Recruiting-Agentur gründen – rechtliche Anforderungen und DSGVO-Fallen

Verfasst von
Max Hortmann
31 Oct 2025
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Recruiting-Agentur gründen – rechtliche Anforderungen und DSGVO-Fallen

Recruiting-Agentur gründen – rechtliche Anforderungen, Datenschutzpflichten und Haftungsrisiken nach DSGVO und AÜG.

Rechtliche Grundlage und Zulassungspflichten für Recruiting-Agenturen

Wer eine Recruiting- oder Headhunter-Agentur gründet, bewegt sich unmittelbar im Spannungsfeld zwischen Arbeitsrecht, Gewerberecht und Datenschutz.
Die Tätigkeit fällt grundsätzlich unter das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG), sobald die Agentur Personal nicht nur vermittelt, sondern Arbeitnehmer an Dritte überlässt.

Nach § 1 AÜG bedarf dies einer Erlaubnis der Bundesagentur für Arbeit, die regelmäßig überprüft wird. Fehlende oder fehlerhafte Genehmigungen gelten als unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung und können strafrechtliche Folgen nach § 16 AÜG haben – bis hin zu Freiheitsstrafen.
Die Abgrenzung zwischen erlaubnispflichtiger Arbeitnehmerüberlassung und bloßer Personalvermittlung ist daher essenziell. Fehler in dieser Phase führen zu Bußgeldern, Nachforderungen und ggf. sozialversicherungsrechtlicher Haftung. (B+P 2016, 373)

Neben der Erlaubnisprüfung gilt das allgemeine Gewerberecht (§ 14 GewO). Recruiting-Agenturen müssen sich bei der zuständigen Kommune anmelden und der Berufsgenossenschaft beitreten.
Aufsichtsbehörden wie die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FSK) oder die Sozialversicherungsträger führen regelmäßige Prüfungen durch, insbesondere bei Einsatz von Freelancern.
Obenhaus, Stbg 2012, 548 ff., weist darauf hin, dass unklare Beschäftigungsverhältnisse häufig zur Annahme von Scheinselbstständigkeit führen.

Typische Gründungsfehler sind unvollständige Erlaubnisanträge, fehlende Trennung zwischen Vermittlung und Verleih sowie mangelhafte Dokumentation der Vertragsbeziehungen. Diese können Bußgelder bis zu 500.000 € nach sich ziehen.

Datenschutz und Bewerbermanagement nach DSGVO

Recruiting-Agenturen verarbeiten täglich sensible personenbezogene Daten. Nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO ist hierfür eine rechtmäßige Grundlage erforderlich – entweder die Einwilligung des Bewerbers oder die Notwendigkeit zur Vertragsdurchführung.

B+P 2012, 87 ff. betont die Pflicht zur Zweckbindung: Bewerberdaten dürfen nur zur Personalvermittlung verwendet werden. Jede darüber hinausgehende Nutzung, etwa zur Aufnahme in Bewerberpools, bedarf einer gesonderten Einwilligung.

Die Informationspflichten nach Art. 13 DSGVO müssen erfüllt werden – transparent, eindeutig und dokumentiert. Bewerber müssen wissen, wer ihre Daten verarbeitet, wie lange sie gespeichert werden und an wen sie übermittelt werden.
Nach B+P 2011, 517 ff. ist insbesondere auf Löschfristen zu achten: Daten abgelehnter Bewerber sind nach sechs Monaten zu löschen, es sei denn, sie stimmen einer längeren Speicherung ausdrücklich zu.

Wer digitale Bewerbungsplattformen oder Cloud-Tools nutzt, muss Auftragsverarbeitungsverträge (AVV) mit Dienstleistern schließen.
Fehlt diese Vereinbarung, drohen Bußgelder nach Art. 83 DSGVO.
Systeme müssen durch technische und organisatorische Maßnahmen (TOM) abgesichert sein, insbesondere gegen unbefugten Zugriff oder Datenlecks.

Vertragsgestaltung zwischen Auftraggeber, Bewerber und Agentur

Verträge sind das Rückgrat jeder Recruiting-Agentur.
Sie regeln nicht nur Provisionshöhen, sondern auch Haftung, Gewährleistung und Rücktritt.
Laut Haake, Steuerberater-Branchenhandbuch (2019) sollten Provisionsvereinbarungen und Storno-Regelungen klar dokumentiert werden, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.

Ein wesentlicher Aspekt ist die Haftung bei Fehlvermittlung oder Täuschung. Wird ein Bewerber mit gefälschten Unterlagen vermittelt, haftet die Agentur bei grober Fahrlässigkeit. Die Haftung kann durch sorgfältige Prüfverfahren und Compliance-Protokolle reduziert werden.

AGB-Kontrolle: Nach § 307 BGB dürfen AGB keine unangemessenen Benachteiligungen enthalten. Typische Fehler sind Klauseln zu pauschalierten Schadensersatzansprüchen oder intransparenten Kündigungsfristen.
B+P 2012, 301 ff. weist darauf hin, dass Recruiting-Verträge häufig als Dienstleistungsverträge einzuordnen sind – mit Gewährleistungsansprüchen bei fehlerhafter Leistung.

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Haftung, Scheinselbstständigkeit und Arbeitsrecht

Eine der größten Gefahren für Recruiting-Agenturen liegt in der verdeckten Arbeitnehmerüberlassung.
Wenn eine Agentur nominell als Vermittler auftritt, tatsächlich aber Personal in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingliedert, liegt ein Verstoß gegen § 9 AÜG vor.
Dieser macht den Vertrag nichtig und führt dazu, dass der überlassene Arbeitnehmer als Beschäftigter des Auftraggebers gilt.

Lachmann, CB 2023, 218 ff. hebt hervor, dass Status-Compliance eine Kernaufgabe jeder Personalagentur ist. Eine klare vertragliche Abgrenzung und transparente Aufgabenbeschreibung sind zwingend.
Auch hier droht neben Bußgeldern der Vorwurf des Beitragsbetrugs (§ 266a StGB), wenn Sozialabgaben nicht ordnungsgemäß abgeführt wurden.

Fehlerhafte Verträge gefährden zudem das Verhältnis zum Kunden: Wird ein Beschäftigungsverhältnis nachträglich festgestellt, haftet die Agentur für Beiträge, Urlaub und Entgeltfortzahlung.

Steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Pflichten

Recruiting-Agenturen müssen nicht nur arbeits-, sondern auch steuerrechtliche Besonderheiten beachten.
Die umsatzsteuerliche Behandlung richtet sich nach der Art der Leistung: Vermittlungsleistungen unterliegen der Regelbesteuerung, während grenzüberschreitende Dienstleistungen dem Reverse-Charge-Verfahren (§ 13b UStG) unterliegen können.

Peters, Steuerberater-Branchenhandbuch (2025) erläutert, dass Vermittlungen ins Ausland besondere Dokumentationspflichten auslösen, um Doppelbesteuerung zu vermeiden.
Arbeitgeber und Auftraggeber müssen zudem eine Statusprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung durchführen, um Scheinselbstständigkeit auszuschließen.

Besonderheiten ergeben sich bei internationalen Einsätzen: Hier gelten zusätzlich die Sozialversicherungsabkommen zwischen den Staaten. Werden Fachkräfte ins Ausland vermittelt, müssen die dortigen Arbeits- und Versicherungsbedingungen geprüft und dokumentiert werden.

Compliance und interne Kontrollsysteme

Eine moderne Recruiting-Agentur benötigt ein funktionierendes Compliance-System, um Haftung zu vermeiden.
Eckhard Kreßel, NZG 2018, 841 ff. zeigt, dass Personalabteilungen und Agenturen als Schnittstelle zwischen Datenschutz, Arbeitsrecht und Sozialversicherung besonders kontrollintensiv sind.

Pflichten:

  • Implementierung eines internen Kontrollsystems (IKS),
  • regelmäßige Audits und Nachweisdokumentation,
  • klare Richtlinien zur Datenverarbeitung und Kommunikation,
  • Schulungspflichten für Mitarbeitende,
  • Einführung eines Whistleblower-Mechanismus nach der EU-Hinweisgeberrichtlinie.

Ein solches System ist nicht nur rechtlich geboten, sondern schafft Vertrauen bei Bewerbern und Auftraggebern. Verstöße gegen Compliance-Pflichten können zivilrechtliche Schadensersatzansprüche (§ 823 BGB) und reputationsbezogene Risiken auslösen.

Recruiting-Agentur mit Anwalt und Recruiterin im modernen Büro – Symbol für DSGVO, Compliance und Arbeitnehmerüberlassung
Anwalt und Recruiterin im futuristischen Büro – Symbol für rechtssichere Recruiting-Agentur und DSGVO-Compliance

Fazit & Handlungsempfehlung

Recruiting-Agenturen stehen an der Schnittstelle zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, zwischen Vermittlung und Compliance.
Sie tragen Verantwortung für die rechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten, die korrekte Einordnung von Arbeitsverhältnissen und die ordnungsgemäße steuerliche Behandlung ihrer Leistungen.

Die wichtigsten Handlungsempfehlungen:

  • klare Abgrenzung von Arbeitnehmerüberlassung und Vermittlung,
  • DSGVO-konforme Bewerberverwaltung,
  • rechtssichere Provisions- und Storno-Regelungen,
  • Compliance-Systeme mit regelmäßigen Audits und Dokumentationspflichten.

Eine anwaltliche Prüfung der Struktur schützt vor Bußgeldern, Reputationsschäden und strafrechtlichen Risiken.

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