Energetische Sanierung und Modernisierungspflichten – Eigentümer im Spannungsfeld von GEG und WEG

Verfasst von
Max Hortmann
03 Nov 2025
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Energetische Sanierung und Modernisierungspflichten – Eigentümer im Spannungsfeld von GEG und WEG

Einleitung

Die energetische Sanierung von Gebäuden ist längst nicht mehr nur eine Frage ökologischer Verantwortung, sondern eine gesetzliche Pflicht. Mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) und den Vorgaben zur Modernisierung im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) steht die Eigentümergemeinschaft vor einer komplexen Herausforderung: Einerseits verlangt der Gesetzgeber den klimaneutralen Umbau des Gebäudebestands, andererseits müssen Beschlüsse in der WEG einstimmig oder mit qualifizierter Mehrheit gefasst und finanziert werden.

Die Praxis zeigt: Zwischen den Pflichten aus dem GEG und den Rechten der Wohnungseigentümer entstehen immer häufiger Haftungsfragen und Streitigkeiten – insbesondere über Zuständigkeiten, Kostenverteilung und Fördermittel. Der folgende Beitrag beleuchtet die rechtlichen Grundlagen, die steuerlichen Anreize sowie die praktischen Risiken für Eigentümer und Verwalter.

1. Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG)

Das GEG (in Kraft seit 1. November 2020, zuletzt novelliert 2024) führt die Regelungen der EnEV, des EEWärmeG und des EnEG zusammen. Ziel ist die Verbesserung der Energieeffizienz von Bestandsgebäuden und die Reduktion fossiler Energieträger.

Zu den zentralen Pflichten zählen:

  • die Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärmeversorgung (§§ 34 ff. GEG),
  • die Nachrüstung veralteter Heizungsanlagen (§ 72 GEG),
  • und die Einhaltung von Dämmstandards bei Erneuerung von Dach, Fassade oder Fenstern (§§ 47 ff. GEG).

Nach § 72 Abs. 1 GEG müssen Heizungen, die vor 1991 eingebaut wurden und keine Niedertemperatur- oder Brennwerttechnik aufweisen, ersetzt werden. Eigentümer, die dieser Pflicht nicht nachkommen, begehen eine Ordnungswidrigkeit (§ 108 GEG) und riskieren Bußgelder bis 50.000 €.

Fördermittel können über die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG EM) beantragt werden. Sie decken bis zu 70 % der Kosten für den Austausch ineffizienter Heizungen und bis zu 20 % für sonstige Sanierungsmaßnahmen (IWW Institut 2024).

2. Steuerliche Förderung energetischer Maßnahmen

Neben Zuschüssen bietet § 35c EStG Eigentümern steuerliche Erleichterungen für energetische Maßnahmen an selbst genutzten Wohngebäuden. Absetzbar sind 20 % der Aufwendungen (maximal 40.000 € pro Objekt) über drei Jahre.

Voraussetzung ist eine Bescheinigung des Fachunternehmens (§ 35c Abs. 1 S. 7 EStG i. V. m. § 88 GEG). Das BMF-Schreiben vom 8. März 2023 (BStBl I S. 218) konkretisiert, dass nur Personen mit entsprechender Ausstellungsberechtigung (z. B. Energieberater, Bauingenieure) eine gültige Bescheinigung erteilen dürfen.

Die steuerliche Förderung kann auch mit Zuschüssen kombiniert werden, sofern keine Doppelförderung erfolgt. Gerade bei WEG-Projekten empfiehlt sich eine Abstimmung mit Steuerberater und Hausverwaltung, da die Abzugsberechtigung regelmäßig auf die einzelnen Eigentümer entfällt.

3. Fördermöglichkeiten und praktische Umsetzung

Die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) wird über die KfW und das BAFA abgewickelt. Für Wohnungseigentümergemeinschaften bestehen grundsätzlich dieselben Fördervoraussetzungen wie für Einzeleigentümer (§ 2 BEG EM).

Die Besonderheit: WEG müssen einen gemeinsamen Antrag stellen, vertreten durch den Verwalter (§ 9b Abs. 1 WEG). Das führt in der Praxis häufig zu Verzögerungen, da die Antragstellung nur nach einem gültigen Eigentümerbeschluss erfolgen darf.

Zu beachten sind:

  • Förderhöhe: bis 70 % bei Heizungsmodernisierung, 15–20 % bei Dämmung oder Fenstererneuerung,
  • Antragstellung: vor Beginn der Maßnahme,
  • Nachweisführung: Energieberater-Bestätigung erforderlich (§ 88 GEG).

Die Verwaltungspflicht umfasst auch die Beantragung und ordnungsgemäße Verwendung der Fördermittel. Unterlassungen können als Pflichtverletzung des Verwalters gewertet werden (Peters 2025).

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4. Umsetzung in der Wohnungseigentümergemeinschaft

Nach § 20 WEG gilt die energetische Sanierung als privilegierte Maßnahme, die mit einfacher Mehrheit beschlossen werden kann, sofern sie dem Energieeinsparungszweck dient. Die Kosten tragen grundsätzlich die Eigentümer nach Miteigentumsanteilen (§ 21 Abs. 2 WEG).

In der Praxis bestehen jedoch Konflikte über:

  • die Verteilung von Kosten und Fördermitteln,
  • die Finanzierung gemeinschaftlicher Maßnahmen,
  • die Abgrenzung zwischen Instandhaltung und Modernisierung.

Gemäß Kaßler (ZWE 2024) können Beschlüsse über Heizungsumrüstungen oder Dämmmaßnahmen angefochten werden, wenn keine ausreichende Information über Fördermöglichkeiten oder Kostenverteilung erfolgte. Der Verwalter ist verpflichtet, die Eigentümer umfassend zu informieren und die Einhaltung der gesetzlichen Pflichten zu überwachen (§ 27 WEG).

5. Haftung von Eigentümern und Verwaltern

Verstöße gegen das GEG können Bußgelder und Schadensersatzforderungen auslösen. Eigentümer, die Sanierungspflichten ignorieren oder verzögern, haften gegenüber der Gemeinschaft und den Behörden (§ 108 GEG).

Auch Verwalter tragen Verantwortung: Unterlassen sie die Einholung von Angeboten, die Information über Fördermöglichkeiten oder die fristgerechte Umsetzung gesetzlicher Pflichten, kann eine Verwalterhaftung nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG i. V. m. § 280 BGB** entstehen.**

Gerade bei der Umsetzung von Nachrüstpflichten (§ 72 GEG) oder der Koordination von Förderanträgen gilt die Sorgfaltspflicht des Verwalters. Wird ein Bußgeld gegen die Gemeinschaft verhängt, kann diese Regress beim Verwalter nehmen, sofern dessen Pflichtverletzung kausal war (Peters 2025).

6. Wirtschaftliche Belastung und Finanzierung

Die Umsetzung energetischer Sanierungen stellt viele Gemeinschaften finanziell vor Herausforderungen. Nach § 16 Abs. 2 WEG sind die Kosten nach Miteigentumsanteilen zu tragen – auch von Eigentümern, die der Maßnahme nicht zugestimmt haben.

Zur Abfederung können genutzt werden:

  • KfW-Kredite mit Tilgungszuschuss,
  • Steuerermäßigungen nach § 35c EStG,
  • kommunale Zuschüsse.

Die Kombination dieser Instrumente ist möglich, erfordert jedoch genaue Planung und Nachweisführung. Eigentümer sollten prüfen, ob die Maßnahmen den Gebäudewert nachhaltig steigern und damit langfristig refinanzierbar sind.

Nach Göbel (2024) können energetische Sanierungen den Marktwert einer Wohnung um 5–15 % erhöhen, wenn der Energieausweis verbessert wird. Eine professionelle Kosten-Nutzen-Analyse vor Beschlussfassung ist daher unerlässlich.

7. Verfassungsrechtliche Dimension

Die Verfassungsmäßigkeit des GEG wird seit 2024 zunehmend diskutiert. Kritiker (Knauthe 2024) sehen in den weitreichenden Sanierungspflichten einen Eingriff in die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG. Der Gesetzgeber begründet die Maßnahmen mit dem Klimaschutzgebot des Art. 20a GG.

Das Spannungsverhältnis zwischen individueller Eigentumsfreiheit und gesamtgesellschaftlicher Klimapflicht dürfte in den kommenden Jahren die verfassungsgerichtliche Praxis prägen. Für Wohnungseigentümer ist entscheidend, dass sie ihre Pflichten kennen, um Bußgelder und Schadensersatzforderungen zu vermeiden – unabhängig von der politischen Debatte um die Verfassungsmäßigkeit.

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8. Fazit

Die energetische Sanierung im WEG-Kontext ist ein juristisch und organisatorisch anspruchsvoller Prozess. Eigentümer müssen nicht nur die Vorgaben des GEG einhalten, sondern auch die Beschlussmechanismen und Kostenverteilungen des WEG beachten.

Für Verwalter bedeutet dies eine gesteigerte Verantwortung: Sie müssen rechtzeitig informieren, Fördermittel prüfen und gesetzliche Fristen überwachen. Die Kombination aus GEG-Pflichten, steuerlichen Vorteilen und Fördermitteln bietet Chancen, erfordert aber präzise rechtliche Steuerung.

Wer frühzeitig plant, profitiert doppelt – durch geringere Energiekosten, steigende Immobilienwerte und eine stabile rechtliche Position. Fehler in der Beschlussfassung oder Nachlässigkeit bei Pflichten können dagegen teuer werden.

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