Maklercourtage und Online-Verbraucherverträge – Widerrufsrisiken und Nachweisprobleme

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Maklercourtage und Online-Verbraucherverträge – Widerrufsrisiken und Nachweisprobleme
Einleitung
Der digitale Abschluss von Maklerverträgen ist längst Alltag. Ob über Portale, Apps oder per E-Mail – Verbraucher schließen Maklerverträge immer häufiger im Fernabsatz, oft ohne persönliche Kontaktaufnahme. Für Makler ergeben sich daraus erhebliche rechtliche Risiken, insbesondere im Hinblick auf das Widerrufsrecht und die Nachweispflichten.
Ein falsch formulierter Hinweis, eine nicht nachweisbare Belehrung oder eine unzureichende Zustimmung des Kunden können zur Unwirksamkeit der Courtageforderung führen – selbst wenn die Leistung bereits vollständig erbracht wurde.
Dieser Beitrag zeigt, wann das Widerrufsrecht greift, wie Makler ihre Nachweise sichern müssen und unter welchen Umständen Verbraucher bereits gezahlte Provisionen zurückfordern können.
1. Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen
1.1. Anwendbarkeit und Voraussetzungen
Nach § 312c BGB gilt ein Maklervertrag als Fernabsatzvertrag, wenn er ausschließlich über Fernkommunikationsmittel – etwa E-Mail, Telefon oder Onlineformulare – abgeschlossen wird. In diesem Fall steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu (LG Itzehoe, Urt. v. 19. 11. 2020 – 10 O 361/20).
Das Widerrufsrecht dient dem Verbraucherschutz und kann nur ausgeschlossen werden, wenn der Vertrag nicht im Fernabsatz, sondern im Rahmen einer persönlichen Besichtigung oder Beratung zustande kam.
Der BGH (Urt. v. 07. 07. 2016 – I ZR 68/15) stellte klar: Selbst wenn der Vertrag telefonisch geschlossen wird und der Makler erst später persönlich auftritt, liegt ein Fernabsatz vor, wenn der Kontakt über ein für den Fernabsatz organisiertes System hergestellt wurde – etwa über Immobilienportale.
1.2. Beginn und Ablauf der Widerrufsfrist
Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage (§ 355 Abs. 2 BGB). Sie beginnt erst, wenn der Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wurde (§ 356 Abs. 3 BGB).
Fehlt eine solche Belehrung oder ist sie fehlerhaft, beginnt die Frist nicht zu laufen. In diesem Fall kann der Verbraucher den Vertrag zeitlich unbegrenzt widerrufen („ewiges Widerrufsrecht“, OLG Hamm, Urt. v. 12. 08. 2019 – I-18 U 119/18).
Makler müssen daher nachweisen können, wann und wie sie die Widerrufsbelehrung übermittelt haben. Die bloße Verfügbarkeit auf der Webseite reicht nicht aus; erforderlich ist die Übermittlung auf einem dauerhaften Datenträger (E-Mail, PDF, Post).
1.3. Erlöschen des Widerrufsrechts
Nach § 356 Abs. 4 BGB erlischt das Widerrufsrecht, wenn der Verbraucher:
- ausdrücklich verlangt, dass der Makler vor Ablauf der Widerrufsfrist tätig wird, und
- über den Verlust seines Widerrufsrechts ordnungsgemäß belehrt wurde.
Das OLG Hamm (Urt. v. 16. 02. 2023 – I-18 U 34/22) betonte, dass beide Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen. Fehlt die Belehrung, kann der Verbraucher trotz Zustimmung später widerrufen und die Provision zurückverlangen.
In der Praxis scheitert der Nachweis häufig daran, dass Makler die Zustimmung des Verbrauchers nicht dokumentieren oder in E-Mails keine eindeutige Formulierung verwenden.
2. Nachweisprobleme und Beweissicherung
2.1. Beweislast des Maklers
Der Makler trägt die volle Beweislast dafür, dass der Verbraucher ordnungsgemäß belehrt wurde und auf den Beginn der Dienstleistung vor Ablauf der Frist verzichtet hat (OLG Hamm, Urt. v. 12. 08. 2019 – I-18 U 119/18).
Fehlt der Nachweis, entfällt der Provisionsanspruch, selbst wenn der Makler nachweislich eine Leistung erbracht hat.
Empfehlenswert ist daher:
- elektronische Dokumentation des Belehrungsversands,
- Nutzung von Signatur-Tools oder Bestätigungsbuttons,
- Speicherung der Zustimmungserklärung in der Kundenakte.
2.2. Form der Belehrung
Die Widerrufsbelehrung muss klar und verständlich formuliert sein (§ 356 Abs. 3 BGB). Nach der Entscheidung des BGH (I ZR 30/15) ist es erforderlich, dass die Belehrung dem Verbraucher auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt wird.
Nicht ausreichend:
- bloßer Hinweis im Impressum oder in den AGB,
- Verlinkung auf externe Webseiten,
- abrufbare Belehrung ohne Downloadmöglichkeit.
Fehlerhafte Belehrungen sind einer der häufigsten Streitpunkte in Maklerverfahren – insbesondere, wenn standardisierte Online-Portale verwendet werden, die nicht den gesetzlichen Wortlaut übernehmen.
2.3. Folgen einer fehlerhaften Belehrung
Ist die Belehrung unvollständig, beginnt die Widerrufsfrist nicht. Verbraucher können den Vertrag dann noch Monate oder Jahre später widerrufen, selbst nachdem sie die Immobilie besichtigt oder gekauft haben.
In einem aktuellen Urteil (OLG Hamm, Urt. v. 09. 02. 2023 – I-18 U 125/22) musste der Makler eine bereits vereinnahmte Provision von 12.000 € zurückzahlen, weil der Kunde keine Belehrung auf einem dauerhaften Datenträger erhalten hatte.
Der Gesetzgeber stellt damit klar: Belehrung und Nachweis sind untrennbar verbunden.
3. Rückforderungsansprüche und Wertersatz
3.1. Rückzahlung der Courtage
Wird der Vertrag wirksam widerrufen, entfällt die Grundlage für den Provisionsanspruch (§ 652 BGB). Bereits gezahlte Beträge sind nach § 812 BGB zurückzuerstatten.
Makler können lediglich dann Wertersatz verlangen, wenn der Verbraucher vor Ablauf der Frist ausdrücklich zugestimmt und über den Verlust des Widerrufsrechts informiert wurde (§ 357 Abs. 8 BGB).
Fehlt diese Belehrung, geht der Makler vollständig leer aus – selbst wenn die Vermittlung erfolgreich war (OLG Hamm, I-18 U 125/22).
3.2. Höhe des Wertersatzes
Der Wertersatz bemisst sich nach dem objektiven Wert der bereits erbrachten Leistung – meist anteilig zur Courtage, wenn der Auftrag nur teilweise erfüllt wurde.
Beispiel: Wurde ein Exposé erstellt und Besichtigungen organisiert, der Käufer aber noch nicht vermittelt, kann Wertersatz für die tatsächliche Arbeitsleistung verlangt werden – jedoch nur bei vorheriger Belehrung.
In der Praxis ist die Berechnung schwierig. Die Rechtsprechung fordert detaillierte Nachweise, welche Leistungen erbracht wurden und welchen Marktwert sie haben.

4. Empfehlungen für Makler
4.1. Vertragsschluss und Dokumentation
Makler sollten beim Online-Vertragsschluss folgende Punkte beachten:
- Widerrufsbelehrung in Textform vor Vertragsschluss bereitstellen,
- Einverständnis des Verbrauchers zur vorzeitigen Ausführung ausdrücklich einholen,
- Bestätigung über den Erhalt der Belehrung dokumentieren.
Sichere Nachweise lassen sich durch:
- E-Mail mit Empfangsbestätigung,
- Checkbox („Ich habe die Widerrufsbelehrung gelesen und stimme zu“)
- oder elektronische Signaturen erzielen.
4.2. Button-Lösung und Online-Portale
Bei Online-Plattformen gilt die sogenannte Button-Lösung (§ 312j Abs. 3 BGB): Der Verbraucher muss den Vertragsschluss durch einen eindeutig beschrifteten Button („kostenpflichtig bestellen“) bestätigen.
Nach dem OLG Stuttgart (Urt. v. 07. 08. 2024 – 3 U 233/22) reicht ein Button mit der Aufschrift „Anfrage senden“ nicht aus, wenn daraus nicht klar hervorgeht, dass eine Zahlungspflicht entsteht.
Makler sollten daher sicherstellen, dass Online-Portale ihre Schaltflächen und Bestätigungstexte gesetzeskonform gestalten.
4.3. Fehlervermeidung durch Integration
Optimal ist es, die Widerrufsbelehrung direkt in das Exposé oder den Maklervertrag zu integrieren und in einer E-Mail zusammen mit den Vertragsunterlagen zu übermitteln.
Empfohlen ist eine standardisierte Checkliste:
- Belehrung vor Vertragsbeginn senden,
- Zustimmungsabfrage integrieren,
- Bestätigung abspeichern.
So kann im Streitfall nachgewiesen werden, dass alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
5. Konsequenzen für Verbraucher
Für Verbraucher ist das Widerrufsrecht ein mächtiges Instrument, um sich von überhastet geschlossenen Online-Verträgen zu lösen. Sie sollten prüfen:
- ob die Belehrung vollständig war,
- ob der Makler vor Ablauf der Frist tätig wurde,
- und ob eine ausdrückliche Zustimmung zum Leistungsbeginn vorlag.
Wird die Belehrung nicht nachweisbar zugestellt, kann der Widerruf noch lange nach Vertragsschluss erklärt werden – oft mit Rückzahlungspflichten für den Makler.

6. Fazit
Maklerverträge im digitalen Raum sind rechtlich anspruchsvoll. Das Widerrufsrecht stellt Makler vor Nachweisprobleme, die bei unvollständiger Dokumentation teuer werden können.
Für Makler bedeutet das:
- Nur eine nachweisbare Belehrung auf dauerhaftem Datenträger schützt vor Rückforderungen.
- E-Mail-Dokumentation und Signaturen sind unverzichtbar.
- Unklare Online-Portale müssen dringend an die gesetzlichen Anforderungen angepasst werden.
Verbraucher wiederum sollten ihr Widerrufsrecht kennen und nutzen, wenn keine klare Belehrung vorliegt.
Die digitale Maklerpraxis verlangt juristische Präzision – sonst droht, dass der Klick zur teuersten E-Mail des Jahres wird.
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