Modelagentur rechtssicher führen – Verträge, Gagen und Datenschutz

Verfasst von
Max Hortmann
31 Oct 2025
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Modelagentur rechtssicher führen – Verträge, Gagen und Datenschutz

Modelagentur rechtssicher führen – wie Sie Verträge, Gagen und Datenschutz korrekt umsetzen.

Rechtliche Grundlage und Zulassungspflichten von Modelagenturen

Die Gründung und der laufende Betrieb einer Model- oder Castingagentur verlangen mehr als organisatorisches Geschick – sie erfordern eine tragfähige rechtliche Grundlage.
Nach § 14 GewO ist jede Tätigkeit, die auf Dauer und Gewinnerzielung angelegt ist, gewerblich. Eine Gewerbeanmeldung ist daher Pflicht. In der Praxis scheitern viele Agenturen bereits an der korrekten Abgrenzung zwischen Künstlervermittlung und Arbeitsvermittlung.
Wer Models nicht nur vermittelt, sondern aktiv Verträge aushandelt oder als Produktionspartner auftritt, kann schnell in den Anwendungsbereich des Arbeitnehmerüberlassungsrechts geraten. Dann gelten besondere Anforderungen wie Erlaubnispflichten und Kontrollmechanismen (§ 1 AÜG).

Auch die steuerliche Einordnung ist entscheidend: Das Finanzamt differenziert zwischen freiberuflichen und gewerblichen Einkünften. Nach der Kommentierung von Korn / Carlé / Stahl / Strahl – EStG (2025) gilt die Tätigkeit einer Modelagentur regelmäßig als gewerblich, da sie organisatorische Leistungen und Vermittlungsmanagement kombiniert. Falsche Einordnung kann zu Nachforderungen bei Gewerbesteuer und Umsatzsteuer führen.

Modelagenturen arbeiten meist hybrid – als Vermittler, Manager und Produzent.
Diese Mischform verlangt eine interne Trennung der Geschäftsbereiche, um rechtliche Pflichten zuzuordnen. Nur so lässt sich vermeiden, dass Vertrags-, Haftungs- und Steuerpflichten unkontrolliert ineinander greifen.

Vertragsgestaltung zwischen Models, Kunden und Agentur

Der Modelvertrag ist das Herzstück jeder Agentur. Fehler hier wirken sich unmittelbar auf Haftung, Vergütung und Rechteübertragung aus.
Ein rechtssicherer Vertrag definiert Leistungspflichten, Vergütung, Exklusivität und Haftung. Nach Schirmbacher / Ihmor, CR 2009, 245 ff. muss insbesondere festgelegt werden, wer Vertragspartner ist und wie Rechte an Bildmaterial übertragen werden.

Übliche Vergütungsmodelle sind:

  • Provisionen (prozentualer Anteil an der Modelgage),
  • Buy-outs (einmalige Zahlungen für die zeitlich oder räumlich unbegrenzte Nutzung von Bildern),
  • Tageshonorare (fest definierte Vergütung pro Produktionstag).

Kritisch sind Exklusivbindungen: Sie müssen schriftlich und klar eingegrenzt sein, um eine unzulässige Knebelung (§ 138 BGB) zu vermeiden.
Vertragslaufzeit und Kündigungsregelungen sichern beide Seiten ab – insbesondere dann, wenn Agenturen in Vorleistung gehen (z. B. Sedcard-Shootings, PR-Leistungen).

Zudem sollte jede Agentur über standardisierte AGBs verfügen, die die Nutzungsrechte, Haftungsbegrenzung, Datenschutz und Streitbeilegung (z. B. Gerichtsstand) klar regeln. Das schafft Einheitlichkeit und reduziert Risiken im Tagesgeschäft.

Urheber-, Persönlichkeits- und Datenschutzrecht als Einheit

Modelagenturen operieren im Schnittfeld von Urheberrecht, Persönlichkeitsrecht und Datenschutz.
Models gewähren mit jedem Shooting eine Lizenz zur Nutzung ihres Bildes – aber keine umfassende Aufgabe ihrer Persönlichkeitsrechte. Nach Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO ist eine Einwilligung in die Bildnutzung nur wirksam, wenn sie freiwillig, informiert und widerrufbar erteilt wurde.

Einwilligungen dürfen nicht in allgemeinen Agenturverträgen versteckt werden. Sie müssen eigenständig dokumentiert werden, um Rechenschaftspflichten nach Art. 5 Abs. 2 DSGVO zu erfüllen.
Bei Veröffentlichungen auf Social-Media-Plattformen greifen zusätzlich Nutzungsbedingungen Dritter – hier entsteht ein Konflikt zwischen wirtschaftlicher Verwertung und datenschutzrechtlicher Kontrolle.

Nach Köhler, GRURPrax 2019, 343 ff. besteht Kennzeichnungspflicht für kommerzielle Posts auch dann, wenn sie über Agentur-Accounts verbreitet werden. Verstöße führen zu Abmahnungen und Mitverantwortung der Agentur.

Urheberrechtlich müssen Models vor unbefugter Weitergabe ihrer Aufnahmen geschützt werden. Die Agentur trägt eine Prüfpflicht, bevor sie Material an Dritte (z. B. Marken, Magazine, Plattformen) weitergibt. Fehlende Rechteklärung kann Schadensersatzpflichten nach § 97 UrhG auslösen.

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Haftung im Agenturalltag – Content, Kooperationen und Reputationsrisiken

Die Agentur haftet nicht nur für eigene Fehler, sondern auch für die, die im Rahmen ihrer Organisation entstehen.
Nach Paschke, jurisPK-Internetrecht (2024), Kap. 4.5 trifft Agenturen eine sekundäre Verantwortung für Inhalte, die sie koordinieren oder veröffentlichen. Werden urheberrechtsverletzende Bilder oder unzulässig bearbeitete Aufnahmen verbreitet, haftet die Agentur, wenn sie die Veröffentlichung veranlasst oder davon profitiert.

In der Praxis relevant sind Fälle von KI-erzeugtem Bildmaterial, das ohne Kennzeichnung genutzt wird.
Becker / Klengel / Lamertz, NZA 2025, 960 ff. zeigen, dass Agenturen durch automatisierte Prozesse neue Haftungsrisiken tragen, sobald sie Tools einsetzen, die Output-Daten ohne manuelle Kontrolle veröffentlichen.

Reputationsschäden entstehen zudem durch Datenlecks oder unzulässige Weitergabe interner Sedcards. Diese Verstöße können Schadensersatzansprüche nach Art. 82 DSGVO begründen.
Deshalb müssen Agenturen interne Verfahren zur Beweissicherung und Incident-Response einführen.

Arbeitsrechtliche Risiken und Künstlersozialkasse

Ein Kernproblem vieler Agenturen ist die Scheinselbstständigkeit.
Nach § 611a BGB und der Analyse von Gallus / Hannig, KÖSDI 2024, 23553 ff. gilt: Models, die regelmäßig für dieselbe Agentur tätig, weisungsgebunden oder in deren Abläufe eingebunden sind, können als Arbeitnehmer eingestuft werden.

Das führt zu Nachforderungen der Sozialversicherung (§ 28e SGB IV) und unter Umständen zu Strafbarkeit nach § 266a StGB (Vorenthalten von Beiträgen).
Obenhaus, Stbg 2012, 548 ff., betont, dass fehlende Statusprüfung eine der häufigsten Ursachen für Betriebsprüfungen ist.

Zusätzlich kann die Agentur Künstlersozialabgabe schulden (§ 24 KSVG), wenn sie regelmäßig künstlerische oder publizistische Leistungen einkauft.
Gerade bei Content-Produktionen, PR-Shootings und Werbekampagnen ist diese Pflicht schnell erfüllt.
Das Risiko steigt, wenn die Agentur auch als Produktionsgesellschaft agiert und eigenständig Bild- oder Videomaterial vermarktet.

Steuer- und Abgabepflichten der Agentur

Modelagenturen bewegen sich steuerlich in einer komplexen Matrix.
Neben der Gewerbesteuer fallen Umsatzsteuer (19 %) und Lohnsteuer an, wenn Mitarbeiter beschäftigt werden.
Rozanski / Oonk, SAM 2023, 78 ff. betonen, dass Influencer-ähnliche Agenturen mit steuerlichen Mischformen konfrontiert sind – insbesondere bei Auslandsgagen oder Buy-outs, die in mehreren Staaten verwertet werden.

Internationale Aufträge erfordern korrekte Vertragsdokumentation, um Doppelbesteuerung zu vermeiden.
Bei Drittstaaten (z. B. Schweiz, UK, USA) müssen Quellensteuern und EU-Verordnungen (DAC7/DAC8) geprüft werden, sobald Zahlungen digital erfasst werden.

Agenturen sollten ihre Buchhaltung digitalisieren, um Einnahmen, Abgaben und Rechteflüsse nachvollziehbar darzustellen – insbesondere bei Kooperationsplattformen oder Cloud-Zahlungsdiensten.

Datenschutz und Datenmanagement

Modeldaten gehören zu den sensibelsten Kategorien personenbezogener Daten: Fotos, Maße, Gesundheitsangaben und Sedcards enthalten Informationen, die Rückschlüsse auf das Privatleben zulassen.
Die Verarbeitung fällt unter Art. 9 DSGVO (besondere Kategorien personenbezogener Daten).

Breyer / Hirschel, DuD 2025, 97 ff. weisen darauf hin, dass insbesondere Cloud-Verarbeitungen (z. B. AWS oder SaaS-CRM) vielfach gegen Art. 28 DSGVO verstoßen, wenn keine wirksamen AV-Verträge bestehen.
Agenturen müssen daher:

  • AVV mit Dienstleistern abschließen,
  • Löschkonzepte implementieren,
  • Informationspflichten nach Art. 13 DSGVO erfüllen,
  • und ggf. eine Datenschutz-Folgenabschätzung vornehmen.

Bei Bewerbungen oder Online-Casting-Tools gilt: Daten dürfen nur für den vorgesehenen Zweck verarbeitet werden, müssen verschlüsselt gespeichert und nach Abschluss des Verfahrens gelöscht werden.
Verstöße ziehen Bußgelder nach Art. 83 DSGVO nach sich – in der Praxis bis zu 4 % des Jahresumsatzes.

Compliance und Governance in Kreativagenturen

Ein modernes Agenturmanagement benötigt mehr als Verträge – es braucht ein Compliance-System, das Rechts-, Daten- und Reputationsschutz vereint.
Gallus / Hannig, KÖSDI 2024 empfehlen ein internes Regelwerk mit Checklisten, Schulungsmodulen und Meldekanälen.

Zentrale Elemente:

  • standardisierte Vertragsvorlagen,
  • NDAs für Mitarbeiter und Freelancer,
  • DSGVO-Schulungen,
  • dokumentierte Prüfverfahren für Kooperationen und Veröffentlichungen.

Die Geschäftsführung ist persönlich verantwortlich für Aufsichts- und Kontrollpflichten. Unterlässt sie diese, drohen Haftungsansprüche (§ 43 GmbHG) und Bußgelder nach OWiG.

Compliance ist kein formaler Prozess, sondern ein strategisches Schutzinstrument – gerade in einer Branche, die zunehmend digitalisiert und medienöffentlich agiert.

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Fazit & Handlungsempfehlung

Model- und Castingagenturen bewegen sich im Spannungsfeld zwischen Kunst, Wirtschaft und Datenschutz.
Wer Haftung, Sozialabgaben und Datenschutzpflichten unterschätzt, riskiert nicht nur finanzielle, sondern auch reputationsrechtliche Schäden.

Die wichtigsten Punkte:

  • klare Trennung von Vermittlung, Management und Produktion,
  • schriftliche und DSGVO-konforme Verträge,
  • rechtssichere Vergütungs- und Buy-out-Regelungen,
  • Compliance- und Datenschutz-Strukturen nachweisbar implementieren.

Empfehlung:
Lassen Sie Ihre Verträge, Datenschutzkonzepte und Agenturstrukturen anwaltlich prüfen. Nur so vermeiden Sie langfristige Risiken bei Haftung, Steuer und Reputation.

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Autorisierte Fundstellen:
Korn / Carlé / Stahl / Strahl – EStG (2025);
Schirmbacher / Ihmor – CR 2009, 245 ff.;
Köhler – GRURPrax 2019, 343 ff.;
Paschke – jurisPK-Internetrecht (2024);
Becker / Klengel / Lamertz – NZA 2025, 960 ff.;
Gallus / Hannig – KÖSDI 2024, 23553 ff.;
Obenhaus – Stbg 2012, 548 ff.;
Rozanski / Oonk – SAM 2023, 78 ff.;
Breyer / Hirschel – DuD 2025, 97 ff.

Max Hortmann
Rechtsanwalt
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