Tokens unklar ist,
Transaktionsstruktur ungewöhnlich erscheint,
ein Zusammenhang mit Betrugsdelikten besteht,
oder DeFi-Protokolle genutzt werden, die Anonymisierung ermöglichen.
Meldungen erfolgen elektronisch über das goAML-Portal der FIU. Nach Abgabe der Meldung gilt ein Transaktionsverbot (§ 46 GwG), bis die Freigabe erfolgt.
VI. Typische Geldwäsche-Strukturen im DeFi-Bereich
Layering durch Bridges: Token werden mehrfach zwischen Chains (z. B. Ethereum → BSC → Polygon) verschoben, um die Nachverfolgung zu erschweren.
Tumbler- und Mixer-Nutzung: Gelder werden in Pools eingezahlt, die Auszahlungen zufällig verteilen – klassische „Waschmaschine“.
Fake Liquidity Pools: Täter erzeugen Pools mit geringen Volumina, um Transaktionen intern zu verschieben.
NFT- und Token-Scheingeschäfte: Überteuerte NFT-Transfers dienen als Vorwand, um Geldflüsse zu tarnen.
Diese Techniken verändern nichts daran, dass jeder Token aus einer Straftat ein „bemakelter Vermögenswert“ im Sinne des § 261 StGB bleibt.
VII. Beweis- und Ermittlungsstrategien
Für Ermittler und Anwälte gilt: Die Blockchain selbst ist Beweis. Über Forensik-Tools lassen sich Wallet-Cluster, Taint-Tracing und Transaktionspfade rekonstruieren. Im Strafverfahren dienen diese Daten als digitale Beweismittel (§ 244 Abs. 3 StPO).
Ein spezialisierter Anwalt beantragt zudem die vorläufige Sicherung (§ 111e StPO) und die Einziehung (§ 73 StGB). Ziel ist, Vermögenswerte so früh wie möglich zu isolieren, bevor sie in internationale Pools abfließen.
VIII. Haftung und Sanktionen
Unterlassene Meldungen oder Pflichtverstöße können empfindliche Folgen haben:
Bußgelder nach § 56 GwG (bis zu 5 Mio. € oder 10 % des Jahresumsatzes),
Für Anwälte gilt zusätzlich das Risiko des Berufsrechts (§ 43a BRAO) – sie dürfen nicht Beihilfe zur Geldwäsche leisten, auch nicht unbewusst.
IX. DeFi-Projekte im Konflikt mit dem Recht
Viele DeFi-Protokolle argumentieren, sie seien „code only“ – also keine juristische Person. Doch sobald sie Erträge an Nutzer ausschütten oder Tokens gegen Fiat tauschen, agieren sie wirtschaftlich. Damit greifen sowohl das GwG als auch § 261 StGB. Wer DeFi-Protokolle ohne Compliance-Struktur betreibt, setzt sich einem erheblichen Haftungsrisiko aus.
X. Rolle des Anwalts in der Prävention
Ein erfahrener Anwalt im Krypto-Strafrecht ist mehr als Verteidiger – er ist Compliance-Berater. Zu seinen Aufgaben gehören:
Entwicklung interner Kontrollsysteme,
Schulung zur Risikoanalyse (§ 6 GwG),
Prüfung der Meldepflichten (§ 43 GwG),
Begleitung bei FIU-Verfahren.
Damit wird der Anwalt zum Compliance-Architekten im digitalen Finanzsystem.
XI. Verteidigung bei Geldwäscheverdacht
Nicht jeder Transfer verdächtiger Tokens bedeutet Schuld. Oft treffen Ermittlungsmaßnahmen auch unschuldige Nutzer – etwa nach dem Empfang manipulierter Coins. In solchen Fällen ist entscheidend, sofort anwaltlich zu reagieren:
Offenlegung der Transaktionshistorie,
Nachweis der fehlenden Kenntnis über kriminelle Herkunft,
Antrag auf Entsperrung beschlagnahmter Wallets (§ 111d StPO),
Widerspruch gegen Einziehungsmaßnahmen (§ 111k StPO).
Diese Verteidigung setzt technisches und juristisches Know-how voraus – beides vereint der spezialisierte Krypto-Anwalt.
XII. Internationale Perspektive
Geldwäschebekämpfung endet nicht an Landesgrenzen. Die FATF (Financial Action Task Force) fordert seit 2024 explizit die Umsetzung der „Travel Rule“ für Krypto-Transaktionen: Absender- und Empfängerdaten müssen übermittelt werden, sobald Tokens zwischen Plattformen transferiert werden. Deutschland hat diese Vorgabe in § 11 Abs. 1 GwG umgesetzt – auch DeFi-Dienste müssen sich daran orientieren, sobald sie einen Bezug zum europäischen Markt haben.
XIII. Praktisches Beispiel
Ein Opfer investiert in ein DeFi-Projekt, das später als Betrug entlarvt wird. Die Täter schleusen die Gelder über Tornado Cash und mehrere Bridges in Stablecoins um. Die FIU erhält eine Verdachtsmeldung einer deutschen Bank, über die die Erstzahlung lief. Durch die Verknüpfung dieser Meldung mit On-Chain-Daten gelingt die Identifizierung der Täter. Das Verfahren mündet in die Einziehung nach § 73 StGB – und der Mandant erhält über das Adhäsionsverfahren Teilrückzahlung.
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XIV. Fazit – Zwischen Freiheit und Verantwortung
DeFi verspricht finanzielle Autonomie, bringt aber auch regulatorische Verantwortung. Ohne Compliance-Strukturen wird jede Plattform zum Risiko – für Betreiber, Nutzer und Berater. Für Anwälte entsteht ein neues Tätigkeitsfeld zwischen Strafverteidigung, Finanzrecht und Technologieberatung. Das Ziel bleibt klar: Transparenz schaffen, wo Anonymität missbraucht wird.
Call-to-Action
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