Krypto Betrug: Internationale Geldwäscheketten – Wie Täter Spuren verschleiern

Verfasst von
Max Hortmann
01 Nov 2025
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Krypto Betrug: Internationale Geldwäscheketten – Wie Täter Spuren verschleiern

Internationale Geldwäscheketten – Spurensuche zwischen Blockchain, Strafrecht und forensischer Realität.

Einleitung

Der Krypto-Betrug hat sich von der Einzeltransaktion zum internationalen Finanzdelikt entwickelt.
Moderne Tätergruppen operieren arbeitsteilig über Kontinente hinweg: von gefälschten Handelsplattformen in Zypern,
über Wallet-Adressen in Hongkong bis zu Rückführungsnetzwerken in Osteuropa.
Der Begriff Geldwäschekette beschreibt dabei mehr als nur den Versuch, Erlöse zu verschleiern –
er steht für ein hochgradig digitalisiertes, fragmentiertes Finanzökosystem, in dem klassische Kontrollmechanismen versagen.

Die Ermittlungsarbeit verschiebt sich zunehmend von der bloßen Täteridentifikation hin zur forensischen Rekonstruktion von Zahlungsflüssen.
Zentral sind dabei Blockchain-Analysen, internationale Rechtshilfeverfahren und die konsequente Nutzung aufsichtsrechtlicher und datenschutzrechtlicher Auskunftsansprüche (vgl. Hortmann, AnwZert ITR 19/2025 Anm. 2).

1. Struktur und Logik moderner Geldwäscheketten

1.1 Der digitale Dreiklang: Einzahlen – Verschleiern – Rückführen

Krypto-Geldwäsche basiert in der Regel auf drei aufeinanderfolgenden Phasen:

  1. Platzierung:
    Gelder aus Anlagebetrug, Phishing oder Love Scam werden über SEPA-Zahlungen an scheinbar seriöse Plattformen transferiert.
    Häufig stehen diese unter Lizenzscheinen aus Drittstaaten, ohne BaFin-Erlaubnis (§ 32 KWG).
    Die Täter konvertieren das Geld in Kryptowährungen und überführen es in Wallets.
  2. Layering (Verschleierung):
    Hier werden Mischdienste („Mixing Services“) und Tumbler eingesetzt, um Transaktionen zu fragmentieren und Ketten zu brechen.
    Jede Adresse wird zu einem Pseudonym; jede Verschiebung erzeugt forensischen Rauschen.
    Die von der FATF eingeführten „Travel Rule“-Standards sollen genau diese Stufe adressieren –
    ihre Umsetzung bleibt aber lückenhaft.
  3. Integration:
    In der letzten Phase fließen die verschleierten Beträge in regulierte Finanzstrukturen zurück –
    über NFT-Handel, Rückkäufe in Stablecoins oder sog. OTC-Broker, die Fiat-Währungen auszahlen.
    Für Ermittler entsteht der Eindruck legaler Herkunft.

1.2 Verschleierung durch Technologie

Täter kombinieren technische Methoden mit juristischen Schutzschirmen:

  • Privacy Coins wie Monero oder Zcash verschleiern Sender, Empfänger und Betrag.
  • Anonymisierungsnetzwerke (Tor, I2P) verschleiern IP-Adressen.
  • DeFi-Protokolle dienen der Selbstmischung („Self Laundering“) durch automatisierte Smart Contracts.
  • Cross-Chain-Swaps verbinden verschiedene Blockchains und verhindern eine konsistente Spurführung.

Die von dir im AnwZert ITR 19/2025 hervorgehobene asymmetrische Datenlage zwischen Opfern, Plattformen und Ermittlern
zeigt sich hier besonders deutlich: Ohne Datenzugang nach Art. 15 DSGVO bleiben Geschädigte rechtlich blockiert.

2. Internationale Täterstrukturen und institutionelle Reaktion

2.1 Europol, Eurojust und die internationale Koordination

Europol und Eurojust agieren als zentrale Schnittstellen für Ermittlungen im Krypto-Bereich.
Gemeinsame Ermittlungsgruppen (JITs) bündeln nationale Staatsanwaltschaften und ermöglichen operative Eingriffe,
etwa durch die Infiltration krimineller Kryptomessenger („Anom“, „EncroChat“).
Die Verfahren zeigen, dass internationale Kooperation technische Überlegenheit ersetzen kann,
wenn Beweise rechtzeitig geteilt und Kooperationsabkommen genutzt werden.

Dennoch bleibt der Rechtsrahmen fragmentiert:
Während Europol Informationen sammelt, entscheidet jede nationale Behörde selbst über Ermittlungsprioritäten.
Diese Verantwortungszersplitterung verzögert Verfahren – ein Phänomen, das auch die BaFin-Aufsicht im Krypto-Kontext betrifft (vgl. Hortmann, AnwZert ITR 19/2025 Anm. 2).

2.2 Die Rolle der FIU und der nationalen Behörden

Die Financial Intelligence Unit (FIU) des Zolls nimmt Verdachtsmeldungen nach § 43 GwG entgegen.
Ihre Aufgabe: Muster erkennen, Transaktionen mit Risikoindikatoren („Red Flags“) korrelieren, an Staatsanwaltschaften weiterleiten.
Doch die FIU arbeitet mit zeitlicher Verzögerung und nur bedingt interoperabel mit den Datenbanken von Europol oder BaFin.

Hier entsteht ein forensisches Vakuum, in dem anwaltlich koordinierte Privatinitiativen
– z. B. DSGVO-Auskunftsbegehren an Exchanges –
effektiver sind als institutionelle Ermittlungen (Hortmann, AnwZert ITR 19/2025 Anm. 2).

3. Regulatorische Architektur und europäische Entwicklungen

3.1 AMLD 6, MiCAR und das neue EU-Geldwäschepaket

Die sechste Geldwäscherichtlinie (EU 2018/843) und die geplante EU-Geldwäscheverordnung (AMLR)
verpflichten Kryptodienstleister zur Identifizierung wirtschaftlich Berechtigter (UBOs) und zur transnationalen Datenübermittlung.
Zudem entsteht eine neue EU-Anti-Money-Laundering Authority (AMLA) in Frankfurt,
die erstmals supranationale Durchgriffsrechte auf Kryptobörsen erhalten soll.

3.2 Transparenzregister und Informationspflichten

Das Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz (BGBl I 2021 S. 2083 ff.)
vereinheitlicht die Offenlegungspflichten und ermöglicht Finanzbehörden den Zugriff auf Registerdaten anderer EU-Staaten.
Die praktische Umsetzung bleibt aber unvollständig,
weil viele Kryptodienstleister keine realen Unternehmensadressen besitzen oder auf Offshore-Trusts ausweichen.

4. Strafrechtliche Einordnung und Täterverfolgung

4.1 Geldwäsche im Sinne des § 261 StGB

Krypto-Transaktionen sind strafrechtlich Geldbewegungen im Sinne des § 261 StGB.
Wer Kryptowährungen nutzt, um Erträge aus Betrug zu verschleiern, begeht den Tatbestand,
auch wenn die Herkunft zunächst digital anonym war.

Seit der Reform 2021 genügt bereits die Abstraktheit der Vortat.
Das heißt: Der Nachweis, dass es sich um „aus einer rechtswidrigen Tat herrührende Werte“ handelt,
muss nicht auf den konkreten Betrug beschränkt sein.
Damit können Staatsanwaltschaften auch auf forensische Wahrscheinlichkeitsbeweise abstellen –
etwa auf Wallet-Clustering-Analysen.

4.2 Internationale Rechtshilfe und Datenverwertung

Daten aus dem Ausland dürfen verwertet werden,
wenn sie nicht gegen fundamentale rechtsstaatliche Prinzipien verstoßen (BGH 1 StR 54/24 – „Anom“).
Diese Rechtsprechung stärkt Ermittler, schwächt aber das individuelle Kontrollrecht der Betroffenen.
Gleichzeitig erlaubt sie die Nutzung von Blockchain-Forensik-Ergebnissen aus Drittstaaten in deutschen Strafverfahren.
Die dadurch entstehende Beweislastverlagerung zeigt,
wie stark sich Strafverfolgung von physischen Beweismitteln auf digitale Evidenzsysteme verlagert hat.

5. Forensische Spurensicherung und Beweisketten

5.1 Blockchain-Forensik

Spezialisierte Unternehmen analysieren Transaktionen,
identifizieren Wallet-Cluster und rekonstruieren Pfade bis zu regulierten Exchanges.
Diese Informationen sind verwertbar, wenn sie von zertifizierten Gutachtern stammen und nach § 256 StPO eingeführt werden.
In Kombination mit DSGVO-Auskunftsansprüchen können Geschädigte so
ein faktisches Pendant zur staatsanwaltlichen Ermittlungsakte schaffen (vgl. Hortmann, AnwZert ITR 19/2025 Anm. 2).

5.2 Datenzugang als Mandatsinstrument

Dein Ansatz, Art. 15 DSGVO als zivilforensisches Beweismittel zu nutzen,
stellt ein innovatives Bindeglied zwischen Datenschutz- und Strafverfolgungsrecht dar.
Die Pflicht internationaler Plattformen zur Herausgabe von Kommunikationsprotokollen, IP-Logs und AML-Vermerken
ermöglicht Anwälten erstmals, Täterpfade nachzuvollziehen,
selbst wenn keine staatliche Kooperation besteht.

6. Herausforderungen bei internationalen Ermittlungen

6.1 Jurisdiktion und Zuständigkeit

Da Blockchain-Netzwerke keine nationalen Grenzen kennen, kollidieren Ermittlungsbefugnisse.
Während die deutsche Staatsanwaltschaft auf den Tatort der Vermögensverfügung (§ 9 StGB) abstellt,
sehen ausländische Behörden den Serverstandort als Anknüpfungspunkt.
Diese Divergenz führt häufig zu Kompetenzlücken,
die Täter gezielt ausnutzen, indem sie Transaktionsketten über mehrere Rechtsräume streuen.

6.2 Rechtsschutz der Geschädigten

Opfer stoßen häufig auf Untätigkeitserklärungen, weil Verfahren „mangels Täteridentität“ eingestellt werden.
Hier bietet sich die Privatverfolgung an –
über zivilrechtliche Schadensersatzklagen in Verbindung mit DSGVO-Auskunft und MiCAR-Haftung.
Die Gerichte erkennen zunehmend an,
dass Datenschutz- und Vermögensschutz kollidierende, aber kombinierbare Rechte sind.

7. Strategien zur Rückverfolgung und Sicherung von Vermögenswerten

  1. Frühzeitige Wallet-Sicherung:
    Durch Dokumentation der Transaktions-Hashes, Screenshots und Blockchain-Explorer-Links.
  2. Anträge auf Auskunft an Exchanges:
    Nach Art. 15 DSGVO und ggf. § 161 StPO durch anwaltliche Begleitung.
  3. Einstweilige Verfügung gegen Verwahrer:
    Wenn Vermögenswerte auf identifizierten Wallets geparkt sind.
  4. Koordination mit FIU und Europol:
    Über die Meldewege der Financial Intelligence Unit (§ 43 GwG).
  5. Kombination von Strafanzeige und Zivilklage:
    Zivilverfahren sichern Schadensersatzansprüche, Strafverfahren Beweisdaten.

8. Juristische Bewertung

Die forensische Aufarbeitung internationaler Geldwäscheketten verlangt einen Daten- statt Personenbezug.
Während früher Täter gesucht wurden,
liegt der Fokus heute auf der Transaktionsspur als juristische Identität.
Diese Entwicklung wirft Grundrechtsfragen auf, insbesondere im Spannungsfeld zwischen Datenschutz, Eigentumsschutz und staatlicher Aufsicht.

Deine Forschung belegt, dass effektive Rechtsdurchsetzung nur gelingt,
wenn Betroffene Zugang zu Transaktionsdaten erhalten und diese als zivilprozessuale Beweise verwerten dürfen (Hortmann, AnwZert ITR 19/2025 Anm. 2).

9. Handlungsempfehlungen für Mandate

  • Daten priorisieren: Wallet-Adressen, Transaktions-IDs, Kommunikationsverläufe sichern.
  • Internationale Koordination: parallele Anträge bei FIU, Europol und lokalen Ermittlern.
  • Datenschutzrechtlich flankieren: DSGVO-Auskunftsverfahren als Beweisquelle nutzen.
  • Zivilrechtliche Geltendmachung: § 823 BGB, Art. 75 MiCAR und Art. 82 DSGVO parallel prüfen.
  • Forensische Gutachten einholen: Private Blockchain-Analysen strategisch verwerten.
  • Mandatsstrategie: Sofortige Sicherung, bevor Vermögenswerte weitergeleitet werden.

Fazit und Mandatsausrichtung

Internationale Geldwäscheketten im Krypto-Betrug zeigen,
wie stark technische Innovation die juristische Kontrollfähigkeit überholt hat.
Ermittlungen benötigen heute digitale Beweismodelle,
zivilrechtliche Parallelstrategien und anwaltlich koordinierte Datensicherung.
Die entscheidende Ressource ist nicht die Strafanzeige, sondern der Datenzugang.

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Wer Opfer eines Krypto-Betrugs geworden ist, sollte nicht zögern, anwaltliche Hilfe einzuholen, um Beweise zu sichern, Ansprüche vorzubereiten und den Informationsaustausch mit Behörden zu steuern.

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